Die Vergütung einer Diensterfindung im Bereich Forschung und Entwicklung ist ein besonderes Thema, denn es gibt vergütungsfreie und vergütungsrelevante Handlungen. Die Schiedsstelle hat mehrfach relevante Entscheidungen dazu getroffen.
Grundsätzlich muss die Art und Höhe der Vergütung nach § 12 Abs. 1 ArbEG in angemessener Frist nach Inanspruchnahme der Diensterfindung durch Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer festgestellt werden. Im Bereich Forschung und Entwicklung ist dies ein besonderes Thema, denn es gibt vergütungsfreie und vergütungsrelevante Handlungen – und gleichzeitig besonders viele Diensterfindungen. Ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers wiederum entsteht zwar bereits mit der Inanspruchnahme, dies allerdings nur dem Grunde nach, tatsächlich zunächst in der Höhe 0 EUR – bis der Arbeitgeber die Erfindung wirtschaftlich verwertet (§ 9 ArbEG).
Die Schiedsstelle hat für den Fall einer Diensterfindung im Bereich Forschung und Entwicklung mehrfach relevante Entscheidungen getroffen, die eine gute Orientierung für die Vergütung einer Diensterfindung im Bereich Forschung und Entwicklung bieten.
Vergütungsfreie Handlung in Forschung und Entwicklung
Grundsätzlich gibt es in Forschung und Entwicklung vergütungsfreie Handlungen, in denen also kein Anspruch auf Vergütung der Diensterfindung besteht. Dies ist dem Anspruch geschuldet, dass Erfindungen dem Fortschritt der Technik dienen sollen. Und jede Erfindung jedoch zunächst einmal Zeit und Erprobung.
Erprobungshandlungen zur Herbeiführung der technischen und wirtschaftlichen Marktreife sind dabei vergütungsfrei. Denn Grundsätzlich gilt hier, dass die wirtschaftliche Verwertbarkeit i.S.v. § 9 Abs. 2 ArbEG noch nicht feststeht, solange der Arbeitgeber die Erfindung prüft und erprobt (§ 11 ArbEG i.V.m. RL Nr. 23).
Zu den vergütungsfreien Erprobungshandlungen zählen entsprechend einerseits die Forschungen am Objekt der Erfindung selbst, zum anderen aber auch die Erforschung weiterer Komplexe im Rahmen eines umfassenden Forschungsvorhabens mit dem Gegenstand der Erfindung.
In der Praxis ist das oftmals dennoch nicht einfach zu benennen, umso mehr, wenn ein Projekt aus mehreren Einzelkomponenten besteht. Dazu hat die Schiedsstelle entschieden (Arb.Erf. 36/07), dass die teilweise Nutzung einzelner Komponenten nicht als Benutzung im kommerziellen Maßstab verstanden werden kann in einem Projekt, das erst dann kommerziell verwertet werden kann, wenn sämtliche Einzelkomponenten aufeinander abgestimmt sind.
Anders ausgedrückt: Wirtschaftlich verwertbar im Sinne von § 9 Abs. 2 ArbEG ist die Erfindung erst dann, wenn das gesamte System als solches funktioniert.
Vergütungsrelevante Handlung in Forschung und Entwicklung
Der Arbeitnehmer hat aber dann einen Anspruch auf Vergütung für seine Diensterfindung, wenn die Erfindung nicht mehr selbst Gegenstand der Forschung zur Erlangung von Erkenntnissen ist, sondern der Arbeitgeber die Erfindung als Mittel zur Forschung verwendet.
Sogar wenn die Lehre eines Diensterfindungspatents bei der Durchführung eines Forschungs- und/oder Entwicklungsauftrages nicht benutzt worden ist, aber die Diensterfindung kausal für die Erteilung eines solchen Auftrages war, dann ist der kausal auf die Erfindung zurückgehende Vorteil der Auftragsakquisition zu vergüten. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der kausal auf die Diensterfindung zurückführende Forschungs- und/oder Entwicklungsauftrag dem Arbeitgeber auch tatsächlichen Gewinn erbracht hat.
Die Schiedsstelle siedelt für einen solchen Fall einen Erfindungswert zur Berechnung der Erfindervergütung in der Regel bei etwa 20 % des erzielten Gewinns an.
Kaufpreis für eine dem Arbeitgeber übertragene Diensterfindung
Nicht selten liegen in den Unternehmen auch Vereinbarungen vor („Contract Research and Devolopment Agreement“), dass eine Diensterfindung, die im Rahmen eines Forschungs- oder Entwicklungsauftrages entsteht, dem Arbeitgeber zu übertragen ist.
Der Kaufpreis ist dafür nicht willkürlich ansetzbar, denn auch zu dieser Frage hat die Schiedsstelle konkrete Vorgaben gemacht. In der Regel sei ein Erfahrungswert von 1 % der Auftragssumme anzusetzen, daher sei ein Bruttokaufpreis für eine im Rahmen eines Forschungs- oder Entwicklungsauftrages entstandene und dem Auftraggeber übertragene Diensterfindung in Höhe von 8 % der Auftragssumme angemessen, stellte die Schiedsstelle in der Entscheidung Arb.Erf. 57/11 fest.
Bereitstellung des Entwicklungsgegenstandes vergütungsrelevant?
Forschung und Entwicklung beginnt oftmals mit einer Machbarkeitsstudie mit nachfolgendem Bau und Bereitstellung des Entwicklungsgegenstandes. Ist die Bereitstellung des Entwicklungsgegenstandes vergütungsrelevant?
Auch ein solcher Fall wurde von der Schiedsstelle entschieden (Arb.Erf. 25/13). Der Arbeitgeber berief sich RL Nr. 23 Abs. 1, demnach Erprobungshandlungen zur Herbeiführung der technischen und wirtschaftlichen Marktreife regelmäßig vergütungsfrei seien. In der Erprobung sei kein Vertrieb erfolgt und damit keine wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung.
Dem entsprechenden Vertrag für die Forschungs- und Entwicklungsaufgabe war jedoch zu entnehmen, dass „Entwicklung, Bau, (…)qualifizierung und Lieferung eines (…) zur (…) Demonstration auf (…)“ vereinbart worden war. Die Anforderung der Lieferung war hier entscheidend und führte zu einem Vergütungsanspruch aus der Diensterfindung.
Denn ein Forschungs- und Entwicklungsvertrag über Entwicklung, Bau, Qualifizierung und Lieferung kann zwar auch die Bereitstellung des Entwicklungsgegenstandes beinhalten, ohne dass dies verkaufsähnliche Züge entfaltet und als Umsatz mit erfindungsgemäßen Gegenständen zu charakterisieren ist, erläuterte die Schiedsstelle.
Beinhaltet der Vertrag jedoch auch die Lieferung eines konkreten für den konkreten Einbau fertig konstruierten Systems, dann erscheint dieser Vertragsbestandteil als Umsatzgeschäft und damit als vergütungsrelevant, urteilte die Schiedsstelle.
Finanzierung der Forschung und Entwicklung nicht relevant
Nach ständiger Schiedsstellenpraxis ist es dabei im Übrigen grundsätzlich unerheblich, ob der Arbeitgeber die Erprobung selbst finanziert oder beispielsweise durch Förderung mit Fremdmitteln der öffentlichen Hand erhält, um die Erprobung zu ermöglichen.
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Quellen:
Entscheidungen der Schiedsstelle, im Text genannt
Bild:
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