Obwohl der Nachweis von Sony für die Benutzung der Marke Vita als nicht ausreichend gesehen wurde, ist die Marke jetzt vom EuG bestätigt. Ein Begründungsmangel entscheidet den mehrjährigen Markenstreit – und das fehlende Rechtsmittel gegen das vorhergehende Urteil von 2017.
Die im Mittelpunkt stehende Marke Vita war im September 2005 als Unionswortmarke eingetragen worden – ursprünglich durch die Vitakraft-Werke Wührmann & Sohn GmbH & Co. KG – und wurde nach mehrfacher Übertragung der Rechte am 15. September 2011 zur Wortmarke der Sony Computer Entertainment Europe.
Einem Antrag auf den Verfall der Marke Vita durch die Streithelferin Vieta Audio, SA (Spanien), wurde 30. Juni 2014 stattgegeben – wegen fehlender Benutzung der Marke im relevanten Fünfjahreszeitraum. Dies wurde von der Fünften Beschwerdekammer im November 2015 bestätigt. Sony klagte gegen diese Entscheidung.
Verfall der Marke Vita durch mehrere Instanzen
Im Folgenden ging dieser Fall weiter durch mehrere Instanzen. Mit Urteil vom 12. Dezember 2017 (Sony Computer Entertainment Europe v EUIPO — Vieta Audio (Vita) (T‑35/16, not published, EU:T:2017:886)) erklärte das Europäische Gericht (EuG) wegen unzureichender Begründung die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer in vollem Umfang für nichtig.
Im Anschluss verwies das Präsidium der Beschwerdekammern diesen Fall unter dem Aktenzeichen R 695/2018-4 an die Vierte Beschwerdekammer. Diese bezog sich mit Entscheidung vom 10. September 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) mehrfach auf die früheren Feststellungen der Fünften Beschwerdekammer.
Nachweis von Sony für die Benutzung der Marke
Sony musste die ernsthafte Benutzung der Marke Vita für den relevanten Fünfjahreszeitraum vom 14. Oktober 2006 bis zum 13. Oktober 2011 nachweisen, war aber erst im September 2011 Markeninhaberin durch Übertragung der Markenrechte geworden. Dies machte einen ausreichenden Nachweis der Nutzung der Marke schwierig. Denn der Nachweis der Benutzung muss sich auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der älteren Marke beziehen. Beurteilt wird dabei auch die Länge des Zeitraums, in dem die Benutzungshandlungen erfolgt sind.
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Sony wies die Markennutzung mit ihrer PlayStation Vita nach, die im Februar 2012 im Markt eingeführt wurde. Der Name dieser neuen Konsole sei im Juni 2011 offiziell bekannt gegeben worden. Zudem habe Sony im Oktober 2007 unter dem Namen Aqua Vita ein interaktives Videospiel auf dem EU-Markt eingeführt. Dieses Videospiel sei seit diesem Zeitpunkt auf dem EU-Markt in ihren Online-Shops erhältlich gewesen.
Die Fünfte Beschwerdekammer, auch das Europäische Gericht am 12. Dezember 2017 und ebenso die Vierte Beschwerdekammer sahen diesen Nachweis von Sony für die Benutzung der Marke als nicht ausreichend an.
Urteilsbegründung und Begründungspflicht entscheidend
Entscheidend ist in diesem Markenstreit jedoch die Urteilsbegründung des Urteils vom 12. Dezember 2017. Denn der EuG erklärte im Dezember 2017 die vorhergehende Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer in vollem Umfang für nichtig wegen unzureichender Begründung.
Darauf bezog Sony die Klage, die jetzt direkt vor Weihnachten, am 19. Dezember 2019, vom EuG entschieden wurde (EU:T:2019:894).
Mit dieser Klage machte Sony machte einen Verstoß gegen Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 Abs. 6 der Verordnung Nr. 2017/1001) und die Begründungspflicht geltend. Denn in ihrer angefochtenen Entscheidung vom 10. September 2018 bezog sich Vierte Beschwerdekammer in ihrer Begründung mehrfach auf die vorherige Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer. Klägerin Sony argumentierte, dass die Vierte Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt habe, dass das Gericht bestimmte Feststellungen der Fünften Beschwerdekammer bestätigt habe, da die frühere Entscheidung laut Urteil vom Dezember 2017 in vollem Umfang aufzuheben war und mit einem Begründungsmangel behaftet war.
Aufhebung der früheren Entscheidung wegen Begründungsmangel
Der EuG bestätigte diese Sichtweise und gab Sony Recht.
Das Gericht stellte fest, dass die Vierte Beschwerdekammer nach der Aufhebung der früheren Entscheidung wegen mangelnder Begründung verpflichtet war- und um ihrer Verpflichtung aus Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009 nachzukommen – , eine neue Entscheidung über alle relevanten Punkte des Nachweises der Benutzung der Marke zu erlassen (für die Anwendung von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009). Das hatte die Vierte Beschwerdekammer nicht getan, sondern sich teilweise auf Feststellungen der früheren Entscheidungen bezogen.
Rechtskraft und materielle Rechtmäßigkeit von Gründen
Die Rechtskraft erstrecke sich nur auf die Gründe eines Urteils, die die notwendige Stütze seines Tenors darstellen und daher untrennbar mit diesem verbunden sind, erklärte der EuG. Zudem sei zu unterscheiden zwischen der Begründungspflicht als wesentliches Verfahrenserfordernis – das lag 2017 vor – und ihrer materiellen Rechtmäßigkeit – diese wurde 2017 nicht vom Gericht überprüft.
Infolgedessen erlangen bei einer Aufhebung einer Entscheidung des EUIPO durch den Allgemeinen Gerichtshof (General Court) die Gründe, aufgrund derer es bestimmte von den Parteien vorgebrachten Argumente zurückgewiesen hat, keine Rechtskraft. Folglich konnte die Vierte Beschwerdekammer im vorliegenden Fall weder durch diese Aspekte der früheren Entscheidung gebunden sein noch sie in der angefochtenen Entscheidung bestätigen, urteilte der EuG.
Urteil ex tunc wirksam
Besonders betonte der EuG, dass ein Urteil, mit dem eine Handlung aufgehoben wird, ex tunc wirksam wird und damit rückwirkend die Wirkung habe, die aufgehobene Handlung aus der Rechtsordnung zu entfernen. Die Vierte Beschwerdekammer habe daher gegen Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, da sie nicht die Maßnahmen ergriffen habe, die sich gemäß Art. 65 Abs. 6 aus dem Urteil vom 12. Dezember 2017, Vita ergäben. Damit habe sie gegen ihre Begründungspflicht verstoßen.
Darüber hinaus wies der EuG darauf hin, dass das Urteil Vita vom 12. Dezember 2017 rechtskräftig geworden sei, da kein Rechtsmittel – diesem Fall keine Beschwerde – gegen dieses Urteil eingelegt wurde.
Fazit: Das Urteil zeigt, dass auch eine eher schwache Ausgangslage zum Erfolg führen kann mit einer klugen Prozesstaktik.
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Quellen:
Urteil des EuG „Sony Marke Vita“, ECLI:EU:T:2019:894
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