Die gewünschte Eintragung der Unionsmarke Bavaria Weed wurde abgelehnt. Der EuG bestätigte jetzt die Markenverweigerung, denn sie verstoße gegen die öffentliche Ordnung – obwohl sie für Cannabis Anwendung zu therapeutischen Zwecken angemeldet worden war.
Eigentlich stehen die Zeichen in der EU auf eine gewisse Entspannung zum Thema Cannabis zu therapeutischen Zwecken. Es gebe in der Union eine allgemeine Tendenz zur Legalisierung der therapeutischen Nutzung von Cannabis, argumentierte die Markenanmelderin der Unionsmarke Bavaria Weed, und belegte dies mit der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Februar 2019 zum Einsatz von Cannabis in der Medizin (2018/2775[RSP]; ABl. 2020, C 449, S. 115).
Ohnehin sei eine therapeutische Nutzung, die nunmehr in mehreren Mitgliedstaaten – einschließlich denen, in denen ein englischsprachiges Publikum ansässig sei – legal geworden.
Daher reagierte die Markenanmelderin mit Unverständnis, als die gewünschte Markeneintragung des Zeichens Bavaria Weed (für therapeutische Anwendung) 2018 vom Europäischen Markenamt (EUIPO) abgelehnt wurde. Denn die Markeneintragung wurde verweigert, weil sie den Konsum von Marihuana fördere, bewerbe oder zumindest verharmlose und deshalb gegen die öffentliche Ordnung verstößt (Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001).
Marke Bavaria Weed abgelehnt: Verstoß gegen öffentliche Ordnung
Gegen diese Entscheidung klagte die Markenanmelderin vor dem Europäischen Gericht (EuG) – das jetzt allerdings den Entschluss des EUIPO bestätigte: die Marke Bavaria Weed verletze die öffentliche Ordnung, urteilte auch der EuG (EU:T:2021:259).
Vergeblich argumentierte die Markenanmelderin, da die Marke doch für therapeutische Zwecke angemeldet sei, könne sie nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen.
Doch das Gericht widersprach. Es seien für die Prüfung, ob eine Marke gegen die öffentliche Ordnung verstößt, nicht nur die Verkehrskreise zu berücksichtigen, an die sich die beanspruchten Waren und Dienstleistungen richten (Ärzte, Apotheker, Patienten), sondern alle Personen, die dieser Marke im Alltag zufällig begegnen – und womöglich Anstoß daran nehmen.
Auch seien weitere Aspekte wie Gesetzestexte und Verwaltungspraktiken, die öffentliche Meinung sowie die bisherige Reaktion auf vergleichbare Zeichen zu berücksichtigen – das hatte bereits der EuGH so entschieden in dem Fall um die Marke ‚Fack Ju Göhte‘. In diesem Fall, der in Deutschland große Wellen erzeugte, hob der EuGH allerdings die vorhergehenden Urteile gegen die Marke wegen Verstoß gegen moralische Werte auf.
Weed ist nicht Cannabis
Zudem enthält die Markenanmeldung eben nicht das Wort Cannabis, sondern den Begriff „weed“. Der Umstand, dass der Begriff „weed“ mehrere Bedeutungen habe, wie „Unkraut“, „Tabak“, „Schwächling oder „Kümmerling“, sei unerheblich, betonte der EuG, da es nach ständiger Rechtsprechung ausreiche, wenn ein Begriff lediglich in einer seiner Bedeutungen von der Eintragung ausgeschlossen sei.
Der Begriff „weed“ beziehe sich in seiner umgangssprachlichen Bedeutung auf Marihuana – den Freizeitkonsum, den Joint, fasste der EuG zusammen. Außerdem sei es ein Synonym für „pot“, „grass“, „herb“, „boom“ oder „dope“, oder im Deutschen „Gras“. Das Zeichen mache also – wie das EUIPO zurecht festgestellt hatte – auf den Konsum von Marihuana aufmerksam, fördere ihn und bewerbe oder zumindest verharmlose ihn, obwohl diese Substanz verboten und illegal sei.
Cannabis ist zwar nicht in der ganzen EU verboten, aber in Teilen der EU. Und maßgebliche Verkehrskreise – das Gericht nannte Schweden und Finnland – würden die Streitmarke als Hinweis darauf wahrnehmen, dass die fraglichen Dienstleistungen eine verbotene und illegale Substanz beträfen.
Das Gericht betonte, dass es nicht darauf ankommt, dass die Markenanmelderin von Bavaria Weed Arzneimittel herstellt und vermarktet und den Drogenkonsum definitiv nicht fördert. Denn für die Feststellung des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung sei nicht das Verhalten der Markenanmelderin, sondern ausschließlich die Wahrnehmung des fraglichen Zeichens durch die maßgeblichen Verkehrskreise entscheidend.
Blick in Rechtsprechung: EuGH zur EU Vermarktung von Cannabis
Erst vor wenigen Monaten, im November 2020, hat das höchste Europäische Gericht (EuGH) ein Urteil über Cannabis gesprochen: Ein Mitgliedstaat darf demnach die Vermarktung von in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestelltem Cannabidiol (CBD) nicht verbieten, wenn es aus der gesamten Cannabis-Sativa-Pflanze und nicht nur aus ihren Fasern und Samen gewonnen wird (EU:C:2020:938).
Ein solches Verbot könne jedoch durch den Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sein, hatte der EuGH hinzugefügt, müsse dann aber wirklich dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienen.
Doch dieses Urteil bezog sich natürlich auf das Ausgangsverfahren, und dort ging es um CBD, dessen THC‑Gehalt nicht mehr als 0,2 % betrug. Der EuGH machte deutlich, dass auf der Grundlage der verfügbaren wissenschaftlichen Daten nicht ersichtlich war, ob psychotrope Wirkungen und schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit ausgelöst werden könnten.
Bei der strittigen Markenanmeldung Bavaria Weed liege die Sachlage völlig anders, betonte der EuG. Cannabis sei ein Begriff, für den therapeutischer Einsatz zumindest eine Option ist, während sich der Begriff „weed“ auf Marihuana als Betäubungsmittel beziehe und nicht auf ein CBD ohne psychotropische Wirkung.
Nicht jeder Verstoß richtet sich gegen die öffentliche Ordnung
Schließlich räumte der EuG ein, dass nicht jeder Verstoß gegen ein Gesetz notwendigerweise einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle. Es müsse dafür hinzukommen, dass dieser Verstoß ein Interesse berührt, das die betreffenden Mitgliedstaaten nach ihrem eigenen Wertesystem als grundlegend ansehen.
Das aber sei vorliegend der Fall, entschied der EuG. Insbesondere auch die therapeutische Nutzung von Cannabis bleibe ein kontroverses Thema, trotz der zitierten Entschließung des EU Parlaments von 2019. Der Unionsgesetzgeber habe keine Rechtsvorschriften über die therapeutische Nutzung von Cannabis erlassen, betonte das Gericht. Letztlich bestehe bei der Verbindung des Begriffs „weed“ mit Dienstleistungen therapeutischer Art gerade die Gefahr, dass die Verwendung dieses Begriffs verharmlost oder sogar offiziell bestätigt würde.
EuG: Cannabis grundsätzlich Verstoß gegen öffentliche Ordnung?
Der EuG wies daher die Klage zurück und bestätigte die Markenablehnung wegen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung.
Damit urteilte der EuG genauso, wie bereits vor 2 Jahren (im Dezember 2019, T‑683/18), als das Gericht auch die Markeneintragung von CANNABIS STORE AMSTERDAM ablehnte – ebenfalls wegen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung. Für diese Marke wurden allerdings Waren und Dienstleistungen beansprucht der Nizza-Klassen Klassen 30, 32 und 43 (Lebensmittel, Getränke und Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen).
Anders bei der Marke Bavaria Weed, für die nur Waren und Dienstleistungen im Bereich der Cannabis Therapie beansprucht wurden – allerdings vergeblich.
Möchten auch Sie ein Produkt schützen oder verteidigen?
Unsere Anwälte verfügen über langjährige Expertise im Marken- und Patentrecht sowie im gesamten Gewerblichen Rechtsschutz und sind berechtigt, Sie vor jedem Gericht zu vertreten – in Deutschland und auch international.
Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt auf.
Quelle:
Urteil des EuG ‚Bavaria Weed‘, EU:T:2021:259
Bild:
Schreiben Sie einen Kommentar