Ab dem 1. Mai 2016 gilt im Zollgebiet der Europäischen Union ein neues Zollrecht. Im zweiten Teil unserer Artikel-Serie zeigen wir Ihnen im Detail auf, was das neue europäische Zollrecht beinhaltet. Teil 1 der Serie finden Sie hier.
Im ersten Teil haben wir Ihnen zunächst oberflächlich genannt, auf was Sie sich ab nächsten Monat einstellen müssen. Doch was genau wird sich ändern? Gibt es neue Bestimmungen zur Ein- und Ausfuhr? Gibt es Veränderungen bei den Kosten? Gibt es neue Sicherheitsrichtlinien? Wir geben detaillierte Antworten auf Ihre Fragen.
Versand
Versandverfahren sind künftig grundsätzlich elektronisch abzuwickeln. Im elektronischen Versandverfahren mittels NCTS im Eisenbahnverkehr ist nunmehr auch eine Sicherheitsleistung
vorgeschrieben. Für die Freigabe einer Sicherheitsleistung ist grundsätzlich die Erledigung des Versandverfahrens maßgeblich.
Lagerung
Die Freizonen fallen künftig unter den Bereich der Lagerung und sind stets umzäunt. Auch wird nicht mehr zwischen Freizonen und Freilagern unterschieden. Beim Zolllager entfallen die bisherigen Lagertypen. Es gibt nur noch öffentliche Zolllager Typ I (verantwortlich: Bewilligungsinhaber) und Typ II (verantwortlich: Inhaber des Verfahrens) sowie ein privates
Zolllager.
Die Besonderheiten des Zolllagers Typ D entfallen. Eine Gestellungsbefreiung im Anschreibeverfahren kann nur noch unter bestimmten Voraussetzungen bewilligt werden.
Verwendung
Die ehemalige besondere Verwendung ist nicht mehr Teil des freien Verkehrs, sondern unter dem neuen Begriff Endverwendung Teil eines besonderen Verfahrens. Bei der vorübergehenden Verwendung beträgt die Verwendungsfrist höchstens zwei Jahre, kann aber auf maximal 10 Jahre verlängert werden.
Veredelung
Das bisherige Umwandlungsverfahren sowie die Zerstörung sind in der aktiven Veredelung aufgegangen. Für die Bewilligung der aktiven Veredelung bedarf es keiner Wiederausfuhrabsicht
mehr. Das Zollrückvergütungsverfahren und die Ausgleichszinsen entfallen; ebenso entfällt die Differenzmethode als Möglichkeit der Berechnung der Einfuhrabgaben in der passiven Veredelung.
Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter
Nicht nur für die besonderen Verfahren, sondern für alle Verfahren und Vereinfachungen wird dem Status eines Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten, des sogenannten AEO (Authorised Economic Operator), größere Bedeutung zukommen. Oftmals ist es aber auch ausreichend, wenn Wirtschaftsbeteiligte nur die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllen, ohne selbst AEO zu sein. Der AEO bedarf einer Bewilligung und muss hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Je nach AEO-Typ gibt es unterschiedliche Voraussetzungen. Auch die am 30. April 2016 erteilten AEO-Zertifikate werden neubewertet und anschließend ggf. als Bewilligungen fortgeführt.
Vorübergehende Verwahrung
Die Lagerung von Waren darf grundsätzlich nur in bewilligten Verwahrungslagern erfolgen. Das derzeitige vereinfachte Bewilligungsverfahren wird umgestellt. Obwohl die vorübergehende
Verwahrung weiterhin kein Zollverfahren ist, ist für die Bewilligung der Verwahrungslager eine Sicherheitsleistung erforderlich. Auch ist das Führen von Aufzeichnungen über die Lagerung der Waren vorgeschrieben. Die vorübergehende Verwahrung ist künftig auf 90 Tage befristet.
Zollwert
Die Möglichkeit der Anmeldung von Vorerwerbergeschäften (sogenannte „First-Sale-Rule“) entfällt. Übergangsregelungen für Altverträge sind jedoch vorgesehen. Lizenzgebühren gelten im Rahmen des Kaufgeschäfts als entrichtet und sind somit Bestandteil des Zollwerts. Dadurch ist kein Bezug mehr zwischen Lizenzgeber und Verkäufer erforderlich.
Anschreibung in der Buchführung
Die Vereinfachung des Anmeldeverfahrens kommt künftig nur noch bei der Anschreibung in der Buchführung des Anmelders in Betracht. Die Bewilligung der Vereinfachung für Waren, die aufgrund unmittelbar anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung von der Einfuhrumsatzsteuer befreit sind, und für Waren, die in einem verbrauchsteuerrechtlichen Steueraussetzungsverfahren befördert werden, ist künftig nicht mehr möglich.
Zollschuld
Das Zollschuldrecht ist gestrafft und vor allem hinsichtlich der Erlöschenstatbestände neu gefasst worden. Insbesondere bei nicht vorsätzlichen Verstößen ist ein Erlöschen der Zollschuld möglich. Somit entfällt der bisherige Sanktionscharakter bei der Zollschuldentstehung. Zollschuldner kann auch die Person werden, die Angaben im Rahmen der Zollanmeldung wissentlich falsch einreicht, wenn diese dazu führen, dass Abgaben nicht in voller Höhe erhoben werden.
Sicherheitsleistung
Eine Sicherheitsleistung ist grundsätzlich vorgeschrieben. Der UZK unterscheidet dabei zwischen einer Sicherheitsleistung für bereits entstandene und für möglicherweise entstehende Zollschulden. Eine Reduzierung der Sicherheit ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Sicherheitsleistung wird von den Zollbehörden überwacht. Nach der Anpassung der IT-Verfahren erfolgt dies elektronisch.
Eigenkontrolle
Der UZK sieht die Möglichkeit vor, Wirtschaftsbeteiligten, die besonders vertrauenswürdig sind, bestimmte Verfahrenshandlungen und Kontrollen zu übertragen.
Ausfuhr
Das Ausfuhrverfahren bleibt zweistufi g, d. h. bei der Ausfuhrzollstelle werden die Waren in das Ausfuhrverfahren überführt, die Ausgangszollstelle überwacht den tatsächlichen Ausgang. Ausnahmen hiervon sind nur für Waren bis zu einem Wert von 3.000 Euro möglich. Die Ausfuhranmeldung hierfür kann unmittelbar bei der Ausgangszollstelle abgegeben werden. Der zugelassene Ausführer ist im UZK nicht mehr vorgesehen. Es sind jedoch weiterhin Vereinfachungen möglich. Der vertrauenswürdige Ausführer entfällt hingegen ersatzlos. Das Ausfuhrbegleitdokument ist nicht mehr vorgesehen. Auch gibt es keine Fälle von geringer wirtschaftlicher Bedeutung mehr. So ist ab einem Wert von 1.000 Euro oder ab einem Eigengewicht von 1.000 Kilogramm für Waren zu kommerziellen Zwecken immer eine elektronische Ausfuhranmeldung abzugeben.
Postverkehr
Waren in Postsendungen müssen nach einer Übergangszeit ebenfalls elektronisch angemeldet werden.
Entscheidungen
Der UZK legt fest, innerhalb welcher Zeiträume Entscheidungen zu treffen sind. Auch das weitere Verwaltungsverfahren wird vorgegeben und überlagert teilweise nationale Vorschriften.
Vorgeschrieben ist z. B. ein rechtliches Gehör vor negativen Entscheidungen. Dies gilt für alle Entscheidungen der Zollbehörden.
Haben Sie Fragen zum Thema „Zollrecht“?
Dann zögern Sie bitte nicht uns um Rat zu fragen. Wir rufen Sie gerne zurück und helfen Ihnen – versprochen!
Text-Quelle: Zeitschrift „Zoll aktuell“ | Ausgabe Nr. 2/2016 | April 2016
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