Nationale Regelungen im Markenrecht, die einen Teil einer zusammengesetzten Marke wie eine Wort- und Bildmarke durch einen Disclaimer vom Schutzanspruch ausklammern, sind in einem Verfahren um Verwechslungsgefahr nicht erlaubt. Ein ausschließliches Recht an nur an einem Bestandteil einer zusammengesetzten Marke kann nicht geltend gemacht werden, urteilte der EuGH .
Markengesetz in Schweden mit Option Disclaimer
In einem Vorabentscheidungsgesuch aus Schweden im Fall Hansson [Roslags Punsch/ROSLAGSÖL]; urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) über eine national eingetragene Wort- und Bildmarke. Im Kern stand die Frage, ob eine ältere Marke, die mit einer Verzichtserklärung (Disclaimer) eingetragen worden ist, bei einem Verfahren um Verwechslungsgefahr mit oder ohne diesen Disclaimer zu bewerten ist. Dem schwedischen Markengesetz folgend hatte der Markenanmelder die angefochtene Marke mit einem sogenannten Disclaimer eingetragen, wonach die „Eintragung … kein ausschließliches Recht an dem Wort ‚Roslagspunsch‘ “verleihe.
Es kam zu einem Verfahren um diese Markenanmeldung wegen einer später angemeldeten Marke „ROSLAGSÖL“, die wegen Verwechslungsgefahr durch den dominanten Wortbeginn „Roslags“ abgewiesen wurde. Der Begriff „Roslags“ verweist im Übrigen auf eine Region in Schweden. Der Anmelder der Marke „ROSLAGSÖL“ legte Beschwerde gegen die Ablehnung der Markeneintragung ein und machte geltend, dass der Teil einer Marke, der durch einen Disclaimer vom Schutz ausgenommen worden sei, grundsätzlich als nicht unterscheidungskräftig anzusehen sei.
Widerspruch zur Gesamtbetrachtung einer zusammengesetzten Marke
Daher stellte sich das schwedische Berufungsgericht die Frage, ob eine nationale Regelung, die die Aufnahme eines Disclaimers erlaube, als „Verfahrensvorschrift“ eingestuft werden könne, obwohl sie eine Änderung der Kriterien bewirke, auf denen die Gesamtbetrachtung beruhe.
Der europäische Gerichtshof (EuGH) beantwortete diese Frage eindeutig mit Nein. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 sei dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die eine Verzichtserklärung („Disclaimer“) vorsieht – wenn dieser Disclaimer einen Bestandteil einer zusammengesetzten Marke von der Gesamtprüfung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr ausschließt.
Schutz der Kombination von Bestandteilen als Ganzes
Die Feststellung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr führe nämlich nur zum Schutz einer bestimmten Kombination von Bestandteilen, ohne einen zu dieser Kombination gehörenden beschreibenden Bestandteil als solchen zu schützen, urteilte der EuGH und verwies auf die Rechtsprechung. Folglich könne der Inhaber einer zusammengesetzten Marke kein ausschließliches Recht nur an einem Bestandteil dieser Marke geltend machen, unabhängig davon, ob dieser von einem nach nationalem Recht vorgesehenen Disclaimer erfasst wird oder nicht.
Obwohl in der Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 nur schwach unterscheidungskräftige Bestandteile selten eine Verwechslungsgefahr stützen und begründen, kann kein Bestandteil von dieser Betrachtung als Gesamtbeurteilung ausgeschlossen werden.
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Quelle:
EuGH Urteil – Hansson [Roslags Punsch/ROSLAGSÖL]; EU:C:2019:481
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