Der BGH hat mit seinem kürzlich veröffentlichen Urteil zum Geschmacksmuster eines Sporthelms die bisherige Rechtsprechung der Schnittmenge der übereinstimmenden Merkmale in enge Grenzen verwiesen. Die Darstellungen eines Designs müssen klar und eindeutig sein, urteilte der BGH und gleicht sich damit der Rechtsprechung der EU an.
Darstellung des Designs in Variationen
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein eingetragenes Geschmacksmuster – heute eingetragenes Design genannt – das einen Sporthelm zeigte. Zur Darstellung des Geschmacksmusters hatte der Anmelder sieben Darstellungen als Schwarz-Weiß Fotos des Sporthelms eingereicht, die den Helm jeweils mit unterschiedlichen Merkmalen zeigte, unter anderem verschiedene Farbabstufungen und Muster sowie unterschiedliche Beriemung.
Gegen das Sporthelm Geschmacksmuster wurde 2014 ein Antrag auf Nichtigkeit eingereicht mit der Begründung, dem Geschmackmuster fehle die Schutzfähigkeit, weil es keinen einheitlichen Schutzgegenstand erkennen lasse. Ein Antrag auf Nichtigkeit eines Geschmacksmusters kann übrigens von jedem beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt werden gemäß § 34 Satz 1, § 34a Abs. 1 Satz 1 DesignG.
Bundespatentgericht machte Schnittmenge geltend
Dieser Antrag wurde vom DPMA und auch vom Bundespatentgericht abgewiesen. Das BPatG begründete dies mit der Ansicht, die Abbildungen des eingetragenen Designs stellten nicht verschiedene Ansichten eines Helms dar, sondern zeigten sieben verschiedene Helme. Sein Schutzgegenstand könne durch Bildung einer Schnittmenge der übereinstimmenden Merkmale der unterschiedlichen Abbildungen bestimmt werden. Alle gezeigten Abweichungen stimmten insoweit überein, als sie jeweils eine identisch geformte Helmschale aufwiesen.
BGH: Erscheinungsform nur eines Produkts in Einzelanmeldung erforderlich
Der Bundesgerichtshof (BGH) widersprach jedoch dem Urteil des BPatG und gibt damit auch die bisher als Schnittmengentheorie bekannte Rechtsprechung auf, unterschiedliche Ausführungsformen eines Produkts als ein Geschmacksmuster anzuerkennen. In seinem Urteil führte der BGH aus, dass ein Design für nichtig zu erklären ist, wenn in der Einzelanmeldung eines Designs nicht die Erscheinungsform nur eines Erzeugnisses wiedergegeben wird, weil sich dann der Gegenstand des Designschutzes nicht bestimmen lässt. In einem solchen Fall – wie auch vorliegend – sei der Schutzgegenstand durch Auslegung zu ermitteln.
Anforderungen an die Darstellung des Designs
Die Regelungen aus dem Designgesetz sehen grundsätzlich fotografische oder sonstige grafische Darstellungen als Anforderung für eine Designanmeldung vor (§ 7 Abs. 1 DesignV). Pro Design sind bis zu zehn Darstellungen zulässig. Dabei darf eine Darstellung gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 DesignV nur eine Ansicht des Designs zeigen. Der BGH betonte in seinem Urteil jedoch, dass diese Möglichkeit, pro Design bis zu zehn Darstellungen mit unterschiedlichen Ansichten vorzulegen, nicht dem Zweck diene, unterschiedliche Ausführungsformen eines Erzeugnisses in einer
Einzelanmeldung zusammenzufassen. Für eine solche Zusammenfassung unterschiedlicher Ausführungsformen eines Erzeugnisses biete sich ein Sammelanmeldung mehrerer Designs an (§ 12 Abs. 1 Satz 1 DesignG ).
Schnittmenge gilt nicht für Einzelanmeldung mit unterschiedlichen Merkmalen
Der BGH anerkannte, dass das BPatG sich auf die bisherige Rechtsprechung der Schnittmengentheorie bezog, indem es durch Bildung einer Schnittmenge der übereinstimmenden Merkmale der Erscheinungsform des Helms ein für alle Darstellungen geltende Grundform annahm. An dieser Rechtsprechung könne jedoch für den Fall nicht festgehalten werden, wenn mehrere Darstellungen eines im Wege der Einzelanmeldung angemeldeten Designs eingereicht würden, die verschiedene Ausführungsformen eines Erzeugnisses mit unterschiedlichen Merkmalen der Erscheinungsform dieses Erzeugnisses zeigen, stellte der BGH klar. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen.
Der BGH erinnerte daran, dass gemäß § 37 Abs. 1 DesignG Gegenstand des Designschutzes allein die in der Anmeldung sichtbar wiedergegebenen Merkmale der Erscheinungsform eines Erzeugnisses sein können. Die Darstellungen des Geschmacksmusters müssen dabei klar und unmissverständlich den Gegenstand klar erkennen lassen, für den Schutz beansprucht wird, urteilte der BGH.
BGH Urteil gleicht sich europäischer Rechtssprechung an
Diese Anforderung an Designs und Geschmacksmuster wurde bereits im letzten Sommer durch ein wegweisendes Urteil des EuGH für Gemeinschaftsgeschmacksmuster auf europäischer Ebene formuliert, im Urteil Mast-Jägermeister. Das Urteil des BGH zum Sporthelm schließt sich dieser Sichtweise an.
Wird vom Designinhaber für die abweichenden Merkmale Designschutz beansprucht, sei es nicht zulässig, einen einheitlichen Schutzgegenstand auf Grundlage der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale zu ermitteln, urteilte der BGH. Der Schutzgegenstand sei als Einzelanmeldung des Designs, aber dennoch mit verschiedenen Ausführungsformen des Produkts angemeldet worden, dies gebe nicht die Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses sichtbar wieder.
In einem solchen Fall – wie auch im vorliegenden Sporthelm Fall – lasse das Design keinen einheitlichen Schutzgegenstand im Sinne von § 1 Nr. 1 DesignG erkennen und sei deshalb nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 DesignG nichtig. Der BGH verwies den Fall mit diesem Urteil zurück an das Bundespatentgericht.
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