Kann man durch eine nachträgliche Vertragsvereinbarung ausschließlicher Lizenznehmer werden? Umso mehr, da die Aktivlegitimation der Klägerin vor dem OLG Düsseldorf von der Beurteilung einer Vertragsklausel nach niederländischem Recht abhing.
Gegenstand des Berufungsverfahrens zu einer Patentverletzungsklage war ein europäisches Patent mit Wirkung für Deutschland über einen sogenannten „Schnellwechseldorn“ (I-15 U 102/16): Dieser setzt sich aus einem Längskörper und einem Befestigungsmittel zusammen, an dem wiederum ein Werkzeug fixiert werden kann. Die Klägerin hatte sich gegen eine Ausführungsform gewandt, die für die Beklagte als deutsches Gebrauchsmuster eingetragen wurde und von ihr in Deutschland angeboten worden ist.
Nichtwissen reicht nicht
Streitpunkt war zunächst die Frage, ob die Klägerin überhaupt dazu berechtigt gewesen ist, eine Verletzung des Klagepatents geltend zu machen. Denn die Klägerin berief sich dazu auf eine nachträgliche Vereinbarung zu einem ursprünglichen Lizenzvertrag mit der Patentinhaberin, wonach ihr ein ausschließliches Lizenzrecht auch an dem Klagepatent eingeräumt worden sei. Für die Beurteilung dieser maßgeblichen Klausel galt niederländisches Recht durch den bereits zuvor bestehenden Lizenzvertrag. Ausländisches Recht ist gemäß § 293 ZPO von Amts wegen zu prüfen. Dem kam das Oberlandesgericht Düsseldorf – anders als noch die Vorinstanz – vollumfänglich nach.
Strittig war die Auslegung des Lizenzvertrags vor allem, weil die Patentinhaberin unter bestimmten Voraussetzungen eine weitere Lizenz an A-Marken-Hersteller vergeben durfte. Denn dies sei unter Bedingungen gestellt worden für deren Vorliegen die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trage, machte die Klägerin geltend. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen, das eine der Bedingungen nicht eingetreten sei, reiche nicht aus. Die Beklagte wiederum argumentierte, bei richtiger wortlautgetreuer Auslegung – durch ein niederländisches Gericht – hätte das LG Düsseldorf zu dem Ergebnis kommen müssen, dass durch die schlichte Erwähnung der dem Klagepatent zugrundeliegenden internationalen PCT-Anmeldung keine exklusive Lizenz an dem Klagepatent eingeräumt werden sollte.
Business-to-Business-Verträge in Gesamtumständen zu sehen
Das OLG ließ wies diese Argumentation zurück. Laut Gericht käme es nämlich auch für Business-to-Business-Verträge – im deutschen wie im niederländischen Recht – nicht nur auf ausdrückliche Vereinbarungen, sondern auch auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls und die berechtigten Erwartungen der Vertragsparteien an. Aus dem Ausübungsrecht für die Vergabe einer weiteren Lizenz allein folge nicht, dass die Patentinhaberin von dem ihr zustehenden Recht auch tatsächlich Gebrauch gemacht habe. Nur wenn dies tatsächlich geschehe, werde das der Klägerin mit dem Vertrag gewährte uneingeschränkte positive Benutzungs- und das negative Verbietungsrecht eingeschränkt. Auch den Einwand der Beklagten, die Klägerin habe die Mindestlizenzgebühr nicht gezahlt und sei infolge dessen auch nicht ausschließliche Lizenznehmerin geworden, ließ das Gericht nicht gelten: Denn weder sei die Zahlung der Mindestgebühr eine vertragliche Bedingung für die Lizenzerteilung gewesen noch habe die Beklagte beweisen können, dass die Klägerin die Gebühren nicht bezahlt habe.
Nicht nur die äußere Form zählt
Technisch ging es vor allem darum, inwieweit der Schutzumfang des Klagepatents auch funktionsorientiert bestimmt werden kann: Die Beklagte monierte, dass unter einer „Klinke“ nicht die von ihr verwendeten Positionierungskugeln zu verstehen seien, nur weil diese an dem Gerät eine Verriegelungsfunktion aufwiesen. Eine Klinke aber stattdessen nur auf eine ganz bestimmte körperliche Form zu beschränken, sei jedoch anhand der Beschreibungen im Klagepatent gerade nicht notwendig, urteilte das Gericht und schloss sich damit den Ausführungen der Vorinstanz an. Allerdings sei die körperliche Form einer solchen Klinke auch nicht völlig beliebig; axiale Verriegelungsmechanismen wie eine Gewindeverbindung oder eine Klemmschraube seien vom Klagepatent zum Beispiel nicht umfasst, da sie nicht am Befestigungsmittel fixiert und auch nicht selbsttätig in die Kerbe auf dem Längskörper bewegt werden könnten. Im Ergebnis liege daher bereits eine unmittelbare Patentverletzung nach § 9 PatG vor.
„Schlechthinverbot“ für verzichtbares Element
Die Beklagte hatte aber auch die mit der besagten Kerbe versehenen Längskörper isoliert vertrieben, die laut Urteil immerhin ein wesentliches Element der Erfindung darstellten. Das Gericht sah darin eine mittelbare Patentverletzung nach § 10 PatG, da auf die entsprechende Kerbe in den Längskörpern in zumutbarer Weise auch hätte verzichtet werden können. Das Argument, die Längskörper könnten laut Beklagter theoretisch auch anders eingesetzt werden, überzeugte das Gericht nicht: Es käme nicht auf theoretische, sondern auf tatsächliche patentfreie Nutzungsmöglichkeiten an, die von der Beklagten aber nicht bewiesen werden konnten. Deswegen hielt das Gericht sogar ein „Schlechthinverbot“ für gerechtfertigt und untersagte der Beklagten damit uneingeschränkt, die Erzeugnisse anzubieten oder zu liefern (siehe Kühnen, in: Schulte, Patentgesetz mit EPÜ, 7. Auflage, § 10, Rn. 31-32). Es erstreckte das Unterlassungsgebot also auf alle Benutzungshandlungen der §§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 PatG.
Quintessenz: keine vagen Annahmen
Festzuhalten bleibt damit, dass das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung sowohl vertrags- als auch patentrechtlich dieselbe Kernaussage trifft: Eine Lizenz kann grundsätzlich beschränkt sein oder kann es auch infolge Bedingungseintritts nachträglich beschränkt werden. Gleichermaßen werden durch einen Patentschutz nicht alle funktionalen Alternativen zu einer geschützten Erfindung oder eines seiner wesentlichen Elemente ausgeschlossen.
Deutlich wird aber anhand des Urteils auch, dass das Gericht dabei keine bloßen Annahmen genügen lässt, sondern an etwaige Beschränkungen des Patentschutzumfangs klare materielle und prozessuale Bedingungen knüpft, die es hier aber als nicht erfüllt angesehen hat.
Das OLG gab daher der Klägerin Recht und wies die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 15.11.2016 (Az. 4a O 10/16) zurück.
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