Eine aktuelle EUIPO Entscheidung hat große Auswirkung für alle UK Marken: Mit einer älteren UK Marke kann man sich demnach nach dem Brexit nicht mehr auf ältere Rechte in einem Widerspruch gegen eine jüngere EU-Marke berufen. Zudem ist eine nicht eingetragene UK Marke nicht geeignet für einen Widerspruch nach Unionsrecht.
Die Entscheidung „SORRYBRO“, die die Widerspruchsabteilung des EUIPO am Freitag traf (B 3 029 595), hat Wirkung für alle UK Marken und zukünftige Verfahren in der Europäischen Union (EU), an denen UK Marken beteiligt sind. Denn gemäß dieser Entscheidung können keine ältere Rechte einer älteren UK Marke mehr gegen neue EU Markeneintragungen geltend gemacht werden in einem Widerspruch auf Unionsrecht, auch nicht aus nicht eingetragenen UK Marken. Ein Urteil, das schwerwiegend ist für alle Inhaber einer älteren UK Marke, wenn diese nicht zusätzlich auch als Unionsmarke geschützt ist.
Keine Rechte mehr für Widerspruch als ältere Marke nach Unionsrecht
Eine UK Marke hat seit dem Brexit keine Rechte mehr für Widerspruch nach UMV (engl: EUTMR) wegen älterer Rechte der UK Marke, entschied die Widerspruchsabteilung des EUIPO. Rechte einer UK Marke gelten seit dem Brexit nicht mehr als ältere Rechte in einem Widerspruch gegen eine jüngere EU-Marke, denn ältere Rechte sind nach UMV aus relativen Gründen geschützt, allerdings nur „in einem Mitgliedstaat“ der EU.
Die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 8 Absätze 1, 4 und 5 UMV (Unionsmarkenverordnung; engl. EUTMR) sind im Präsens formuliert, erläuterte das die Widerspruchsabteilung, daher müssen diese Voraussetzungen ebenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung erfüllt sein. Das aber sei nicht mehr der Fall für das UK seit Ende der Übergangsfrist, die bis zum 31.12.2020 galt.
Aus diesem Grund schloss das die Widerspruchsabteilung des EUIPO die Anwendung von Artikel 8 Absätze 1, 4 und 5 UMV im Markenverfahren „SORRYBRO“ aus für die eingetragenen UK Marken. Der Widersprechende hatte seinen Widerspruch auf zwei im UK eingetragene Marken gestützt sowie auch auf zwei nicht eingetragene Marken gestützt, die im geschäftlichen Verkehr u. a. im UK benutzt wurden.
Der Widerspruch sei daher zurückzuweisen, soweit die älteren Rechte und relativen Schutzrechte für die UK Marken geltend gemacht wurden gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a; 8 Abs. 1 Buchst. b; 8 Abs. 4 und 8 Abs. 5. Anders gesagt: die eingetragen älteren UK Marken waren ohne Rechte und nutzlos im Widerspruch gegen die jüngere EU-Marke.
Nicht eingetragene UK Marke: keine Grundlage für Widerspruch
Daher berücksichtigte die Widerspruchsabteilung des EUIPO für das Verfahren nur die nicht eingetragenen Wortmarken „SORRYBRO“ und deren Benutzung im geschäftlichen Verkehr in den Mitgliedstaaten der EU, auf die sich der Widersprechende gemäß Artikel 8 Absatz 4 UMV berief.
Da es sich um nicht eingetragene Wortmarken handelte, war Artikel 8 Absatz 4 UMV anzuwenden, denn dieser Artikel befasst sich mit Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke. Allerdings variieren die Regeln und Bedingungen für den Erwerb von Rechten für eine nicht eingetragene Marke nach dem jeweiligen nationalen Recht, sie reichen von der einfachen Benutzung bis zur Benutzung mit großer Bekanntheit. Auch ihr Schutzumfang ist nicht einheitlich, ergänzte die Widerspruchsabteilung. Zwar kann man gemäß Art. 8 Absatz 4 UMV die Benutzung einer EU-Markenanmeldung verhindern, indem man nachweist, dass die im nationalen Recht festgelegten Voraussetzungen für das Verbot der Benutzung der jüngeren EU-Marke erfüllt sind und die anderen Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 4 UMV vorliegen.
Die Betonung liegt hier auf dem nationalen Recht. Aber weil nicht eingetragene Marken auf Ebene der Europäischen Union nicht geschützt sind, ist eine „nicht eingetragene Unionsmarke“ keine geeignete Grundlage für einen Widerspruch, urteilte die Widerspruchsabteilung des EUIPO.
Nachweise für alle nationale Rechte erforderlich gemäß DVUM
Außerdem muss gemäß Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe d) DVUM (Delegierte Verordnung über die Unionsmarke, engl.: EUTMDR) der Widersprechende, wenn der Widerspruch auf ein älteres Recht im Sinne von Artikel 8 Absatz 4 UMV gestützt wird, unter anderem Nachweise für den Erwerb, den Fortbestand und den Umfang des Schutzes vorlegen. Das schließt gleichzeitig ein, dass eine eindeutige Identifizierung des Inhalts des nationalen Rechts eines EU-Mitgliedstaats erfolgen muss, auf das das ältere Recht geltend gemacht wird, und zwar durch Vorlage von Veröffentlichungen der einschlägigen Bestimmungen oder der Rechtsprechung. Das EUIPO nannte als Beispiele dafür Auszüge aus einem Amtsblatt, einem Rechtskommentar, Rechtsenzyklopädien oder Gerichtsentscheidungen. Auch ein Nachweis über eine online Quelle des relevanten nationalen Rechts ist zulässig, wenn die online Quelle vom Amt anerkannt ist.
Alle Bestimmungen des anwendbaren nationalen Rechts müssen zudem in der Verfahrenssprache oder mit einer Übersetzung in diese Sprache vorgelegt werden, ergänzte das EUIPO.
Im vorliegenden Fall jedoch hatte der Widersprechende einige Bestimmungen des britischen Rechts zitiert, nicht aber die Bestimmungen des nationalen Rechts der relevanten EU-Mitgliedsstaaten, wie es erforderlich gewesen wäre. Das UK kann jedoch nicht als gültiges Gebiet des betreffenden Verfahrens geltend gemacht werden, betonte die Widerspruchsabteilung des EUIPO, da die Rechte des UK für die Zwecke eines Verfahrens, das auf relativen Gründen beruht, von vornherein nicht mehr zu den „in einem Mitgliedstaat“ geschützten älteren Rechten gehören.
Zudem ergänzte das EUIPO, dass auch keine Rechtsprechung vorgelegt worden ist, aus der hervorgeht, ob und wie die vorgesehenen Bestimmungen des UK Rechts zur unerlaubten Handlung in der Republik Irland angewendet werden können (Irland gehörte zu den EU-Staaten, auf die sich der Widersprechende berufen hatte).
Fazit:
Da es sich um ein zentrales Markenrecht zu einer älteren UK Marke handelt, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung des EUIPO nur eine erste Zwischenetappe in diesem Rechtsstreit bleibt. Und das Europäische Gericht hat bereits häufiger betont, dass es nicht an die Entscheidungen des EUIPO gebunden sei.
Aber zunächst einmal steht jetzt diese Entscheidung rechtsverbindlich im Raum. Bleibt es dabei, können keine ältere Rechte einer älteren UK Marke mehr gegen neue EU Markeneintragungen geltend gemacht werden in einem Widerspruch auf Unionsrecht, auch nicht aus nicht eingetragenen UK Marken.
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Quellen:
Entscheidung der Widerspruchsabteilung des EUIPO „SORRYBRO“, B 3 029 595
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