Ein Verfahren zur Erstellung eines Modells von Software Simulation für eine Windenergieanlage ist zwar grundsätzlich patentierbar, wurde aber wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit vom Patentschutz ausgeschlossen. Im Mittelpunkt stand ein Fuzzy Logik Regler – in der Automobilindustrie vielfach eingesetzt zur Steuerung des Automatik-Getriebes.
Die Patentanmeldung „Simulationsmodell für eine Windenergieanlage sowie Erstellung und Verwendung“ wurde am 14. April 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht, jedoch vom DPMA zurückgewiesen. Mit dem Verfahren des damals geltenden Patentanspruchs 1 habe ein nicht-technisches Problem mit Mitteln gelöst werden solle, die nicht über den bestimmungsgemäßen Einsatz einer Datenverarbeitungsanlage hinausgingen. Der Patentanspruch 1 sei daher gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht gewährbar, entschied das DPMA. Denn demnach sind Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen nicht patentierbar.
Stand der Technik erst vor BPatG eingeführt
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wurde kein Stand der Technik ermittelt, vor dem Senat aber wurde dies berücksichtigt. Wichtig waren in diesem Zusammenhang die Druckschriften D1 (JAUCH, C.; CRONIN, T.; SØRENSEN, P.: A Fuzzy Logic Pitch Angle Controller for Power System Stabilization. In: Wind Energy 10(1): pp 19–30, 2007) und D2 (JELAVIĆ, M.; PERIĆ, N.; PETROVIĆ, I.: Identification of Wind Turbine Model for Controller Design. In: 2006 12th International Power Electronics and Motion Control Conference, Print ISBN: 1-4244-0121-6).
Vor allem anhand dieser beiden Druckschriften begründete das vom Patentanmelder angerufene Bundespatentgericht (BPatG) sein Urteil. Die Beschwerde wurde zwar als zulässig bewertet, aber dennoch wurde die Patentanmeldung abgewiesen. Denn das BPatG sah den Gegenstand des Patentanspruchs 1 als nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhend an (§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Satz 1 PatG).
Insbesondere die Druckschrift D1 befasst sich mit einem Verfahren, das den Designprozess für einen Fuzzy Logik Regler umfasst, der in das Modell einer Windturbine integriert wird, die über ein Stromnetz mit einem Energiesystem verbunden ist. In diesem Simulationsmodell der Druckschrift D1 ist ein Fuzzy Logik Regler (Fuzzy Logic Controller) vorgesehen, der als Auswahl- und Kombinationsfunktion fungiert und dadurch das Verhalten der Windenergieanlage bestimmt. Dieser Punkt ist besonders interessant, weil Fuzzy Logik Regler ja vielfach in Industrieanlagen eingesetzt werden – und auch in der Automobilindustrie zur Steuerung des Automatik-Getriebes.
Auch die Druckschrift D2 beinhaltet ein Verfahren zur Erstellung eines Modells der Software Simulation für eine Windenergieanlage bzw. Windturbine, mit dem ein Zusammenhang zwischen mehreren Eingangsgrößen und wenigstens einer Ausgangsgröße hergestellt werden kann. Die in der Druckschrift D2 durchgeführte Systemidentifikation stütze sich dabei vor allem auf die kommerzielle Software GH Bladed, um eine reale Windturbine nachzubilden. Alternativ wird aber auf die Möglichkeit einer Verwendung experimenteller Ergebnisse aus Messungen an realen Turbinen hingewiesen.
Fachmann würde D1 und D2 kombinieren in der Software Simulation
Das Bundespatentgericht sah es als naheliegend an, dass ein Fachmann die Lehre der Druckschrift D2 auf das System der Druckschrift D1 anwenden würde. Von einer solchen kombinierten Lehre unterscheide sich die Lehre nach dem jeweiligen Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I und II im Wesentlichen nur noch dadurch, dass die für die Systemidentifikation benötigten Wertepaare auf Messungen an der Windenergieanlage anstatt auf Resultaten auf einer professionellen Software GH Bladed beruhen sollen. Da aber in der Druckschrift 2 auch auf die Alternative hingewiesen wurde für die Verwendung von experimenteller Ergebnisse, sei eine erfinderische Tätigkeit nicht mehr begründet. Denn nach geltender Rechtsprechung schließt schon bereits die Auswahl einer der bekannten Möglichkeiten das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit aus.
Systemidentifikation auf reale Messergebnisse übertragbar
Der Patentanmelder hatte geltend gemacht, dass die Systemidentifikation der Druckschrift D2 aufgrund von „Sprungfunktionen“ in den simulierten Eingangsgrößen nicht auf eine Systemidentifikation mit realen Messergebnissen übertragbar sei. Das BPatG wies diesen Einwand jedoch zurück. Der Einwand beziehe sich nicht etwa auf Zeitreihenanalysen zur Bestimmung der frequenzabhängigen Übertragungsfunktionen, sondern stütze sich auf simulierte Testergebnisse zum bereits erstellten Modell.
Grid-Codes in der Druckschrift D1?
Auch den weiteren Einwand des Patentanmelders lehnte das BPatG ab. Der Patentanmelder machte geltend, die Druckschrift D1 gebe kein Verfahren zur Erstellung eines Modells einer Software Simulation, mit dem sich eine Überprüfung von Grid-Codes vornehmen lasse. Zwar habe D1 nicht direkt die Auswahl von Übertragungsfunktionen zum Ziel, räumte das Gericht ein. Aber der Fachmann würde in den in D1 geschilderten Untersuchungen von Maßnahmen zur Netzstabilisierung immer auch eine Überprüfung der Einhaltung von seitens der Netzbetreiber gestellten Anforderungen erkennen, urteilte das BPatG. Und diese fänden gewöhnlich in den Grid-Codes ihren Ausdruck.
Quellcode nicht transparent machen müssen
Dieser Fall enthält auch noch einen weiteren interessanten Aspekt, der zwar nicht für die Urteilsbegründung relevant war, aber dennoch oft vorkommt, vor allem bei allen Software Erfindungen. Denn als Aufgabe in der Patentbeschreibung war genannt, man wolle ein Software-Simulationsmodell bereitstellen, bei dem der Quellcode hinsichtlich nicht zur Veröffentlichung vorgesehener technischer Parameter der Windenergieanlage nicht transparent ist. Denn sowohl Netzbetreiber als auch Zulassungsbehörden forderten die Bereitstellung der zugehörigen Quellcodes sowie ausführlicher Beschreibungen der Simulationsmodelle. Und mit dem angemeldeten Patent und dem darin beschriebenen Software-Simulationsmodell sei es dem Netzbetreiber möglich, das Netzverhalten der Windenergieanlage im Netzverbund zu simulieren – ohne auf den Quellcode zugreifen zu müssen. Dies wird nach dem Urteil des BPatG zunächst bis auf Weiteres ein Wunschtraum bleiben.
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