Der Markenschutz für die Unionswortmarke ViruProtect wurde heute vor dem EuG abgelehnt. Wie bereits das EUIPO sah das Gericht die Wortschöpfung ViruProtect als beschreibend an. Im Fokus stand die Frage, ob Verbraucher Viru mit Virus gleichsetzen würden – und inwieweit eine neue Wortschöpfung beschreibend ist.
Öffentliches Interesse gegen die Markeneintragung
Markenanmelderin der Unionswortmarke ViruProtect und Klägerin war der Pharmahersteller Stada Arzneimittel AG (Deutschland). Stada hatte gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer Widerspruch eingelegt. Die Beschwerdekammer hatte die Streitmarke als beschreibend angesehen, denn die Marke ViruProtect beschreibe die Schutzfunktion gegen Viren gegen die von der Marke erfassten Waren in der Nizza-Klasse 5.
Stada machte geltend, dass die angefochtene Entscheidung nicht erkennen lasse, warum „Viru“ in Kombination mit „Protect“ aufgrund von Erwägungen des Gemeininteresses nicht monopolisiert werden dürfe.
Das Gericht machte in seinem heutigen Urteil jedoch deutlich, dass dieser Einwand nicht von Belang sei. Da die Beschwerdekammer nämlich festgestellt hatte, dass die angemeldete Marke beschreibend ist, ergab sich daraus unmittelbar ein öffentliches Interesse daran, das Zeichen nicht als Marke einzutragen, führte der EuG aus.
Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung von Merkmalen der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können, sollen von allen frei verwendet werden können (Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009). Dies gilt für Bezeichnungen der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der beanspruchten Ware bzw. Dienstleistung. Insbesondere sogenannte generische Begriffe, die für eine Vielzahl von spezifischeren Begriffsinhalten und Bedeutungen stehen, sollen freigehalten werden.
Viru mit Virus gleichzusetzen?
Im Fokus der heutigen Verhandlung vor dem EuG stand daher auch die Frage, ob Verbraucher Viru mit Virus gleichsetzen würden. Denn die Beschwerdekammer hatte in der Begründung ihrer Entscheidung erklärt, dass die Verbraucher den Bestandteil „Viru“ der Streitmarke sofort und ohne weiteres Nachdenken mit „Virus“ gleichsetzten.
Das Gericht bestätigte diese Einschätzung. Denn die Beschwerdekammer hatte korrekterweise hinzugefügt, dass der Unterschied zwischen dem Ausdruck „VirusProtect“ und dem Zeichen ViruProtect weder in schriftbildlicher noch in klanglicher Hinsicht erheblich sei und die abweichende Schreibweise des Wortes „Virus“ keinen Einfluss auf den möglichen Begriffsinhalt habe. Der EuG stimmte dem zu und ergänzte, dass abweichende Schreibweisen ein Eintragungshindernis gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 nicht zu beseitigen vermögen.
Verbraucher zerlegen Wortschöpfung in Bestandteile
Obwohl Verbraucher eine Marke zwar regelmäßig als Ganzes wahrnehmen, würden sie gleichwohl aber ein Wortzeichen in solche Wortbestandteile zerlegen, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln, erläuterte das Gericht. Daher würden Verbraucher – im Kontext der von der angemeldeten Marke erfassten Waren – dazu neigen, das Wort „Virus“ anstelle von „Viru“ zu lesen. Der Verbraucher lege ein Wortzeichen nämlich unter Heranziehung der Definitionen der Wörter aus, aus denen es besteht; dies impliziere zwangsläufig andere Elemente als das betreffende Wort oder die betreffenden Wörter. Zudem wäre in Bezug auf die klangliche Wahrnehmung ein etwaiger klanglicher Unterschied aufgrund des Wegfalls des Buchstabens „s“ nur marginal, so dass der Verbraucher den Begriff „Viru“ nicht als einen von „Virus“ gesonderten Begriff auffassen würde, sondern allenfalls als eine Variante davon. Umso mehr, als Virus ein generischer Begriff ist, wie das Gericht klarstellte.
Wortschöpfung kann auch beschreibend sein
Auch eine Marke, die aus einer sprachlichen Wortschöpfung besteht, könne im Übrigen einen beschreibenden Charakter haben, urteilte der EuG, wenn sie nämlich aus Bestandteilen besteht, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben. Zudem ist ein Wortzeichen schon dann beschreibend, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet, führte das Gericht aus.
Nur wenn ein merklicher Unterschied zwischen der Wortschöpfung und der Summe ihrer Bestandteile besteht, liege kein beschreibender Charakter vor, ergänzte der EuG. Dies setze jedoch voraus, dass die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren bzw. Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend stark von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht. Dabei sei dann auch die Analyse der maßgeblichen lexikalischen und grammatikalischen Regeln von Bedeutung, erklärte das Gericht.
Wortschöpfung ViruProtect folgt englischer Grammatik
Für die Streitmarke trifft das aber nicht zu. Die Beschwerdekammer habe in ihrer Entscheidung korrekterweise ausgeführt, dass die Kombination der Wortbestandteile nicht unüblich sei und zudem den Grammatikregeln der englischen Sprache folge, führte der EuG aus. Trotz der abweichenden Schreibweise aufgrund des Fehlens des Buchstabens „s“ am Ende des Wortes „Virus“ würden Verbraucher ihren Bedeutungsgehalt unmittelbar erfassen.
Nach alledem war die Beschwerdekammer zu der Annahme berechtigt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise der angemeldeten Marke die Bedeutung „Virenschutz“ beimessen würden, bestätigte das Gericht die angefochtene Entscheidung und wies die Klage von Stada ab. Die Wortschöpfung ViruProtect ist beschreibend für die beanspruchten Waren.
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Quelle:
Urteil EuG „ViruProtect“, EU:T:2020:44
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