Einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz steht § 145 PatG entgegen, der „Zwang“ zur Konzentration seiner Klagen. Das OLG Düsseldorf hat kürzlich dazu in einem Fall geurteilt und befasste sich dabei mit den wesentlichen Aspekten einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz:
In dem des OLG Urteils zugrunde liegenden Patentverletzungsverfahren wurde mit der Ausgangsklage vor dem erstinstanzlichen Gericht (dem Landgericht) zunächst nur eine Ausführungsform angegriffen. Nachdem das LG diese Klage wegen fehlender Verletzung abgewiesen hatte, legte die Klägerin Berufung vor dem zweitinstanzlichen Gericht (das OLG) ein – und erweiterte die Klage um das Patent selbst. Ist so eine Klageerweiterung in der Berufungsinstanz zulässig?
Diese Fallkonstellation wurde am 18. Februar 2021 vor dem OLG Düsseldorf entschieden (2 U 33/20). Das Gericht hob in seinem Urteil hervor, dass eine Klageerweiterung immer eine Sachdienlichkeit erfordert und insofern eine sorgfältige Überprüfung erforderlich ist, und zwar als Einzelfallüberprüfung.
Klageerweiterung in der Berufungsinstanz
Denn bei einer Klageerweiterung ist neben § 533 ZPO, demnach eine Klageerweiterung möglich wäre, vor allem § 145 PatG zu berücksichtigen. Demnach kann gegen den Beklagten wegen derselben oder einer gleichartigen Handlung auf Grund eines anderen Patents nur dann eine weitere Klage erhoben werden, wenn der Kläger ohne sein Verschulden nicht schon vorher im Rechtsstreit in der Lage war, auch dieses Patent geltend zu machen. Aufgrund des § 145 PatG ist man also gezwungen, seine Klagen gegen denselben Verletzungsgegenstand zu konzentrieren.
Allein schon deshalb fehlt es im Regelfall bei einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz an der erforderlichen Sachdienlichkeit, urteilte das OLG Düsseldorf – es sei denn, dass der Schutzrechtsinhaber hierzu nach § 145 PatG gezwungen wäre. Eine solchen Zwang aber sah das OLG in der vorliegenden Fallkonstellation nicht und wies die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz als unzulässig ab.
Klageerweiterung in der Berufungsinstanz und § 145 PatG
Darüber hinaus erläuterte das OLG Düsseldorf wesentliche Aspekte einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz in Bezug auf den § 145 PatG.
Muss der Kläger mit der ernsthaften Möglichkeit rechnen, dass ihm bei separater Klageerhebung aus dem weiteren Schutzrecht mit gewichtigen Gründen § 145 PatG entgegengehalten wird, dann sei eine Beurteilung der Sachdienlichkeit in einer Gesamtbewertung erforderlich, entschied das OLG Düsseldorf.
Klagepatent erst in Berufungsinstanz verfügbar
Diese falle regelmäßig zugunsten des Klägers aus, wenn das den Gegenstand der Klageerweiterung bildende Patent für ihn erst in zweiter Instanz verfügbar werde, ergänzte das Gericht und verwies auf das eigene entsprechende Urteil von 2009 (OLG Düsseldorf, I-2 U 96/07 – Apotheken-Kommissionierungssystem). In dem Fall war das Klagepatent der Berufungsinstanz zwar ein neues Angriffsmittel, es wurde aber als zulässig berücksichtigt, weil das Klagepatent II erst viele Monate nach der Beendigung des landgerichtlichen Verfahrens erteilt worden war; daher beruhte nach Ansicht des OLG die Klageerweiterung nicht auf einer Nachlässigkeit (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
Klagepatent schon erstinstanzlich verfügbar
Ist aber das Klagepatent vor der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz verfügbar – erstinstanzlich oder sogar vor Erhebung der Ausgangsklage -, dann sei in Bezug auf den § 145 PatG im Einzelfall zu prüfen, ob diese Klageerweiterung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit objektiv gerechtfertigt erscheint.
Klagepatent der Klageerweiterung mit erheblichen Abweichungen
Was aber gilt, wenn die Merkmale des erst bei der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz eingereichten Klagepatents erheblich abweichen von dem erstinstanzlichen Ausgangsschutzrecht?
Auch dazu formulierte das OLG Düsseldorf eine Entscheidung.
Wenn es erst einer umfassenden oder weitreichenden eigenen Auslegung seiner Patent- oder Schutzansprüche bedarf, oder wenn sogar neue Tatsachenfeststellungen erforderlich sind, dann ist eine Klageerweiterung regelmäßig weder sachdienlich noch genügt sie den in § 533 Nr. 2 ZPO aufgestellten Anforderungen, urteilte das OLG.
Fazit
Das OLG Düsseldorf bestätigt mit seinem jetzigen Urteil durchaus den Zwang, die Klagen gegen denselben Verletzungsgegenstand zu konzentrieren, ganz im Sinne der Prozessökonomie. Das Urteil führt zudem übersichtlich die Schwierigkeiten aus, eine Klageerweiterung in der Berufungsinstanz erreichen zu können. Dennoch wird vieles in diesem Bereich nach wie vor in Einzelfallüberprüfungen entschieden werden- und auch dies wurde im jetzigen OLG Urteil betont.
Übrigens entschied das OLG bereits 2011, dass die Vorschriften des § 145 PatG ausschließlich für Patente gelten, nicht aber für Gebrauchsmuster (OLG Düsseldorf, I-2 U 84/10 – Occluder).
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Quelle:
Urteil des OLG Düsseldorf, 2 U 33/20
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