Der Prüfer einer Patentanmeldung darf einen Beschreibungstitel grundsätzlich nicht ohne Einverständnis des Anmelders ändern, urteilte der BPatG als Leitsatzentscheidung MOSFET-Vorrichtung. Auch muss der Beschreibungstitel nicht zwingend dem Oberbegriff des Hauptanspruchs entsprechen.
Im Verlauf einer Patentanmeldung und des Prüfungsverfahrens zu der Patentanmeldung kommt es in der Praxis regelmäßig zu Änderungen, Ergänzungen oder auch Streichung bestimmter Passagen in den Patentunterlagen. Dies geschieht in aller Regel im Austausch zwischen dem Patentanmelder und dem Prüfer des Patentamts. Das ist gemäß § 38 PatG – bis zu dem Beschluss über die Erteilung des Patents – unter der Bedingung zulässig, dass durch diese Änderungen der Gegenstand der Anmeldung nicht erweitert wird.
Anmeldungsunterlagen einer Patentanmeldung
Zu den Anmeldungsunterlagen einer Patentanmeldung gehören die korrekte und vollständige Beschreibung, das Ausarbeiten der Patentansprüche und eine Zusammenfassung der Erfindung. Darüber hinaus sind der Erfinder bzw. die Erfinder zu nennen und -wenn vom Patentamt gefordert- Modelle und Proben müssen eingereicht werden. Der Beschreibungstitel soll dabei kurz und technisch genau einen Überblick über den Gegenstand der Anmeldung geben (gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 PatV, „kurz und genau“).
Der Sachverhalt
Im vorliegenden Fall MOSFET-Vorrichtung ging es um die nationale Phase in Deutschland einer internationalen Anmeldung PCT/US2012/067486. Nachdem die Anmelderin den Prüfungsbescheid des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) erhalten hatte, brachte sie neue Patentansprüche ein, auch Patentanspruch 1. Zudem wurde die Beschreibung ergänzt durch die Worte „und Verfahren zu dessen Herstellung“. Die Bezeichnung der Erfindung blieb unverändert.
Das Patent wurde im Januar 2019 durch das DPMA erteilt – allerdings mit folgenden Änderungen durch den Patentprüfer: im Patentanspruch 9 wurden ein Semikolon und ein einzelner Buchstabe „D“ gestrichen. Vor allem aber ergänzte der Prüfer den Beschreibungstitel um das Verfahren, das ja von der Anmelderin in die Beschreibung eingebracht worden war.
Die Anmelderin wendete sich mit der Beschwerde gegen den ergangenen Beschluss. Sie machte geltend, der Erteilungsbeschluss weiche inhaltlich von ihren ihrer gewünschten Patentanmeldung ab. Die erteilten Patentansprüche, insbesondere Patentanspruch 1, definierten eine „Super-Junction-Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor-(MOSFET)-Vorrichtung“. Im Erteilungsbeschluss werde jedoch als Titel ein „Randabschluss für Super-Junction MOSFET-Vorrichtungen und Verfahren zu dessen Herstellung“ angegeben.
Die Anmelderin beantragte, das Patent mit den neu eingereichten Patentansprüchen und auch einem neuen Beschreibungstitel zu erteilen, der dann an den Gegenstand der Patentansprüche angeglichen wäre.
BPatG hob Beschluss auf – jedoch ohne Sachentscheidung
Das Bundespatentgericht hob auch tatsächlich mit seinem Urteil den strittigen Erteilungsbeschluss auf – jedoch ohne Sachentscheidung gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG. Insofern wurde auch nicht vor dem Bundespatentgericht die Frage erörtert, ob es sich in diesem Fall um eine unzulässige Erweiterung des Gegenstands der Erfindung handelte. Grundsätzlich gilt, wenn in einer Patentanmeldung nach dem Anmeldedatum in die Beschreibung oder in die Patentansprüche ein Verfahren hinzugefügt wird, das vorher in der Patentanmeldung nicht offenbart war, stellt dies eine unzulässige Erweiterung dar.
Vorliegend stellte das Gericht jedoch eine nicht zulässige Handlung des Prüfers fest und urteilte entsprechend ohne Sachentscheidung. Der Prüfer einer Patentanmeldung darf eine Änderung des Beschreibungstitels grundsätzlich nicht ohne Einverständnis des Anmelders vornehmen, urteilte der BPatG und formulierte dies als Leitsatzentscheidung.
Beschreibungstitel in einer Patentanmeldung
Die Bezeichnung der Erfindung ist stets am Anfang der Beschreibung als Beschreibungstitel anzugeben gemäß § 10 PatV und sollte entsprechend mit dem Oberbegriff des Hauptanspruchs (also der Bezeichnung der Vorrichtung in Patentanspruch 1) übereinstimmen. Das aber sei nicht zwingend, entschied das BPatG.
Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass der Prüfer mit der Ergänzung des Beschreibungstitels um das Verfahren eine inhaltliche Änderung an den Erteilungsunterlagen vorgenommen hat- und das ist nicht zulässig ohne Einverständnis des Anmelders. Zwar seien redaktionelle Anpassungen in den Erteilungsunterlagen zulässig, erklärte das Gericht, wie beispielsweise die Streichung eines Semikolons. Die Änderung des Beschreibungstitels stelle jedoch eine Verletzung des Antragsgrundsatzes dar, erläuterte das BPatG.
Daher sei der angefochtene Beschluss aufzuheben ohne Sachentscheidung, urteilte das BPatG und verwies die Sache an das Patentamt zurück.
Eine Patentanmeldung: zeitintensiv und komplex
Einmal mehr zeigt sich auch hier: Der Anmeldeprozess für ein Patent ist ein zeitintensives und komplexes Verfahren. Umfangreich ist die korrekte und vorab erforderliche Recherche, komplex ist die Ausformulierung der Patentansprüche. Diese legen den Schutzumfang Ihres Patents fest. Dabei gilt es, den bestmöglichen Schutzumfang zu beanspruchen: so viel wie möglich und gleichzeitig so eingeschränkt wie nötig, um nicht angreifbar für eine Patentverletzung zu sein. Eine präzise Formulierung ist Pflicht – alle unter Schutz zu stellenden technischen Merkmale müssen in den Ansprüchen exakt angegeben werden. Es ist für einen Laien zwar nicht unmöglich, selbst eine Patentanmeldung durchzuführen, aber in der Regel empfiehlt es sich, dafür die Hilfe eines Patentanwalts in Anspruch zu nehmen.
Europäische Patentanmeldung
In Bezug auf eine europäische Patentanmeldung ist zu beachten, dass einige Patentämter selbst einen Titel aufstellen, wenn sie das für richtig halten (beispielsweise das EPA, siehe Amtsblatt 1991, Seite 224), müssen dies allerdings immer in Übereinstimmung mit der offenbarten Beschreibung und den offenbarten Patentansprüchen tun. Der Anmelder wird dann in der Mitteilung nach Artikel 67 (3) EPÜ darüber informiert. Eine Änderung der Bezeichnung der Patentanmeldung (des Beschreibungstitels) darf daher nichts in die Patentanmeldung einbringen, was darin nicht offenbart wird.
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Quellen:
Urteil des BPatG, 7 W (pat) 1/19
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