Das Bundespatentgericht hat eine Leitsatzentscheidung darüber getroffen, wie mit einer Nichtigkeitsklage gegen eine uneigentliche Erweiterung eines EU-Patents umgegangen werden soll. Anlass ist der Rechtsstreit um ein Patent für Zigarettenverpackungen. Der Patentinhaber hatte nachträglich einen Patentanspruch ändern lassen.
Der Ursprung der Leitsatzentscheidung liegt in einem Rechtsstreit um ein europäisches Patent für Zigarettenpackungen. Das Patent EP 0 942 880 „Packaging of Smoking Articles“ beschreibt eine Zigarettenschachtel, die die jeweiligen Vorteile einer starren Schachtel (Besserer Schutz der Zigaretten) und einer weichen Schachtel (günstig in der Herstellung) kombinieren soll.
Die Inhaberin des Patents hatte dabei nachträglich einen der 19 Patentansprüche ändern lassen. Eine solche Änderung kann bei europäischen Patenten zur Aufhebung des Patentschutzes führen. In der Folge hatte die Klägerin beantragt, das Patent für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären lassen.
Die Klägerin beruft sich dabei auf § 6 (1) Nr. 3 des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen, welcher wie folgt lautet:
[box title=““ bg_color=“#e8e8fc“ align=“center“]Das mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent wird auf Antrag für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß […] der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der europäischen Patentanmeldung in ihrer bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung oder, wenn das Patent auf einer europäischen Teilanmeldung oder einer nach Artikel 61 des Europäischen Patentübereinkommens eingereichten neuen europäischen Patentanmeldung beruht, über den Inhalt der früheren Anmeldung in ihrer bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, […].[/box]
Bei der uneigentlichen Erweiterung handelt es sich um eine unzulässige Aufnahme eines einschränkenden Merkmals. Durch eine Nichtigkeitsklage kann, wie in § 6 (1) Nr. 3 IntPatÜbkG festgehalten, ein europäisches Patent nach einer uneigentlichen Erweiterung für nichtig erklärt werden.
Leitsatzentscheidung im Fall der Nichtigkeitsklage gegen Zigarettenpackung-Patent
Wir haben die Leitsatzentscheidung des Nichtigkeitssenats des BPatG im Fall der Nichtigkeitsklage gegen das europäische Patent 0 942 880 zusammengefasst:
Der Nichtigkeitsangriff wegen der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Patentanmeldung (uneigentliche Erweiterung) erfordert die korrigierende zusätzliche Prüfung der Patentfähigkeit des verteidigenden Anspruchs – unter Wegfall des neuen einschränkenden Merkmals. Unabhängig davon, ob ein Angriff wegen mangelnder Patentfähigkeit im Rahmen derselben Nichtigkeitsklage erfolgt ist. Dabei sollten auch die weiteren Nichtigkeitsgründe und die darüber hinausgehenden Zulässigkeitsaspekte einbezogen werden.
Aus Gründen der Rechtssicherheit erscheint es zudem sinnvoll, die uneigentliche Erweiterung im Patentanspruch durch einen entsprechenden Zusatz („Disclaimer“) zu kennzeichnen. Von dieser Möglichkeit hat auch bereits der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Rechtsprechung Gebrauch gemacht.
Der Senat des BPatG sieht es zudem als folgerichtig an, dass bei einer erneuten Prüfung der erfinderischen Tätigkeit die Inanspruchnahme der Priorität einer früheren Anmeldung zulässig ist.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, dass das Patent EP 0 942 880 wegen unzulässiger Änderung des Inhalts der Anmeldung und wegen mangelnder Patentfähigkeit (fehlende Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit) für nichtig zu erklären sei.
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Quelle:
Urteil des Bundespatentgerichts vom 17.04.2018 | AZ: 4 Ni 10/17 (EP)
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