Ein Patentverletzer hat den Gewinn herauszugeben, den er durch die Patentverletzung erzielt hat -auch nach Verjährung des Schadensersatzanspruchs. Es besteht ein Restschadensersatzanspruch auf diesen Gewinn und ein umfangreicher Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch, urteilte der BGH in einer Leitsatzentscheidung.
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
Das Patent „Spannungsversorgungsvorrichtung“ der Klägerin Lufthansa Technik AG war das Klagepatent in den vorangegangen Verfahren zu diesem Fall (LG Mannheim, Entscheidung vom 06.02.2015 – 7 O 289/10 und OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 09.11.2016 – 6 U 37/15). Die festgestellte Schadensersatzpflicht erstreckte sich nicht nur auf den unverjährten Zeitraum, sondern auch auf für die im verjährten Zeitraum vor dem 1. Januar 2007 begangenen Handlungen. Dagegen wendete sich die Beklagte mit ihrer beschränkt zugelassenen Revision, soweit sie zur Rechnungslegung auch unter Angabe der betriebenen Werbung, der Gestehungskosten und des erzielten Gewinns für den verjährten Zeitraum verurteilt worden war.
Der BGH wies mit seinem Urteil vom 26. März 2019 (X ZR 109/16) die Revision zurück und bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts. Eine Schadensersatzpflicht erstrecke sich auch auf den verjährten Zeitraum, allerdings beschränkt nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Verjährung von Schadensersatzansprüchen
Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und § 16 ArbEG verjähren nach § 199 Abs. 3 BGB in 10 Jahren von ihrer Entstehung an.
Diese Verjährungsfrist wurde mit der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 eingeführt und löste die ursprünglich geltende 30-jährige Verjährungsfrist ab.
Daraus folgt, dass grundsätzlich auch für alle vor dem 01.01.2002 entstandenen Schadensersatzansprüche die 10- jährige Verjährungsfrist nach Art 229 § 6 Abs. 4 EGBGB am 1. Januar 2002 begann und damit am 31. Dezember 2011 endet.
Wurde aber die Schiedsstelle zur Klärung von Arbeitnehmererfinderrechten erst nach dem 01.01.2002 angerufen, gilt die Verjährung in entsprechender Anwendung des § 204 Abs. 1 (4) BGB als gehemmt.
BGH bestätigt das Urteil des Berufungsgerichts
Das Berufungsgericht hatte geurteilt: Der Klägerin stehe gegen die Beklagte wegen Patentverletzung ein Anspruch auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Rückruf zu und auch Schadensersatzansprüche. Von der Beklagten seien ungeachtet der Verjährung des (unbeschränkten) Schadensersatzanspruchs auch Angaben zur betriebenen Werbung, zu ihren Gestehungskosten und dem erzielten Gewinn zu machen. Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2007 habe keine Auswirkung auf den Umfang des Rechnungslegungsanspruchs.
Der BGH bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts. Der nicht verjährte Restschadensersatzanspruch nach § 141 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 852 BGB sei nicht zwingend auf eine angemessene Lizenzgebühr beschränkt, sondern könne auf die Herausgabe des Verletzergewinns gerichtet werden.
Restschadensersatzanspruch durch Bereicherung des Patentverletzers
Denn mit den Wörtern „auf Kosten erlangt“ werde in § 141 Satz 2 PatG auf die Handlung abgestellt, durch die die Vermögensverschiebung bewirkt worden ist, also auf die Patentverletzung – daraus folge der Schadensersatzanspruch für den Gebrauch des immateriellen Schutzgegenstands, der technischen Lehre des Klagepatents. Da die Herausgabe der Lehre nicht möglich ist, sei nach § 818 Abs. 2 BGB grundsätzlich der Wert zu ersetzen. Dieser ermesse sich nicht nur als Lizenzgebühr, sondern sei auch als Gewinn anzusehen, der durch die Patentverletzung erzielt wurde.
Die Verweisung auf ungerechtfertigte Bereicherung durch die Patentverletzung sei eine Rechtsfolgenverweisung und rechtfertige den Schadensersatzanspruch, genauer gesagt einen Restschadensanspruch. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bereicherungshaftung nach den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB müssen daher nicht gegeben sein. Für diesen Anspruch reiche es aus, dass die Bereicherung im Fall rechtmäßigen Verhaltens beim Geschädigten entstanden wäre – er sei kein Ersatz eines konkret eingetretenen Schadens.
Dennoch ist der Restschadensersatzanspruch nach § 141 Satz 2 PatG an eine durch die Patentverletzung erfolgte Vermögensverschiebung gebunden – ein wirtschaftlicher Vorteil des Patentverletzers. Über diesen bleibt der Verletzer auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus der Verletzung entstandenen Schadens verpflichtet, urteilte der BGH. Denn es wäre unbillig, dem Verletzer einen Gewinn zu belassen, der auf der schuldhaften unbefugten Benutzung des Schutzrechts beruht.
Anspruch auf Rechnungslegung und Angaben zur betriebenen Werbung
Dementsprechend umfasse der Anspruch auf Rechnungslegung neben den Angaben zum Gewinn auch solche zu den Gestehungskosten- diese seien für die Berechnung des herauszugebenden Verletzergewinns notwendig. Gleiches gelte auch für Angaben zu der betriebenen Werbung, denn diese lassen Rückschlüsse zu in Bezug auf Plausibilisierung der Angaben zu den Umsätzen bzw. abgesetzten Stückzahlen. Überdies seien die Angaben zu der betriebenen Werbung vergleichsweise einfach zu überprüfen und könnten auch einen Hinweis auf die Sorgfalt geben, mit der die Rechnungslegung erstellt wurde.
Martin Ganser meint
Liebe RAe,
in eigener Sache habe ich einen Fall ähnlich dem geschilderten.
Mein Patent ist ausgelaufen in 2016,. Die benutzende Fa. behauptet nicht angewendet und vorsorglich die Einrede der Verjährung. Anwendung kann ich nachweisen. Wie ist die Regelung mit dem Restschadensersatzanspruch durch Bereicherung des Patentverletzers? Was kann ich wie fordern und durchsetzen?
Katja Wulff meint
Guten Tag, Herr Ganser,
grundsätzlich glauben wir, dass Sie in Ihrem Fall im Prinzip eine Auskunft und Rechnungslegung fordern können sowie eine Stufenklage einreichen. Um dies konkret empfehlen zu können, müssten wir mehr Einzelheiten Ihres Falls kennen. Wie Sie sicher verstehen, ist dies keine allgemeine Auskunft mehr, sondern eine Einzelfallbetrachtung. Gerne überprüfen wir dies im Detail für Sie und in Ihrem Interesse. Lassen Sie uns zu gerne die Detail Informationen zukommen, per E-Mail, per Telefon, wie immer Sie möchten.
Mit freundlichen Grüßen
Das Team der Meyer-Dulheuer MD Legal Patentanwälte