Der EuGH hat ein Urteil zur Berechnung der Verjährungsfrist für den EU Sortenschutz getroffen in Auslegung von Art. 96 der EU Verordnung Nr. 2100/94: Ist bei der Verjährung zwischen einzelnen und fortgesetzten Verletzungshandlungen zu unterscheiden?
Verletzungsverfahren im EU Sortenschutz
In dem Ausgangsverfahren, das vom Obersten Gericht in Spanien eine um Vorabentscheidung des EuGH bat, geht es um ein die mutmaßliche Verletzung der ausschließlichen Sortenschutzrechte für die Mandarinenbaumsorte „Nadorcott“ . Kurz gesagt: zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der einen Partei die Abmahnung mitgeteilt wurde, sie also als mutmaßliche Nutzerin der geschützten Sorte identifiziert wurde, und dem Zeitpunkt zur Erhebung der Klagen der anderen Partei mehr als drei Jahre vergangen seien, wies das erstinstanzliche Gericht die Verletzungsklage wegen Verjährung des Verletzungsanspruchs nach Art. 96 der Verordnung Nr. 2100/94 ab. Gegen diese Entscheidung legte die abgemahnte Partei Widerspruch ein.
Doch das das vorlegende Gericht – das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) – wies darauf hin, dass nach der nationalen Rechtsprechung zum geistigen Eigentum zwischen einzelnen und fortgesetzten Verletzungshandlungen zu unterscheiden sei.
Im letztgenannten Fall werde der Beginn der Verjährungsfrist so lange aufgeschoben, wie die der Verletzung zugrunde liegende Handlung andauere. Das vorlegende Gericht wollte wissen, ob diese Rechtsprechung auf die Verjährungsregelung in Art. 96 der Verordnung Nr. 2100/94 übertragbar ist und, insbesondere, ob alle Ansprüche betreffend Verletzungshandlungen verjähren, sobald der Inhaber des gemeinschaftlichen Sortenschutzes seine Klage mehr als drei Jahre, nachdem er von den Verletzungshandlungen und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat, erhebt, oder ob nur für die Ansprüche betreffend die mehr als drei Jahre vor Klageerhebung begangenen Handlungen Verjährung eintritt.
EuGH: Auslegung von Art. 96 der EU Verordnung Nr. 2100/94
Der Wortlaut von von Art. 96 der EU Verordnung Nr. 2100/94 ist klar: demnach verjähren die Ansprüche nach den Art. 94 und 95 in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, zu dem der gemeinschaftliche Sortenschutz endgültig erteilt worden ist und von dem an der Inhaber dieses Schutzes von der Handlung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat, oder, falls keine solche Kenntnis erlangt wurde, in 30 Jahren von der Vollendung der jeweiligen Handlung an.
Da die Auslösung dieser Frist von einem 2 objektiven Ereignisse abhängt, stellte der EuGH in Bezug auf die Frage einer Rangordnung dieser beiden Ereignisse fest, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt des Ereignisses beginnt, das zuletzt eintritt, also entweder zum Zeitpunkt der Erteilung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes oder zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Verletzungshandlung sowie der Person des Verpflichteten.
Zudem stellt laut EuGH die Erteilung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes die unerlaubte Vornahme der in Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2100/94 genannten Handlungen in Bezug auf die geschützte Pflanzensorte eine „Verwendung ohne Zustimmung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 3 dieser Verordnung dar. Daher könne derjenige, der unter diesen Umständen eine dieser Handlungen vornimmt, gemäß Art. 94 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung vom Inhaber auf Unterlassung der Verletzung oder Zahlung einer angemessenen Vergütung oder auf beides in Anspruch genommen werden, entschied der EuGH (14. Oktober 2021, C‑186/18).
Verjährung nur für Ansprüche aus vergangenen Handlungen
Art. 96 der Verordnung Nr. 2100/94 sei daher dahin auszulegen, urteilte das Gericht, dass nur diejenigen Ansprüche nach den Art. 94 und 95 dieser Verordnung verjährt sind, die eine Gesamtheit von gegen eine geschützte Sorte gerichteten Verletzungshandlungen betreffen und die geltend gemacht wurden, nachdem mehr als drei Jahre vergangen waren, seit zum einen der gemeinschaftliche Sortenschutz endgültig erteilt wurde und zum anderen der Inhaber von jeder einzelnen zu dieser Gesamtheit gehörenden Handlung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat.
Denn wie bereits der Generalanwalt in seinem Schlussantrag ausgeführt hatte, können sich die Verjährungsregeln nur auf die Ansprüche beziehen, die Handlungen in der Vergangenheit betreffen, nicht dagegen auf solche, die künftig begangen werden könnten.
Und die Ansprüche nach den Art. 94 und 95 dieser Verordnung betreffen die in Art. 13 Abs. 2 der Verordnung genannten Handlungen, erläuterte der EuGH. Allerdings, so erklärte das Gericht, beziehe sich diese Vorschrift auf einzeln aufgeführte Handlungen, so dass der Umstand, dass eine Handlung andauert, für die Bestimmung des Beginns der in Art. 96 der Verordnung vorgesehenen Verjährungsfrist nicht entscheidend ist.
Für Ansprüche nach den Art. 94 und 95 dieser Verordnung ist die vorgesehene Verjährungsfrist von drei Jahren unabhängig davon, ob die eine geschützte Sorte betreffende Verletzungshandlung noch andauert, und auch unabhängig vom Zeitpunkt des Unterlassens dieser Handlung, urteilte der EuGH.
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