Werden Videos und Filmsequenzen illegal hochgeladen auf Youtube, ist dies eine Rechtsverletzung der Filminhaber. Rechtlich können sie kaum dagegen vorgehen, wenn die Youtube Nutzer unter Decknamen agieren. Der BGH urteilt jetzt: es kann keine Herausgabe der E-Mail-Adresse verlangt werden.
Der BGH urteilte jetzt abschließend im jahrelangen Verfahren Constantin Film Verleih gegen Youtube. Kern der Auseinandersetzung ist das illegale Hochladen von geschützten Filmen und Videos auf die Videoplattform Youtube.
Decknamen sind nach TMG erlaubt
Da es nach Telemediengesetz ( § 13 Abs. 6 TMG) Nutzern von Internet Plattformen erlaubt ist, sich unter einem Decknamen dort anzumelden, ist es für die Rechteinhaber von Videos und Filmen schwer bis unmöglich, eine Rechtsverletzung durch illegales Hochladen auf Youtube zu ahnden. Obwohl Constantin Film Verleih einen berechtigten Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Rechtsverletzer hat, kann die entsprechende Klage nicht adressiert werden, da Constantin Film nur die Decknamen kennt.
Der Constantin Film Verleih forderte daher von Youtube – die als Internetplattform rechtlich zwar nicht proaktiv für Rechtsverletzungen auf ihrer Plattform belangt werden kann – über die Decknamen hinausgehende Informationen über die Rechtsverletzter herauszugeben, insbesondere die bei Youtube hinterlegten E-Mail-Adressen sowie die IP Adressen, die beim Hochladen der illegalen Videos benutzt wurde. Doch Youtube lehnte dies ab.
BGH legte Auslegung des Begriffs „Adresse“ dem EuGH vor
Für den Bundesgerichtshof, bis vor den dieser Streit ausgetragen wurde, war die entscheidende Frage, was unter dem Begriff „Adressen“ gemäß EU Richtlinie 2004/48 (Art. 8 Abs. 3) zu verstehen ist. Dies legte der BGH dem EuGH als Vorabentscheidung vor.
Der EuGH urteilte darüber im Juli 2020 – wir berichteten. In seinem Urteil legte der EuGH fest, dass weder E-Mail-Adressen noch Telefonnummern in den Begriff „Adresse“ fallen und daher auch keine Auskunftspflicht über diese Informationen für Internetplattformen bestehe.
BGH: Auskunftspflicht umfasst keine E-Mail
Entsprechend urteilte gestern dann auch der BGH: Youtube muss die E-Mail-Adressen von Nutzern mit Decknamen nicht nennen, auch nicht bei offensichtlichen Rechtsverletzungen durch illegales Hochladen von Videos.
Dieses Urteil bestätigt also Youtube – und auch andere große Online Plattformen – darin, weder die IP-Adressen noch die E-Mail-Adressen und Telefonnummern ihrer Nutzer herauszugeben, selbst wenn illegaler Download oder Upload durch diese Nutzer vorliegt.
Youtube selbst verweist im Übrigen auf das neue System „Content ID“, das die Videoplattform eingeführt hat. Dahinter verbirgt sich eine Software, von der behauptet wird, sie könne überprüfen, ob ein hochzuladendes Video mit einer geschützten Filmsequenz übereinstimmt, und dieses dann vom Hochladen ausschließt. Das mag für die Video Plattform Youtube Wirkung zeigen, die grundsätzliche Diskussion aber bleibt: Meinungsfreiheit oder Piraterie und Hate Speech?
Decknamen: Meinungsfreiheit oder Piraterie und Hate Speech?
Denn die grundsätzliche gesellschaftliche Diskussion im Spannungsfeld Meinungfreiheit – gerade im Internet – und andererseits dem Missbrauch von Decknamen für Produktpiraterie, illegales Hochladen und Filesharing sowie für Hate Speech und Fake News wird seit Jahren geführt und hat längst die politische Ebene erreicht. Gemäß der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27. Mai 2020 muss die Bundesregierung ein Gesetz entwerfen, um die sogenannte Bestandsdatenauskunft neu zu regeln (1 BvR 1873/13, 1 BvR 2618/13).
Das sogenannte „Hatespeech-Gesetz“ liegt bereits vor, ist aber bisher noch nicht ausgefertigt, de facto also noch nicht in Kraft. Allerdings ist zu erwarten, dass dies im nächsten Jahr 2021 geschieht. Vorgesehen ist darin insbesondere eine Meldepflicht im Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Dadurch soll vor allem die Strafverfolgung von Hasskriminalität im Netz verbessert werden, angestrebt ist auch eine enge Zusammenarbeit von Strafverfolgungsbehörden und den Internetplattformbetreibern wie Facebook, Youtube und auch TikTok.
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Quellen:
PM des BGH zum Urteil I ZR 153/17
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