Im Jahr 2016 soll das viel debattierte EU-Einheitspatent in Kraft treten. Über die Probleme, die seiner Umsetzung noch im Weg stehen, haben wir hier berichtet. Ein wichtiger Diskussionspunkt sind die Kosten für das neue EU-Patent. Lange waren sich die Staaten der EU nicht einig, wie hoch diese sein sollen.
Jahresgebühren des EU-Einheitspatents sind festgelegt
Am 24. Juni hat der engere Ausschuss der Mitgliedsstaaten beim Europäischen Patentamt (EPA) sich nun entschieden, wie hoch die Kosten für die Aufrechterhaltung des neuen EU-Einheitspatents sein sollen. Die Staaten entschieden sich für die Variante, die Kosten dem anzugleichen, was die Aufrechterhaltung eines EU-Bündelpatents (bisherige Methode) in den vier anmeldestärksten EU-Mitgliedsstaaten derzeit kostet. Die vier anmeldestärksten Länder sind die Niederlande, Frankreich, Deutschland und Großbritannien.
Nach dieser Rechnung werden sich die Verlängerungsgebühren für das EU-Einheitspatent aufsummiert während der gesamten Laufzeit des Patents (20 Jahre) auf etwa 42.000 bis 44.000 Euro belaufen. Das bedeutet jährlich etwa 2400 Euro. Für kleine und mittelständische Unternehmen sowie Universitäten und Organisationen, die nicht auf Profit ausgerichtet sind, soll es geringfügige Rabatte auf die Kosten des Patents für die ersten zehn Jahre geben.
Die Gebühren für die Aufrechterhaltung werden erst nach der effektiven Erteilung des Patents erhoben. Dieser Zeitpunkt ist beim bisherigen Verfahren meist erst nach vier oder fünf Jahren erreicht.
Die Kosten des EU-Einheitspatents im Vergleich zum bisherigen Verfahren
Bei der Debatte um die Einführung des EU-Einheitspatents hört man oft das Argument, dass dessen Kosten viel günstiger werden sollen als das bisherige Verfahren für ein Patent in Europa. Aber wie wird dieser Vergleich berechnet?
Wie anhand der ?True Top 4-Lösung? beschlossen wurde, soll die Aufrechterhaltung des EU-Einheitspatents über dessen gesamte Laufzeit bis zu 44.000 Euro kosten. Da das EU-Einheitspatent für alle Staaten der EU gilt, liegt es nahe, diese Kosten auf die Aufrechterhaltungsgebühren des bisherigen Patent-Verfahrens in allen Mitgliedsstaaten der EU zu beziehen. Da das bisherige Europäische Patent ein Bündel vieler nationaler Patente ist, würde die Aufrechterhaltung über 20 Jahre in allen 25 Staaten der EU sehr viel Geld kosten ? nämlich über 150.000 Euro.
Her mit dem EU-Einheitspatent! Oder?
So weit, so gut: Zusätzlich zu den günstigeren Kosten ist das Einheitspatent viel leichter angemeldet als das bisherige Europäische Patent, das ein Bündel nationaler Patente ist. Das klingt doch so, als würde ab Inkrafttreten des Einheitspatents niemand mehr nach dem alten Verfahren anmelden, auch wenn dies weiter in Kraft bleibt. Warum auch, wenn die neue Anmeldung so viel einfacher ist und die Aufrechterhaltung noch dazu weniger kostet?
Es gibt trotzdem einige Gründe, warum die Kritik an dem neuen Verfahren nicht abreißt:
- Der Kosten-Vergleich der beiden Patent-Verfahren rechnet mit der Aufrechterhaltung eines bisherigen Europäischen Patents in allen 25 EU-Staaten. In der Praxis wird das bisherige Patent aber meistens nur in den anmeldestärksten Ländern angestrebt. Wenn Anmelder ihre Erfindung nur in wenigen Ländern schützen lassen wollen, sind die Kosten für das neue Einheitspatent nicht wirklich günstiger als bisher.
- Die für kleinere Firmen beschlossenen Rabatte fallen auf den gesamten Zeitraum von 20 Jahren gerechnet kaum ins Gewicht. Auch für diese Gruppe von Anmeldern ist das Einheitspatent also nicht besonders attraktiv.
- Und zudem: Was, wenn man zusätzlich zur EU die Erfindung in einem Land schützen möchte, das zwar Mitglied des EPÜ (Europäisches Patentübereinkommen) ist, aber nicht der EU? Dann muss zusätzlich ein nationales Patent angemeldet werden. Das Verfahren wird dann wieder komplizierter und neue Kosten kommen auf den Anmelder zu.
Ein großes Hindernis ist überwunden
Die Festlegung der Jahresgebühren bringt das neue Einheitspatent einen ganzen Schritt näher an seine Verwirklichung heran. Wir sind gespannt, ob 2016 das neue Verfahren wirklich in den Startlöchern steht ? Auch, weil der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU die Dinge nicht gerade einfacher machen wird. Über die Probleme, die daraus entstehen, haben wir in diesem Blog-Artikel geschrieben.
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