Ein Geschäftsführer einer Gesellschaft verletzt bestehendes Patentrecht. Doch wer haftet nun dafür? Haftet der eigentliche Verletzer persönlich oder die ganze Gesellschaft? Dieser spannenden Frage sind unsere Branchenkollegen Herr Dr. Stephan Gruber und Herr Moritz Körner von Preu Bohlig & Partner im Zuge eines aktuellen Falls nachgegangen. Bei uns erfahren Sie die wichtigsten Eckdaten!
Vor dem Hintergrund der Entscheidung „Geschäftsführerhaftung“ erging nun die mit Spannung erwartete Entscheidung „Glasfasern II“ vom 15.12.2015 (Az.: X ZR 30/14) zur persönlichen Haftung eines Geschäftsführers wegen Patentverletzungen der Gesellschaft.
Gegenstand der Entscheidung „Glasfasern II“ des X. Senats war ein Europäisches Patent, das die Verwendung von Glasfasern einer bestimmten chemischen Zusammensetzung, die kein kanzerogenes (krebserregendes) Potential zeigen.
Beklagt waren 4 Parteien, u. a. eine Gesellschaft, die Dämmmaterial für den Hausbau aus Glasfaserplatten herstellte sowie deren Geschäftsführer persönlich. Nachdem die Berufung des Angeklagten in in erster (LG Mannheim, 17.04.2012, Az.: 2 O 129/09) und in zweiter (OLG Karlsruhe, 26.02.2014, Az.: 6 U 50/12) Instanz gescheitert ist, ging der Fall im vergangenen Jahr vor den Bundesgerichtshof.
Urteil: Persönliche Haftung wurde erheblich eingeschränkt
1. Der I. Senat des BGH hatte in der Entscheidung „Geschäftsführerhaftung“ (GRUR 2014, 883) die persönliche Haftung des Organs einer juristischen Person für deren Wettbewerbsverstöße erheblich eingeschränkt. Danach ist eine Haftung des gesetzlichen Vertreters für Verletzungshandlungen der Gesellschaft nur dann gegeben, wenn er an dieser durch positives Tun beteiligt gewesen ist oder wenn er aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktrechts begründeten Garantenstellung, die den strafrechtlichen Grundsätzen zur Täterschaft und Teilnahme folgt, eine Verletzungshandlung der Gesellschaft verhindern musste. Der X. Senat verfolgt hingegen im Rahmen des § 139 PatG den sogenannten Einheitstäterbegriff.
Die persönliche Haftung des Geschäftsführers war nach Auffassung des X. Senats ohne weiteres gegeben, obwohl die Instanzgerichte keine näheren Feststellungen dazu getroffen worden waren, welche konkreten Handlungen der Geschäftsführer vorgenommen hatte und inwiefern er an den Verletzungshandlungen persönlich beteiligt war (Tz. 106).
Trotz des unterschiedlichen Haftungskonzepts des I. Senats, sah der X. Senat keine Notwendigkeit den Großen Zivilsenat zu den Voraussetzungen der persönlichen Haftung des gesetzlichen Vertreters einer Gesellschaft für deren Schutzrechtsverletzungen anzurufen; er führt hierzu aus, dass auch die vom I. Senat aufgestellten Voraussetzungen einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers im zu entscheidenden Fall erfüllt sind (Tz. 109 ff.).
Als Summe lässt sich zu den Entscheidungen „Geschäftsführerhaftung“ einerseits und „Glasfaser II“ andererseits also festhalten: Im Zuständigkeitsbereich des I. Senats hat der Kläger zur persönlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers ggf. im Detail vorzutragen. Beispielsweise haftet der Geschäftsführer nach der Rechtsprechung des I. Senats dann, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die „üblicherweise“ auf Geschäftsführungsebene entschieden werden.
Hieraus ergibt sich für die Beratung ein erhebliches Prognoserisiko, weil noch nicht ausdifferenziert ist, ob es für diese „Üblichkeit“ auf das konkrete Unternehmen ankommt, oder ob eine mehr typisierende Betrachtung Platz zu greifen hat. Demgegenüber verlangt die Rechtsprechung des X. Senats keinen Vortrag des Klägers zur Haftung des Geschäftsführers. Vielmehr ist es Aufgabe des Organs, sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast gleichsam zu „exkulpieren“.
> Eine ausführliche Zusammenfassung zum Fall erhalten Sie bei den Kollegen von Preu Bohlig & Partner hier.
Quellen: Preu Bohlig & Partner Newsletter April 2016 / Urteil des X. Zivilsenats
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