Patente auf Pflanzen und Tiere aus herkömmlicher Zucht sind seit dieser Woche wahrscheinlicher geworden. In einer mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts über das Syngenta Patent auf Pfeffer wurde eine weitreichende Entscheidung zu Biopatenten getroffen.
Am Mittwoch wurde über das strittige Patent der Firma Syngenta auf Pfeffer (EP2753168) in einer mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts gesprochen. Die Beschwerdekammer vertrat die Auffassung, dass die Regel 28 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) in der Fassung des Verwaltungsrats von 2017 gegen Artikel 53 EPÜ verstößt. Der Antrag von Syngenta auf Registrierung von „Neuen Pfefferpflanzen und Früchten mit verbessertem Nährwert“ hätte daher vom EPA nicht auf der Grundlage von Regel 28 abgelehnt werden dürfen (T 1063/18) .
Die Beschwerdekammer verwies auf Artikel 164 EPÜ, demnach ein Artikel des EPÜ Vorrang vor einer Regel des EPÜ hat, wenn beide im Widerspruch zueinander stehen. Die angefochtene Entscheidung sei aufzuheben.
Patentierbarkeit von Biopatenten
Artikel 53 basiert auf der Biotechnologie-Richtlinie 98/44/EG. Damals wurde offen gelassen, ob die Produkte von im Wesentlichen biologischen Verfahren patentierbar sind.
Um gentechnisch veränderte Pflanzen zu patentieren, wurden Patentansprüche daher durchaus so formuliert, dass sie keinen Hinweis auf im Wesentlichen biologische Prozesse enthalten. Diese Praxis wurde auch von der Großen Beschwerdekammer für zulässig befunden und bietet damit durchaus eine Möglichkeit im Patentrecht für Pflanzen und Tiere.
Politisch war dies lange umstritten und führte letztlich zu der novellierten EU Patentrichtlinie auf Leben im Jahr 2017. Darin wurde Artikel 28 geändert, mit der Folge, dass die Produkte von im Wesentlichen biologischen Prozessen nicht mehr patentierbar sind. Dass die Regel 28 des Europäischen Patentübereinkommens in der Fassung des Verwaltungsrats von 2017 gegen Artikel 53 EPÜ verstößt, wie in der jetzigen Entscheidung festgestellt, ist ein rechtliches Durcheinander.
Politisch brisant- und rechtliches Chaos
Es würde für rechtliche Klarheit sorgen, wenn der Artikel 53.b der Biotechnologie-Richtlinie angepasst würde, um auch die Produkte von im Wesentlichen biologischen Verfahren von der Patentierung auszuschließen. Auf diesen Artikel bezogen sich auch die maßgeblichen Entscheidungen G 2/12 und G 2/13 der Großen Beschwerdekammer. Lesen Sie mehr dazu auch unter Biopatente: EPA stärkt Monsanto-Patent auf Sojabohnen, Oktober 2017. Dies kann allerdings lange dauern, denn für eine solche Anpassung müssten alle 38 EPÜ-Staaten hinzugezogen werden.
Alternativ wäre sonst nur der Artikel 28 und der mühsam erreichte Konsens zur eingeschränkten Patenttierbarkeit von Pflanzen und Tieren aufzugeben.
Ebenfalls ist unklar, wie nach dieser Entscheidung und ohne Änderung der Biotechnologie-Richtlinie über Anmeldungen von Biopatenten entschieden werden soll. Aber das EPA ist trotzdem an diese Regel gebunden, bis sie vom Verwaltungsrat widerrufen wird. Die politisch gewollte und 2017 schließlich mühsam gefundene rechtliche Klarheit in Fragen von Biopatenten ist mit der jetzigen Entscheidung Makulatur. Es wäre wünschenswert, dass es schnell zu einer verbindlichen und rechtlich belastbaren Regelung für biologische Verfahren kommt. Umso mehr, als erst vor ein paar Wochen Bayers Patent auf Broccoli vom EPA widerrufen wurde.
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Quellen:
EPO Decision in case T 1063/18 on the patentability of plants
Bild:
Jim Winkler meint
Patentrecht für genetisch veränderte Pflanzen ist sicher nicht ohne. Vor allem die Anmeldung eines solchen Patents mit hinweis auf den Biologischen Prozess scheint mir sehr fachspezifisch zu sein. Mich würde mal interessieren wie genau das aussieht.