Kommt ein Beklagter in einem Nichtigkeitsverfahren um ein Patent zu dem Entschluss, das Streitpatent nicht länger zu verteidigen, ist dies eine zulässige Selbstbeschränkung. Dies führt jedoch zur Nichtigkeit des Patents ex tunc – also von Anfang an, urteilte das BPatG.
In einem vor dem Bundespatentgericht (BPatG) verhandelten Nichtigkeitsverfahren um das EU Patents „Semiconductor Radiation Emitter Package“ für das Hohheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (2 Ni 41/17 (EP)) kam es zu der besonderen Situation, dass die Beklagte das Streitpatent nicht mehr länger verteidigte. Das ist zulässig im Weg der Selbstbeschränkung, hat aber weitreichende Folgen für das Streitpatent. Denn wird ein Streitpatent insgesamt nicht mehr verteidigt, ist es für nichtig zu erklären- ohne jede Sachprüfung.
Der Sachverhalt
In dem vor dem Bundespatentgericht verhandelten Fall handelte es sich um ein Nichtigkeitsverfahren das EU Patents „Semiconductor Radiation Emitter Package“ (Halbleiter-StrahlungsemitterVerpackung) mit der Patentschrift EP 1 169 735 B1 für das Hohheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die Ansprüche des Patents richteten sich vor allem auf eine Halbleitervorrichtung, die optische Strahlung emittiert.
Die Klage stützte sich auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ), insb. der fehlenden Neuheit (Art. 54 EPÜ) und erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).
In diesem Verfahren nahm die Beklagte ihren Widerspruch zurück und beantragte ein schriftliches Verfahren. Die Klägerin hatte dem von der Beklagten beantragten schriftlichen Verfahren nicht widersprochen und somit konkludent zugestimmt.
Daher konnte das Gericht über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden gemäß § 82 Abs. 3 Satz 2 PatG.
Ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären
Wenn ein Beklagter erklärt, das vollständig angegriffene Streitpatent nicht länger zu verteidigen, stellt dies nach ständiger Rechtsprechung eine wirksame Begrenzung des Streitstoffs im Nichtigkeitsverfahren dar, erläuterte das Gericht. Da aber eine sachliche Überprüfung nur im Rahmen der von den Streitpatenten gesetzten Grenzen erfolgen kann, führe eine solche Selbstbeschränkung des Beklagten dazu, dass das Streitpatent ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären ist.
Dies sei begründet aus dem Gedanken der Verfahrensökonomie und diene der Vermeidung eines ansonsten gemäß § 64 PatG erforderlichen isolierten Beschränkungsverfahrens, stellte das BPatG klar.
Patent wird ex tunc für nichtig erklärt
Das Patent wird nicht nur nichtig erklärt von Zeitpunkt der Anfechtung an – dies würde als „ex nunc“ bezeichnet- sondern es gilt als nichtig „ex tunc“ und damit von Anfang an. Denn die Nichtigkeitserklärung des Streitpatents hat zur Folge, dass gemäß § 22 Abs. 2 i. V. m. § 21 Abs. 3 Satz 1 PatG für als von Anfang an nicht eingetreten gilt – in Wirkung des Streitpatents und auch der Anmeldung des Streitpatents.
Dies ist auch die europäische Regel gemäß Europäischem Patentübereinkommen (EPÜ). Wird ein europäisches Patent im Einspruchs-, Beschränkungs- oder Nichtigkeitsverfahren widerrufen oder beschränkt, gilt es als von Anfang an nicht eingetreten.
Anders verhält es sich mit Verzicht auf ein Patent. Denn ein Verzicht wird in Deutschland gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) erklärt. Der Verzicht auf ein Patents gilt ex nunc, also vom Datum des Verzichts an existiert der Patentschutz nicht mehr.
Auch auf europäischer Ebene gilt der Verzicht bzw. das Erlöschen des Patents gilt ex nunc (d. h. vom Datum des Verzichts an), während der Widerruf ex tunc gilt (d. h. als von Anfang an nicht eingetreten) gemäß Art. 68 EPÜ.
Der Einsprechende kann daher bei Erlöschen oder Verzicht auf ein Patent durchaus Interesse an einem Widerruf haben.
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