Der Chiphersteller Broadcom hat vor zwei deutschen Gerichten Patentklagen gegen VW eingereicht. Die Klage kann zu einem Schaden in Milliardenhöhe für VW werden und bedroht die gesamte Autobranche mit ihren neuen Modellen. Denn es geht um die Schlüsselpatente für das vernetzte Auto.
VW-, Porsche- und Audi-Modelle betroffen
Broadcom sieht laut einem Bericht des Spiegels ingesamt 18 seiner Patente verletzt, die vor allem für die Navigations- und Entertainmentsysteme der modernen Autobranche relevant sind. Sowohl in Mannheim als auch in München habe der Chiphersteller Klage eingereicht. Insgesamt fordere der US-Chipkonzern die Zahlung von einer Milliarde Dollar. Die Volkwagen AG bestätigte am Freitag den Eingang von Broadcomms Patentklagen, äußerte sich aber nicht zu den Details. VW habe mittlerweile Gespräche mit Broadcom aufgenommen, so der Spiegel.
Broadcom gegen Chiphersteller
Broadcom ist bereits seit vielen Jahren als Chiphersteller aktiv. 2007/2008 machten sie auf sich aufmerksam, als sie den Konkurrenten Qualcomm vor einem US Gericht der Patentverletzung bezichtigten. Aber schon 2009 trafen Qualcomm und Broadcom Vergleichs- und Patentvereinbarungen. Im Kern ging es um Patente für Basisband-Prozessorchips, die grundlegenden Kommunikationsfunktionen eines Mobiltelefons ermöglichen sowie weitere Funktionen wie Grafik, Multimedia und Datenübertragung. Qualcomm willigte ein, Broadcom über einen Zeitraum von vier Jahren 891 Millionen Dollar zahlen.
Im Mai 2018 sorgten beide Chiphersteller wieder für Schlagzeilen: Broadcomm hatte den Versuch erkennen lassen, Qualcomm als Unternehmen zu übernehmen. Doch überraschend deutlich – und auch bevor sich Qualcomm und Broadcom offiziell auf einen Deal einigten – blockierte US Präsiden Trump diese Unternehmensfusion unter Berufung auf nationale Sicherheitsbedenken und die Schlüsselkompetenz zur 5G-Funktechnologie.
Broadcomms Patente im Detail
Am Beispiel des 7.530.027 Patent von Broadcomm gewinnt man Einblick, wie die Patentansprüche des Chipherstellers aussehen. Das 2009 erteilte Patent stellt ein neues System zur Verarbeitung von Grafikbildern für die Anzeige vor. Das System umfasst eine Fenstersteuerung zum Erhalten von Daten, die Fenster beschreiben, in denen die Grafiken angezeigt werden, und zum Sortieren der Daten nach die jeweiligen Tiefen der Fenster. Zu den strittigen Patenten gehört aber beispielsweise auch ein Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung eines dynamischen Modells für die Positionsbestimmung eines satellitischen Empfängers (US Patent 6.937.187 von 2005).
Klage gegen VW entscheidend für gesamte Automobilbranche
Broadcoms gezieltes Vorgehen gegen VW ist von großer Bedeutung für die gesamte Automobilbranche. Verklagt wird mit der Klage ja der Hersteller eines Endproduktes. Denn er weist die höchste Marge auf und bietet für den Kläger den größten Hebel bei möglichen Schadenersatzzahlungen. Zudem ist das vernetzte Auto bereits seit Jahren Bestandteil eigentlich aller modernen Automodelle. Es verwundert daher nicht, dass Broadcomm zeitgleich auf in den USA einen ähnlichen Prozess eröffnet hat. Im Mai 2018 leitete nach der Beschwerde des Chipherstellers Broadcom die U.S. International Trade Commission eine Untersuchung der Produkte japanischer Unternehmen wie Toyota Motor und Panasonic wegen angeblicher Patentverletzungen bei Fahrzeugunterhaltungssystemen ein. Es ist sicherlich Teil des Kalküls, mit Toyota und VW vor allem auflagenstarke Automodelle anzugreifen, um in möglichen Lizenzvereinbarungen eine starke Position zu beziehen.
Patentpool als Alternative
Die Autobranche sucht natürlich auch nach Alternativen. Der US-Patentpool Avanci bietet beispielsweise Patentlizenzen für das Internet der Dinge an und die Funktechnologie an. Gegen eine Lizenzzahlung können Autohersteller und deren Zulieferer die Patente nutzen. Auch deutsche Autohersteller nutzen diesen Patentpool. In Avanci haben unter anderem Qualcomm, Ericcson, Sony und Vodavone standardessentielle Patente dem Pool beigefügt.
Quelle:
Spiegel: US-Chipkonzern verlangt von VW eine Milliarde Dollar
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