Bereits seit mehreren Jahren wird über die mögliche Einführung eines EU-Patents (offiziell: Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung, kurz EPeW) diskutiert. 2011 beschlossen 25 EU-Mitgliedstaaten (Italien und Spanien machen nicht mit), dass das EU-Patent Wirklichkeit werden soll. Doch seit diesem Beschluss stehen der endgültigen Durchsetzung einige Hürden im Wege. Dabei bietet das EU-Patent einen entscheidenden Vorteil: Anmelder eines EU-Patents könnten ein Patent durch ein einziges Verfahren in mehreren Ländern gleichzeitig anmelden und später als Inhaber auch in einem einzigen Verfahren durchsetzen. Welche Barrieren bereits überschritten wurden und was dem EU-Patent derzeit dennoch im Wege steht, erfahren Sie im Folgenden.
Wie unterscheidet sich das EU-Patent vom EP-Patent?
Doch lassen Sie uns zunächst das EU-Patent vom schon existierenden EP-Patent abgrenzen und die wichtigsten Aspekte festhalten. Denn es gibt einige erhebliche Unterschiede, obwohl sich die Begriffe so ähnlich sehen.
- Das EU-Einheitspatent (kurz: EU-Patent) ist ein Verfahren zur Vereinheitlichung von Patentanmeldungen in Europa, das 2016 in Kraft treten soll. Das Verfahren zur Anmeldung des EP-Patents wird weiterhin bestehen.
- Die EP-Patent-Anmeldung wird beim Europäischen Patentamt eingereicht, dort geprüft und im besten Fall auch erteilt. Erst durch eine zusätzliche Validierung und Zahlung der nationalen Gebühren im jeweiligen Mitgliedsland des EPÜ (Europäisches Patentübereinkommen) wird der EP-Patentschutz dort tatsächlich auch wirksam! Das EP-Patent gilt dann wie ein nationales Patent.
- Das EU-Einheitspatent dagegen wird zwar auch beim EPO eingereicht, dort geprüft und im besten Fall erteilt. Der Vorteil ist aber, dass hier keine Validierung mehr in den benannten Ländern erfolgen muss, sondern dass man nach der Erteilung und nachdem man alle vom EPO verlangten Gebühren gezahlt hat, tatsächlich ein europaweit einheitlich gültiges Patent in Händen hält.
- Die Anmeldung zum EU-Patent soll günstiger werden als ein EP-Patent-Verfahren. Leider bietet das Einheitspatent aber nur Schutz in den teilnehmenden Mitgliedstaaten der EU. In den Staaten, die zwar Mitglieder des EPÜ, aber nicht Mitglieder der EU sind, müsste dann ggf. ein nationales Patent angemeldet werden.
Um die angestrebte Vereinheitlichung der Verfahren zur Patentanmeldung und -durchsetzung in Europa streiten die EU-Staaten schon sehr lange. Es gibt einige Hürden, die der Einführung des EU-Patents noch im Wege stehen.
Die Klage durch Spanien
Das EU-Patent sieht vor, dass die Verfahrenssprache nur auf die 3 Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch beschränkt ist. Spanien sah hierbei jedoch einen Nachteil für sich selbst und andere Länder, denn für diese fallen zusätzliche Übersetzungskosten an. Das Gericht gab zwar zu, dass hierbei ein Nachteil bestehe, wies die Klage aber ab. Immerhin wurden die Übersetzungskosten durch die Klage gesenkt.
In einer zweiten Klage forderte Spanien dann die Richtlinien zur Schaffung des Patentschutzes für ungültig zu erklären. Aber auch diese Klage wies der Europäische Gerichtshof (EuGH) ab.
Der mögliche EU-Austritt Großbritanniens bevorstehende Hürde
Ein noch bevorstehendes Problem ist der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU. Premierminister David Cameron versprach, über diesen Sachverhalt in einem Referendum abstimmen zu lassen. Allerdings soll das Referendum erst 2016 oder sogar 2017 stattfinden. Das EU-Patent wird jedoch höchst wahrscheinlich nicht in Kraft treten, bevor diese Sache geklärt ist.
Falls sich Großbritannien für den Austritt aus der EU entscheidet, könnte dies möglicherweise das Ende des EU-Patents bedeuten. Hierfür gibt es 2 Gründe:
- Das Abkommen über das EU-Patent muss von mindestens 13 Staaten ratifiziert werden, zwingend aber von Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Vor dem geplanten Referendum ist die Unterzeichnung Großbritanniens jedoch ungewiss. Tritt dann der Fall ein, dass GB tatsächlich aus der EU austritt, treten die Niederlande in den ?Kreis der 3? und deren Ratifizierung ist dann zwingend erforderlich für eine Verwirklichung des EU Patents. Allerdings steht auch in den Niederlanden die Ratifizierung noch aus. Auch Deutschland hat das Abkommen noch nicht ratifiziert, Frankreich hingegen schon.
- Das zweite Problem besteht darin, dass bislang eine Abteilung der Zentralkammer des neuen Einheitlichen Patentgerichts Gerichts in London geplant war. Wenn Großbritannien aber aus der EU austritt, bedeutet dies, dass sich ein maßgebliches EU-Gericht außerhalb der EU befände. Um dies zu ändern, müssten jedoch jegliche bisherigen Verträge abgeändert werden. Der mühsame Prozess des gesamten europaweiten Abstimmungsprozederes würde also von neuem beginnen.
Falls Großbritannien nicht aus der EU austritt, stellen sich dennoch einige Fragen:
In welcher Sprache können Gerichtsverfahren zum EU-Patent geführt werden?
Es stellt sich beispielsweise die Frage, ob in Deutschland Verfahren wahlweise in Deutsch und in Englisch geführt werden können. Dies würde bedeuten, dass deutsche Unternehmen in Deutschland auf Englisch verklagt werden könnten.
Außerdem: Wie hoch sollen überhaupt die Kosten für ein EU-Patent sein?
Bisher beschloss man, dass eine Jahresgebühr für ein EU-Patent so hoch wie Jahresgebühren von 4 oder 5 nationalen Patenten sein soll. Somit verliert das EU-Patent jedoch seine Bedeutung für kleinere Unternehmen, da diese die Kosten nur schwer aufbringen können.
Am 24. Juni fiel nun endlich die Entscheidung: Die Jahresgebühren für ein EU-Einheitspatent setzen sich zusammen aus den Anmeldegebühren für ein nationales Patent in Frankreich, Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden. Diese Gebühren werden von Anmeldern ab dem zweiten Jahr erhoben.
Die Einführung des EU-Patents: Die mühevollste Erleichterung aller Zeiten
Es ist also derzeit noch fraglich, ob es zur Realisation eines EU-Patents kommen wird. Viele Fragen sind ungeklärt und einige Entscheidungen sind abzuwarten. Bis es zu einem endgültigen Entschluss kommt, werden wir uns sicherlich einige Monate gedulden müssen.
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