Interessanter Fall der Arbeitnehmererfindung: ein Arbeitnehmer machte eine Erfindung, die der Arbeitgeber anmeldete, aber nicht nutzte. Dann wurde die Erfindung zusammen mit dem gesamten Geschäftsbereichs verkauft und übertragen. Die Schiedsstelle des DPMA urteilt zu Erfindungswert und Anteilsfaktor.
Der Hintergrund
Die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) führt zu diesem Fall aus: der in der Patentabteilung angestellte Patentanwalt des Unternehmens der Antragsgegnerin hat eine Diensterfindung zur verbesserten Genauigkeit von Messgeräten kurz nach Übernahme des entsprechenden Bereichs gemacht. Die Erfindung war von der Arbeitgeberin auch in Anspruch und angemeldet aber nicht genutzt worden. Später wurde die Erfindung zusammen mit dem gesamten Geschäftsbereichs verkauft und übertragen. Aber auch die Erwerberin hat das Patent schließlich nicht genutzt. Das DPMA (Arb.Erf. 24/13 v. 25.04.2016) führt zu Erfindungswert und Anteilsfaktor betreffend ein nunmehr verkauftes Vorratspatent aus, dass einem Mitarbeiter der Patentabteilung grundsätzlich ein großer Einblick in die Entwicklungstätigkeit des Unternehmens zugemutet werden könne.
Tatsächlich geflossener geldwerter Vorteil maßgeblich für Erfindungswert
Für den Erfindungswert ist der geldwerte Vorteil maßgeblich, der dem Arbeitgeber aufgrund der Diensterfindung tatsächlich zufließt. Da die Arbeitgeberin die Erfindung jedoch nicht genutzt hat, lässt sich ein vermögenswerter Vorteil für den Zeitraum bis zum Verkauf des Schutzrechts nicht messen. Vom erzielten Bruttoverkaufspreis seien Abschläge für sämtliche Aufwendungen im Rahmen der Entwicklung des Schutzrechts sowie für tatsächlich nicht benutzte Schutzrechte vorzunehmen. Der Erfindungswert entspreche dann aufgrund gefestigter Rechtsansicht 40 % des zuvor errechneten, reinen Verkaufserlöses.
Hier war für die streitgegenständliche Erfindung jedoch kein separater Verkaufspreis ausgewiesen, sodass dieser lediglich geschätzt werden könne. Die Grundsätze der Lizenzanalogie anzuwenden, verbiete sich im hiesigen Fall jedoch, weil auch die Erwerberin das Patent nicht genutzt und somit keinen Umsatz mit der Erfindung gemacht habe. Die Schiedsstelle folgt dem Vorschlag der Antragsgegnerin, für die technischen Schutzrechte die Hälfte des bereinigten Preises für den gesamten IP-Teil der Geschäftsbereichsübertragung anzusetzen, mit der Begründung, dass anderenfalls ein Wille in eine nicht geäußerte Willenserklärung überhaupt nicht hinein interpretiert werden könne.
Grundlage für die Berechnung des Erfindungswerts ist die sogenannte Lizenzanalogie, die sich nach folgender Formel berechnet:
Erfindungwert = Bezugsgröße x Lizenzsatz in %
Ist der Erfindungswert einmal festgestellt, wird die eigentliche Erfindervergütung so berechnet, dass der Erfindungswert mit einem Anteilsfaktor multipliziert wird:
(V)ergütung = (E)rfindungswert × (A)nteilsfaktor
Der Anteilsfaktor bestimmt die Leistung und den Aufwand, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Ausbildung, seiner Erfahrung und seiner Position im Unternehmen für die Erfindung aufbringen musste. Zusammengefasst: War ein Ingenieur, der bereits 20 Jahre Berufserfahrung hat, der Erfinder oder ein einfacher Handwerker, der gerade noch in der Ausbildung ist?
Der Anteilsfaktor setzt sich aus mehreren, unterschiedlich gewichteten Wertzahlen zusammen. Häufig werden Punkte (z.B. 1-6, wobei 6 die höchste Punktwahl ergibt) oder auch Buchstaben (a – c, wobei c die höchste Punktzahl ergibt) verwendet.
Welche Wertzahl ist angemessen? Vom Betrieb gestellte Hilfsmittel entscheidend
Zur Wertzahl „a“ führt die Schiedsstelle aus, dass diese auf die Initiative abstelle, erfinderische Überlegungen anzustoßen. Dabei werde unterschieden, ob der Erfindung eine betriebliche Aufgabenstellung vorausgegangen war. Zum Betrieb gehöre selbstverständlich auch eine angeschlossene Patentabteilung. Anders als im Entwicklungs-/Konstruktionsbereich sei zwar nicht Kernaufgabe der Mitarbeiter in der Patentabteilung, Lösungen für Problemstellungen zu suchen und zu finden. Der Anstoß für die Erfindung könne aber auch durch Gespräche mit Kollegen oder Geschäftspartnern liegen. Der innerbetriebliche Informationsaustausch könne bereits genügen.
Hier war die Messungenauigkeit der bereits vorhandenen Geräte dem Antragssteller aus seiner Bearbeitung der Ergebnisse der Entwicklungsabteilung bekannt. Deswegen sei die Wertzahl a=2 angemessen.
Zur Wertzahl „b“ führt die Schiedsstelle aus, dass beruflich geläufige Überlegungen, betriebliche Kenntnisse und vom Betrieb gestellte Hilfsmittel und Personal zur technischen Lösung geführt haben. Zwar handele es sich beim Erfinder um einen Patentanwalt, der grundsätzlich nicht zur Lösung von technischen Problemen angehalten sei. Vom Stand der Technik wusste der Antragssteller allerdings aufgrund seiner Tätigkeit und der Nähe zu den Ergebnissen der Entwicklungsabteilung. Weil der Antragssteller für die Lösung der Aufgabe keine vom Betrieb gestellten Hilfsmittel benutzt habe, sei die Wertzahl b=2,5 angemessen.
Zur Wertzahl „c“ führt die Schiedsstelle schließlich aus, dass die Stellung im Betrieb und die Vorbildung des Arbeitnehmers im Zeitpunkt der Erfindung maßgeblich seien, wobei sich der Anteil des Arbeitnehmers um den Anteil des Arbeitgebers verringere, dem dieser dem Erfinder in die Entwicklungsabteilung Einblick gewähre (RL. 33). Auf den Anstellungstitel könne es nicht ankommen, weil die Gruppierung in RL. 34 aufgrund des Regelungsgedanken aus RL. 35 nicht statisch verstehen zu seien.
Anteilsfaktor wichtig für den Erfindungswert
Da der Antragssteller als Mitarbeiter in der Patentabteilung mit der Bearbeitung von Erfindungsmeldungen, Patentanmeldungen und Prüfungsbescheiden beauftragt war, sei von einem vergleichsweisen großen Einblick in die Entwicklungstätigkeit des Unternehmens auszugehen. Dieser könne aber je nach Zuschnitt des Unternehmens auch weniger groß sein. Im vorliegenden Fall sei auch zu berücksichtigen, dass der Antragssteller den Messgerätebereich im streitgegenständlichen Zeitpunkt erst seit Kurzem betreut hatte.
Dies alles berücksichtigend, schlägt die Schiedsstelle einen Anteilsfaktor des Antragsstellers von 20 % vor.
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Quellen:
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