Im April dieses Jahres wurde eine vorläufige Einigung zwischen dem Vorsitzenden des Europäischen Rates und Vertretern des Europäischen Parlaments erzielt, die die Reform des europäischen Markensystems betrifft. Diese wurde im Juni vom Ausschuss der Ständigen Vertreter des Europäischen Rates bestätigt. Somit ist die endgültige Durchführung der Reform im nächsten Jahr wahrscheinlich bald Realität. Wenn Sie also in nächster Zeit beabsichtigen, eine Marke für die gesamte EU anzumelden, werden die neu beschlossenen Änderungen für Sie wichtig sein. Denn vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollen von den diesen profitieren. Welche Änderungen für Sie bei der Markenanmeldung relevant sein werden, fassen wir hier zusammen.
Welche Ziele verfolgt die Markenreform?
Die Änderungen der Markenrichtlinie und der Gemeinschaftsmarken-Verordnung des Europäischen Parlaments dienen der Modernisierung und Verbesserung der bestehenden Richtlinien und Vorschriften. Die Reform soll das Markenrecht in der Europäischen Union in Zukunft einfacher und weniger bürokratisch regeln. Dafür soll unter anderem eine erleichterte Zusammenarbeit zwischen den Markenämtern der Mitgliedsstaaten und dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt sorgen. Auch ist eine neue Gebührenstruktur geplant. Dadurch senken sich die Kosten für Markenanmelder bzw. -inhaber.
Nizza-Klassen und Gebühren
- Momentan gilt bei der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke: Die Gebühren für die Markenanmeldung von 900 Euro beinhalten die Benennung von 3 Nizza-Klassen, also diejenigen Arten von Waren und Dienstleistungen, für die eine Marke eingetragen werden kann. In Zukunft soll auch die Anmeldung in nur einer Klasse möglich sein, für 850 Euro. Für 50 Euro mehr wird die Anmeldung in einer zusätzlichen zweiten Klasse möglich sein. Jede weitere kostet dann 150 Euro.
- Die Bezeichnungen der Begriffe in den Nizza-Klassen müssen zudem genau dem Wortlaut in der Überschrift der jeweiligen Klasse entsprechen (z.B. Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen). Für Markenanmeldungen, die vor dem 22.6.2012 erfolgt sind, gibt es eine Nachfrist von 6 Monaten ab Inkrafttreten der neuen Verordnung. In dieser Zeit darf eine Erklärung vorgelegt werden, ob der beantragte Schutz über den von der wörtlichen Bedeutung der Klassenüberschrift erfassten Bereich hinausgehen soll.
- Nach Ablauf der Schutzdauer von 10 Jahren für die Gemeinschaftsmarke (in Zukunft: Unionsmarke, s.u.), kann diese erneuert werden. Die Erneuerungsgebühr soll 1000 Euro betragen, statt derzeit 1350 Euro.
Alle hier genannten Gebühren, sowohl die jetzigen als auch geplanten, beziehen sich auf online durchgeführte Anträge. Diese sind in der Regel günstiger als Anträge und Anmeldungen in Papierform.
Grafische Darstellbarkeit soll für die Markenanmeldung nicht mehr zwingend erforderlich sein
Derzeit ist eine der wichtigsten Bedingungen für die Eintragung einer Marke die Darstellbarkeit in grafischer Form. Dies gilt auch für besondere Markenformen, wie Hörmarken oder Geruchsmarken. Die Reform des europäischen Markenrechts macht hier jedoch eine fundamentale Änderung: Die grafische Darstellbarkeit soll nicht mehr das wichtigste Kriterium für die Anmeldbarkeit einer Marke sein. Dies bedeutet, dass andere Darstellungsformen ebenfalls zulässig sind, solange diese auch die bislang geltenden Bedingungen erfüllen. Die Darstellung muss demnach, wie bisher, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein.
Umbenennungen
Eine ebenfalls wichtige vorgeschlagene Veränderung der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates ist die Umbenennung der dezentralen Agenturen. Dadurch sollen die Bezeichnungen an die im Vertrag von Lissabon geregelten Termini angepasst werden:
- Aus dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) wird das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
- Die Gemeinschaftsmarke wird umbenannt in Unionsmarke
- Das Gemeinschaftsmarkengericht wird zum Markengericht der Europäischen Union
Welche Vorteile ergeben sich für Anmelder durch die Reform?
Im Mittelpunkt der Reform steht die effizientere Strukturierung des Markenrechtssystems in der EU. Interessant ist vor allem die neue Gebührenstruktur für Markenanmeldungen. Zwar sind bei der jetzigen Gemeinschaftsmarke 3 Nizza-Klassen bei der Anmeldung mit inbegriffen. Doch die geplante Unionsmarke wird auf lange Sicht für Unternehmen günstiger. Die Möglichkeit, gegen eine geringere Gebühr nur für eine Nizza-Klasse Schutz zu beantragen, soll das System von Marken entlasten, die in mehreren Klassen angemeldet werden, um alle 3 Nizza-Klassen auszunutzen. Einige Änderungen, wie die der Bestimmungen zur grafischen Darstellbarkeit einer Marke, werden es in Zukunft leichter machen, besondere Marke schützen zu lassen, wie z.B. Hörmarken. Die Umbenennung der Ämter usw. ist dagegen vor allem ein formaler Schritt.
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