Ritter Sport behält sein Markenrecht an quadratischer Warenform der bekannten Schokolade, urteilte der BGH vor einigen Wochen. Im jetzt öffentlichen Vollurteil formuliert der BGH dies als wichtige Leitsatzentscheidung in Bezug auf eine Warenform mit funktionalen Merkmalen.
Der BGH hatte zunächst in einer Pressemitteilung vom 23. Juli 2020 sein Urteil bekanntgegeben – wir berichteten. Seit Jahren wurde die quadratische Form der Ritter Sport Schokolade, die seit 1995 als Formmarke geschützt ist, von Konkurrent Milka angefochten.
Der BGH berücksichtige zwar die Vermarktungsstrategie von Ritter Sport, mit der das Unternehmen die quadratische Form der Verpackung als nahezu sprichwörtlichen Werbespruch „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ herausstellt. Doch vom Markenschutz ausgeschlossen ist die Form einer Ware oder einer Verpackung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nur dann, wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleiht- und dies sei hier nicht der Fall, urteilte der BGH. Ritter Sport behält sein Markenrecht an quadratischer Warenform der bekannten Schokolade.
Wichtig ist aber auch das jetzt veröffentlichten Vollurteil zu der genannten Pressemitteilung, das unter Az. I ZB 42/19 eingesehen werden kann. Denn darin formulierte der BGH eine wichtige Leitsatzentscheidung in Bezug auf eine Warenform mit funktionalen Merkmalen.
Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG liege vor, wenn aus objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Entscheidung der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in hohem Maße dadurch bestimmt wird, dass die Form der Ware einen wesentlichen Wert verleiht, verdeutlichte der BGH in seinem Vollurteil. Es komme jedoch nicht darauf an, ob die Form der Ware für den Markeninhaber einen besonderen wirtschaftlichen Wert hat, weil sie sich im Verkehr als Hinweis auf die Herkunft der Ware durchgesetzt hat.
Verkehrsauffassung kein entscheidender Faktor
Der BGH betont sogar explizit, dass die Verkehrsauffassung kein entscheidender Faktor für die Bewertung ist, ob ein Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vorliegt. Maßgeblich sind nach Leitsatzentscheidung des BGH vielmehr folgende Beurteilungskriterien:
- die Art der in Rede stehenden Warenkategorie,
- der künstlerische Wert der fraglichen Form,
- ihre Andersartigkeit im Vergleich zu anderen auf dem jeweiligen Markt allgemein genutzten Formen,
- ein bedeutender Preisunterschied gegenüber ähnlichen Produkten
- und auch die Ausarbeitung einer Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der jeweiligen Ware herausstreicht.
Die ohne Frage auf der Warenform beruhende Vermarktungsstrategie von Ritter Sport führe jedoch vorliegend nicht dazu, dass diese Warenform der Ware einen wesentlichen Wert verleiht, urteilte der BGH. Die quadratische Form der Verpackung habe keinen besonderen künstlerischen Wert und führe auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden gegenüber ähnlichen Produkten.
Gilt auch für Warenform mit funktionalen Merkmalen
Ebenso wichtig ist die Ergänzung des BGH, dass sich das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht nur auf die Form von Waren bezieht, die einen rein künstlerischen oder dekorativen Wert haben, sondern auch auf eine Warenform mit funktionalen Merkmalen.
Gleiches gelte auch für eine Warenform, die außer einem bedeutenden ästhetischen Element auch wesentliche funktionelle Eigenschaften aufweist, entschied der BGH als Teil seiner Leitsatzentscheidung.
Erweiterung durch nachgeschobene Löschungsgründe
Schließlich berührte dieser Fall auch eine grundsätzliche Frage im Markenlöschungsverfahren, auch hierzu formulierte der BGH eine Leitsatzentscheidung. Es ging um die Klärung, ob eine Erweiterung durch zusätzliche, jedoch nachgeschobene Löschungsgründe in das laufende Verfahren eingeht.
Aus § 54 Abs. 2 MarkenG gehe nicht hervor, dass im Markenlöschungsverfahren eine Erweiterung des Streitgegenstands um weitere Löschungsgründe unzulässig ist, urteilt der BGH.
De facto bedeutet das, ist bereits ein Löschungsverfahren anhängig und werden weitere Löschungsgründe geltend gemacht, werden diese Gegenstand des laufenden Verfahrens, ohne ein neues Löschungsverfahren in Gang zu setzen. Dem nachgeschobenen Löschungsgründen muss daher auch nicht innerhalb von zwei Monaten widersprochen werden, um eine Löschung zu verhindern, erläuterte der BGH.
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Quellen:
Vollurteil des BGH ‚Ritter Sport‘, I ZB 42/19
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