Der Autohersteller VW AG war erfolgreich vor dem Europäischen Gericht, den VW Designschutz für drei seiner Automodelle zu erhalten. Spielzeughersteller Rietze hatte vergeblich einen Antrag auf Nichtigkeit der VW Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestellt.
Wie auch in dem vergleichbaren Verfahren Porsche versus Autotec um den Porsche 911 in der letzten Woche, ging es in den vorliegenden Verfahren Rietze versus VW (EU:T:2019:378, EU:T:2019:376, EU:T:2019:379 ) um die Frage, ob die älteren Geschmacksmuster der Automodelle verhindern, dass ein neuerer Designschutz für die bestehenden Automodelle gewährt werden kann. Denn der Spielzeughersteller Rietze hatte einen die Nichtigerklärung von drei Gemeinschaftsgeschmackmustern des Autoherstellers VW AG beantragt. Die angegriffenen Geschmacksmuster seien nicht neu im Sinne von Art. 5 der Verordnung Nr. 6/2002 und hätten keine Eigenart im Sinne von Art. 6 der genannten Verordnung.
Klägerin: Die älteren VW Geschmacksmuster seien den neueren zu ähnlich
Konkret ging es um die Modelle VW Caddy Maxi, VW Bus T 5 und VW Caddy. Klägerin Rietze bezog sich in den Anträgen auf Nichtigkeit auf zwei ältere Geschmacksmuster der VW AG, auf das Vorgängermodell des VW Caddy Maxi, den VW Caddy (2K) Life, sowie auf den VW Bus T 4 GP, ebenfalls Vorgängermodell des angegriffenen Modells VW Bus T 5. Die Beschwerdekammer des EUIPO hatte in allen drei Fällen die Anträge auf Nichtigkeit abgewiesen.
Klägerin Rietze machte geltend, dass die Beschwerdekammer des EUIPO die Merkmale der miteinander zu vergleichenden Geschmacksmuster hätte gewichten müssen, denn die Erscheinungsform eines Geschmacksmusters von Fahrzeugen werde von bestimmten Merkmalen stärker beeinflusst. Außerdem forderte die Klägerin, dass die Beschwerdekammer zwischen ästhetischen und technischen Merkmalen hätte differenzieren müssen.
EuG bestätigt VW Designschutz
Das Europäische Gericht (EuG) wies dies zurück. Die Beschwerdekammer habe die strittigen Geschmacksmuster anhand ihrer Vorder- , Seiten- und Rückansichten analysiert, jeweils für sich genommen und in ihrer Kombination, und habe sich keineswegs auf eine bloße Aufzählung der Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern beschränkt. Im Übrigen sei nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshof keine Gewichtung der Merkmale erforderlich.
Auch das Argument, die Beschwerdekammer habe auf Technizität achten müssen, wies das Gericht zurück. Die vorliegenden Merkmale seien, selbst wenn sie eine technische Funktion haben, nicht rein funktionell, urteilte das Gericht. Vielmehr könne ihr Erscheinungsbild verändert werden, so dass eventuelle Unterschiede in ihrer Form und ihrer Anordnung den Gesamteindruck beeinflussen können.
Der informierte Besucher ist sich der Modellpflege bewusst
Der EuG bezog sich – wie auch schon im Fall Porsche versus Autotec – auch auf den informierten Benutzer und dessen Aufmerksamkeit für die Automodelle. Der informierte Benutzer von Kraftfahrzeugen sei eine Person, die sich für solche Fahrzeuge interessiere, diese fahre und benutze und mit den am Markt verfügbaren Modellen vertraut sei, führte der EuG im Detail aus. Er sei sich dessen bewusst, dass die Hersteller Modelle, die gut am Markt eingeführt seien, sowohl technisch als auch in ihrem Erscheinungsbild regelmäßig modernisierten. Es sei ihm bekannt, dass diese „Modellpflege“ dazu diene, gewisse modische Trends umzusetzen ohne jedoch die charakteristischen Erscheinungsmerkmale des jeweiligen Fahrzeugmodells völlig aufzugeben.
Die Beschwerdekammer hatte daher angenommen, dass der informierte Benutzer durchaus die vorhandenen Unterschiede zwischen den älteren und neueren Geschmacksmustern wahrnehme. Insbesondere bemerke der Benutzer, dass die andere Form und Anordnung der vorderen Scheinwerfer dem Fahrzeug ein anderes Aussehen gäben, was sich auf den Gesamteindruck auswirke, hatte die Beschwerdekammer die Entscheidung begründet.
Klägerin Rietze hatte diese Beurteilung nicht in Frage gestellt, daher wurde vom EuG nur das Vorbringen der Klägerin berücksichtigt, dass ein informierte Benutzer den Unterschieden zwischen unmittelbar aufeinanderfolgenden Fahrzeugmodellen desselben Herstellers eine geringere Bedeutung beimesse als Unterschieden zwischen Fahrzeugmodellen unterschiedlicher Hersteller. Diese Argument der Klägerin wies das Gericht zurück, die Klägerin habe keinen Umstand zur Stützung des Arguments vorgebracht.
Der EuG bestätigte mit seinem Urteil die angefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer und wies damit den Antrag auf Nichtigkeit der drei Gemeinschaftsgeschmacksmuster der VW AG zurück. Der VW Designschutz für die VW Modelle VW Caddy Maxi, VW Bus T 5 und VW Caddy bleibt bestehen.
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Quellen:
Urteile EuG: EU:T:2019:378 , EU:T:2019:376 und EU:T:2019:379
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