Muss ein Diensterfinder die Aussage, die Jahresgebühr für das Patent werde letztmalig für 2017 entrichtet, als Mitteilung zur Aufgabe des Patents in 2016 verstehen? Der BGH entschied als Leitsatz zur Schutzrechtsaufgabe nach § 16 ArbEG und präzisierte die Anforderungen an die Mitteilung einer Schutzrechtsaufgabe.
Der Diensterfinder und Kläger war von November 2004 bis Ende September 2015 im Unternehmen beschäftigt, zunächst als Entwicklungsingenieur und zuletzt als Leiter der Entwicklungsabteilung. Im Rahmen seiner Tätigkeit entwickelte er gemeinsam mit einem weiteren Mitarbeiter eine Zündlanze zum Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen. Die beklagte Arbeitgeberin hat die Erfindung in Anspruch genommen und am 25. Januar 2012 zum Patent angemeldet, die Diensterfindung wurde entsprechend vergütet.
2016 fand dann ein E-Mail Schriftwechsel zwischen den Parteien statt. Die beklagte Arbeitgeberin teilte in einer E-Mail vom 29. März 2016 die Höhe der Erfindervergütung für sechs Jahre mit und dass sie die Jahresgebühr für das Patent letztmalig für 2017 entrichtet werde. In einer weiteren E-Mail vom 1. Mai 2016 teilte die Arbeitgeberin unter anderem mit, sie werde das Patent nach einer Laufzeit von sechs Jahren nicht weiter aufrechterhalten. Daraufhin verlangte der Kläger in einem Schreiben vom 28. Juli 2016 die Übertragung des Patents, er nehme das Patent nach Ablauf der sechs Jahre für sich in Anspruch. Doch die Arbeitgeberin teilte stattdessen 2017 mit, sie werde das Patent nicht freigeben.
Der Klage des Diensterfinders dagegen wurde zunächst vor dem Landgericht (LG Mannheim, Entscheidung 2 O 63/18) stattgeben, doch das Berufungsgericht wies die Klage ab – zurecht, wie der BGH jetzt erklärte. Das Berufungsgericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass der Diensterfinder erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist seit Mitteilung der Arbeitgeberin über die Aufgabe des Patents dessen Übertragung verlangt habe.
Schutzrechtsaufgabe – auch ohne formelle Mitteilung?
Im Kern des Verfahrens stand daher die Frage: gilt die E-Mail vom 29. März 2016 als Mitteilung über die Schutzrechtsaufgabe nach § 16 ArbEG oder die E-Mail vom 1. Mai 2016? Musste der Diensterfinder die Aussage, die Jahresgebühr für das Patent werde letztmalig für 2017 entrichtet, als offizielle Mitteilung zur Aufgabe des Patents verstehen?
Ja, entschied der BGH, da der Diensterfinder Leiter der Entwicklungsabteilung war. Daher seien ihm die rechtlichen Konsequenzen einer solchen Vorgehensweise bekannt gewesen, entschied das höchste deutsche Gericht. Mit der Mitteilung der Beklagten vom 1. Mai 2016 habe diese lediglich ihre bereits zuvor mitgeteilte Absicht bestätigt, das Patent aufgeben zu wollen. Diese Mitteilung habe daher weder ein neues Recht des Klägers begründet, die Übertragung des Rechts zu verlangen, noch eine weitere Frist in Lauf gesetzt.
In welcher Weise der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seine Absicht zur Aufgabe des Patents zu informieren hat, gibt § 16 ArbEG nicht im Einzelnen vor, stellte der BGH fest. Wenn also der Arbeitnehmererfinder der Mitteilung des Arbeitgebers hinreichend deutlich die Absicht zur Schutzrechtsaufgabe entnehmen kann, gilt die Schutzrechtsaufgabe als offiziell mitgeteilt und löst die entsprechende 3-Monatsfrist aus. Die Anforderungen an eine solche Mitteilung hängen auch von den für den Arbeitgeber erkennbaren Verständnismöglichkeiten des betroffenen Arbeitnehmers ab, ergänzte der BGH, dies sei aber vorliegend erfüllt gewesen mit der E-Mail vom 29. März 2016.
Ausdrücklich betonte der BGH, dass ein Arbeitgeber zur Übertragung der Anmeldung bzw. des Patents nicht verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der in § 16 Abs. 2 ArbEG normierten Frist von drei Monaten dies verlangt. Auch wies das Gericht darauf hin, dass es allein die Entscheidung des Arbeitgebers ist, wirtschaftliche Überlegungen anzustellen und entsprechend über seine Schutzrechte zu disponieren – und eben auch diese Schutzrechte aufzugeben. Ist zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber einen entsprechenden Entschluss fasst, der durch die Inanspruchnahme der Erfindung begründete Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bereits vollständig erfüllt, darf der Arbeitgeber das Schutzrecht sogar aufgeben, ohne die Einwilligung des Erfinders einholen oder ihn auch nur befragen zu müssen.
Schutzrechtsübertragung muss verlangt werden – innerhalb von 3 Monaten
Das aber war vorliegend nicht der Fall, denn der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers war noch nicht erfüllt. In dem Fall hat der Diensterfinder das Recht auf Übertragung des Schutzrechts – aber nur, wenn er die Übertragung des Schutzrechts auch verlangt und zwar innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Mitteilung die Aufgabe des Schutzrechts (§ 16 ArbEG). Eine ausdrückliche Anfrage, ob der Arbeitnehmer an einer Übergabe interessiert ist, oder eine Belehrung über die Frist des § 16 Abs. 2 ArbEG seitens des Arbeitgebers sind ausdrücklich nicht erforderlich.
16 Abs. 2 ArbEG ist nach getreuem Gesetzlaut allerdings nur zu entnehmen, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, das Recht aufzugeben, sofern der Arbeitnehmer nicht innerhalb von drei Monaten ab Zugang der Mitteilung nach § 16 Abs. 1 ArbEG die Übertragung des Rechts verlangt. Wie sich die Rechtslage darstellt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Frist kein Übertragungsverlangen an den Arbeitgeber richtet und dieser an der zum Ausdruck gebrachten Aufgabeabsicht nicht mehr festhält, ist darin nicht ausdrücklich geregelt.
Diese Lücke nun schließt das BGH Urteil, das als Leitsatz formuliert wurde. Demnach ist ein Arbeitgeber nach einer Mitteilung gemäß § 16 Abs. 1 ArbEG nur dann zur Übertragung des Rechts an den Arbeitnehmer verpflichtet, wenn dieser ein entsprechendes Verlangen innerhalb der in § 16 Abs. 2 ArbEG normierten Frist äußert. Dies gilt laut BGH ausdrücklich auch dann, wenn der Arbeitgeber an seiner Absicht, die Schutzrechtsanmeldung bzw. das Schutzrecht aufzugeben, nicht mehr festhält.
In gleicher Weise entschied auch bereits die Schiedsstelle – wir berichteten. Die Mitteilung des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 ArbEG, er wolle das Patent nicht aufrechterhalten, wirkt nicht fort, wenn die Übertragung des Patents nicht verlangt wird vom Diensterfinder, hat die Schiedsstelle schon 2012 entschieden und bezog sich dabei – wie auch jetzt der BGH – auf Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindergesetz.
Der BGH wies im Übrigen noch darauf hin, dass ein Arbeitgeber allerdings zu einer erneuten Ankündigung nach § 16 Abs. 1 ArbEG verpflichtet ist, wenn er sich später erneut für eine Aufgabe des Schutzrechts entscheidet.
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