Alle beim EPA eingereichten Dokumente können berichtigt werden- und dies gilt auch für eine nicht ausgeführte Zahlung der Beschwerdegebühr. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Zahlung ernsthaft beabsichtigt war und dies auch sofort erkennbar war.
In einem etwas kuriosen Fall, der gar nicht so selten vorkommt, hatte ein Beschwerdeführer zwar fristgerecht die Zahlung der Beschwerdegebühr an den EPA veranlasst. Die tatsächliche Zahlung wurde jedoch nicht am Tag des Eingangs des elektronischen Abbuchungsauftrags ausgeführt, da im Feld „Zahlungsart“ keine Methode angegeben wurde. Daher erhielt das EPA das Geld für die Einreichung der Beschwerdeschrift erst nach Ablauf der Zahlungsfrist durch eine separate Zahlung, der ein Berichtigungsantrag gemäß R. 139 des eingereichten elektronischen Abbuchungsauftrags beigefügt war, der nun auch eine Zahlungsart angab.
Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) hatte daher in diesem Fall zu entscheiden (T 0317/19), ob die Zahlung zu spät erfolgte oder ob die Regel 139 EPÜ über die Berechtigung von Fehlern auch für die Zahlung einer Beschwerdegebühr gilt. Denn in ihrer Entscheidung G 1/12 von 2014 wurde durch die Große Beschwerdekammer bereits bestätigt, dass eine Berichtigung von Fehlern nach Regel 139 Satz 1 EPÜ in beim EPA eingereichten Dokumenten generell gilt – auf Antrag.
Die Große Beschwerdekammer benannte folgende Voraussetzungen für eine Berichtigung von Dokumenten nach Regel 139 Satz 1 EPÜ:
- Die Berichtigung muss zum ursprünglichen Ziel führen und darf kein Sinneswandel sein
- Die ursprüngliche Absicht muss unmittelbar erkennbar ein (oder erfordert eine schwerwiegende Beweislast für den guten Vorsatz)
- Der zu berichtigende Fehler kann eine unrichtige Angabe oder um eine Auslassung sein
- Der Antrag auf Berichtigung ist unverzüglich zu stellen
Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer diese Anforderungen erfüllt, urteilte die Beschwerdekammer. Denn der Beschwerdeführer hatte lediglich das Feld „Zahlungsart“ ausgelassen am Tag der fristgerechten Veranlassung der Zahlung, hatte zum Zeitpunkt aber eine mehr als ausreichende Deckung des nötigen Geldbetrags auf dem Konto. Auch der korrekte Gebührencode war eingegeben worden. Zudem stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Berichtigung nach Regel 139 EPÜ nur 9 Tage nach der Mitteilung der Prüfungsabteilung, in der erklärt wurde, dass die Zahlung der Beschwerdegebühr nicht erfolgt ist. Dies wurde als „unverzüglich“ gestellter Berichtigungsantrag anerkannt.
Erfordernis der Rechtssicherheit
Abzuwiegen war für die Beschwerdekammer schließlich auch noch das Erfordernis der Rechtssicherheit, wonach die Parteien in der Regel an ihre Verfahrenshandlungen gebunden sind. Dafür sind der Interessen Dritter und der Öffentlichkeit in Betracht zu ziehen.
Das Erfordernis der Rechtssicherheit spiele im vorliegenden Fall allerdings keine Rolle, entschied die Beschwerdekammer, da es keinen Beschwerdegegner gab, der durch eine Berichtigung betroffen hätte sein können. Ebenso wenig lag ein Interesse der Öffentlichkeit an der Zahlung der Beschwerdegebühr vor.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Artikel 122 EPÜ
Als Hilfsmaßnahme hatte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Artikel 122 EPÜ beantragt und entrichtete die entsprechende Gebühr. Dennoch sah die Beschwerdekammer keine Gefahr, dass ein unbegrenzt langer, unklarer Rechtsstand der angefochtenen Anmeldung aufgrund des Berichtigungsantrags nach Regel 139 EPÜ nicht einer gesetzlichen Frist unterliegt.
Da der Beschwerdeführer tatsächlich die Absicht hatte, die Beschwerdegebühr innerhalb der Zweimonatsfrist nach Artikel 108 Satz 1 EPÜ zu entrichten, wurde das Beschwerdeverfahren fristgerecht eingeleitet, urteilte die Beschwerdekammer. Der Berichtigungsantrag beziehe sich auf einen innerhalb dieser Frist begangenen Fehler.
Zudem beantragte der Beschwerdeführer nicht die Wiedereinsetzung in eine definierte Verfahrensphase als Ganzes, sondern lediglich die Korrektur einer isolierten verfahrensrechtlichen Maßnahme, erläuterte die Beschwerdekammer, nämlich das fehlerhafte Ausfüllen des Formulars zur Zahlung der Beschwerdegebühr.
Zulässige Korrektur hat rückwirkende Wirkung
Eine zulässige Korrektur hat im Übrigen rückwirkende Wirkung, die Berichtigung nach Regel 139 EPÜ wird ex tunc wirksam. Sofern am Tag des Eingangs des Zahlungsauftrags beim EPA ausreichende Mittel auf dem Konto vorhanden sind – wie im vorliegenden Fall – gilt dieser Tag als Tag der Zahlung, erklärte die Beschwerdekammer. Das gilt auch, wenn dieser Zahlungsauftrag fehlerhaft war, dies jedoch unverzüglich berichtigt wurde. Der Beschwerdeführer hat also fristgerecht die Zahlung der Beschwerdegebühr geleistet, urteilte die Beschwerdekammer.
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Quellen:
Entscheidung der Beschwerdekammer T 0317/19
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