In der Entscheidung Pemetrexed II urteilte der BGH im interessanten Rechtsbereich Nebenintervention und Verfügungspatent- und hob dabei im Übrigen auch die vorangegangene Entscheidung des BPatG auf, mit der das Patent für nichtig erklärt worden war. Bekannt ist dieses Urteil auch unter dem Stichwort Vitamin B 12.
In der Sache ging es in der Verhandlung im Fall Pemetrexed II um das europäische Patent (EP 1 313 508), das die Verwendung von Pemetrexeddinatrium in Kombination mit Vitamin B12 zur Hemmung des Wachstums von Tumoren betrifft. Der Patentanspruch 1 ist auf zweckgebundenen Stoffschutz für die Kombination der beiden genannten Wirkstoffe gerichtet.
Das Bundespatentgericht (BPatG) hatte in einem Patentnichtigkeitsverfahren dieses Patent zunächst für nichtig erklärt, hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten und das mit Erfolg. Der BGH hob die Entscheidung des BPatG auf und sicherte mit der Entscheidung Pemetrexed II den Rechtsbestand des Verfügungspatents (X ZR 150/18).
Nebenintervention und Verfügungspatent
Denn da gegen die Nebenintervenientin zudem beim Landgericht München ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Verletzung des Streitpatents gestellt wurde, kam es in dem BGH Urteil Pemetrexed II zu einer Entscheidung im interessanten Rechtsbereich Nebenintervention und Verfügungspatent. Ein Patent, wegen dem eine einstweilige Verfügung erlassen werden soll, wird kurz Verfügungspatent genannt.
Der BGH entschied, dass in einem Patentnichtigkeitsverfahren eine Nebenintervention auf Seiten des Klägers in der Berufungsinstanz nicht deshalb unzulässig ist, weil der Nebenintervenient das Patent mit einer weiteren Nichtigkeitsklage angreift, über die das Patentgericht noch nicht entschieden hat. Das ist eine wichtige Entscheidung des BGH, denn dies widerspricht einer anderen Auffassung, die durchaus in der Literatur vertreten wird (Hall/Nobbe in Benkard, PatG, 11. Aufl., § 81 Rn. 15 a.E.).
Dem BGH stellte sich dazu bewusst in den Widerspruch und betonte, ein rechtliches Interesse sei nicht deshalb zu verneinen, weil der Nebenintervenient – wie hier – eine eigene Nichtigkeitsklage gegen das Streitpatent erhoben hat. Das gelte jedenfalls dann, präzisierte der BGH, wenn – wie hier – das Patentgericht über die Klage des Nebenintervenienten noch nicht entschieden hat und das Verfahren, zu dem der Nebenintervenient den Beitritt erklärt, bereits in der Berufungsinstanz anhängig ist.
In der genannten Konstellation stelle die eigene Nichtigkeitsklage für den Nebenintervenienten im Vergleich zu einem Beitritt im Berufungsverfahren keine effizientere Rechtsschutzmöglichkeit dar, erläuterte der BGH.
Kurzer Exkurs: Nebenintervention
Tragen zwei Parteien einen Zivilprozess aus, haben Dritte dennoch die Möglichkeit, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Dabei tritt der Dritte – der sogenannte Nebenintervenient – dem Prozess bei, entweder auf Seiten des Klägers oder auf Seiten des Beklagten.
Eine solche Nebenintervention hat Vor- und Nachteile für einen Dritten. Von Vorteil ist, dass er im Verfahren zwischen den Hauptparteien mitwirken und auch umfassend Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen kann. Von Nachteil kann eine Intervention aber sein, wenn das Ergebnis des Prozesses nicht zufriedenstellend sein sollte. Denn er kann als Intervenient nicht mehr einwenden, der Rechtsstreit sei von der jeweiligen Hauptpartei unzureichend geführt worden.
Der BGH betonte, dass bei üblichem Verlauf im Berufungsverfahren mit einer früheren Entscheidung über die Wirksamkeit des Patents zu rechnen sei. Nebeninterventionen können zu einer schnelleren Entscheidung auch auf der Basis einer umfassenden Sachverhaltsermittlung führen, ergänzte das Gericht.
Angemessene Erfolgserwartung
Ob für das Beschreiten eines Lösungswegs eine angemessene Erfolgserwartung besteht, sei jeweils im Einzelfall zu bestimmen:
- unter Berücksichtigung des in Rede stehenden Fachgebiets,
- der Größe des Anreizes für den Fachmann,
- des erforderlichen Aufwands für das Beschreiten und Verfolgen eines bestimmten Ansatzes
- und der gegebenenfalls in Betracht kommenden Alternativen sowie ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile zu bestimmen
Dies entspreche im Übrigen auch der BGH Rechtsprechung gemäß X ZR 59/17- Fulvestrant. Darin hatte der BGH über die Nahelegung zum Lösungsweg für einen Fachmann entschieden. Demnach hänge die Nahelegung von der damit verbundenen Erfolgserwartung ab. Die Anforderungen an eine angemessene Erfolgserwartung lassen sich nicht allgemeingültig formulieren, sondern sind jeweils im Einzelfall zu bestimmen – eben unter den auch hier genannten Aspekten zu angemessenen Erfolgserwartung.
Formulierung für einen Humanarzneimittelwirkstoff
Bei der Entwicklung einer Formulierung für einen Humanarzneimittelwirkstoff sei in der Regel jedoch nicht maßgeblich, ob der Fachmann erwarten kann, ein für eine klinische Studie geeignetes Ergebnis zu finden, hatte der BGH im Fall Fulvestrant hinzugefügt.
Eine angemessene Erfolgserwartung könne sich hier schon aus der Möglichkeit ergeben, Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Formulierung in einem Tierversuch mit hinreichendem Vorhersagewert für die therapeutische Verwendung beim Menschen zu verifizieren.
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Quellen:
BGH Urteil Pemetrexed II „Vitamin B12“, X ZR 150/18
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