Die tschechische Wodkamarke VODKA 42 gewann heute vor dem europäischen Gericht im langjährigen Wodkastreit gegen Bacardi und dessen Wodkamarke 42 BELOW. In der Entscheidung ging es nicht etwa um Verwechslungsgefahr, sondern um das nationale Schutzrecht einer nicht eingetragenen Marke in einem Widerspruchverfahren gegen eine EU Markenanmeldung.
Das Gericht der Europäischen Union (EuG) betonte mit seinem Urteil die unabhängige EU Rechtsprechung in Abgrenzung zur nationalen Rechtssprechung in der Union. In einem Widerspruchsverfahren gegen eine EU-Markenanmeldung sei das Bestehen einer nationalen Eintragung oder eines anderen Rechts irrelevant, das einer älteren Marke vorausgehe. Dies gelte, solange die ältere nationale Marke tatsächlich geschützt ist, auch wenn es sich – wie bei VODKA 42 – um eine nicht eingetragene Marke handelt, urteilte heute der EuG.
Langjähriger Disput um VODKA Marken
Klägerin Bacardi meldete am 26. Juni 2009 eine Bildmarke 42 BELOW bei dem Europäischen Patent- und Markenamt (EUIPO). Gegen diese Markeneintragung reichte die Streithelferin, Granette & Starorežná Distilleries a.s., jetzt Palírna U zeleného stromu a.s , am 11. März 2010 Widerspruch ein. Die Widerspruchsabteilung und dann im 9. Juli 2012 („die angefochtene Entscheidung“) auch die Beschwerdekammer der EUIPO gaben der Streithelferin Recht, da die Gefahr einer Verwechslung seitens der maßgeblichen Verkehrskreise bestehe. Bacardi klagte gegen diese Entscheidung.
Schutzrecht und das Verfahren im Fokus vor dem EuG
Erster Klagegrund
Die Klägerin stützt sich im Wesentlichen auf zwei Einwendungen. Mit dem ersten Klagegrund wirft Bacardi der Beschwerdekammer vor, es habe die Argumente der Klägerin und des tschechischen Rechts, insbesondere die des unlauteren Wettbewerbs und des Urheberrechts, nicht wiedergegeben. Die Klägerin bemängelt, dass die Beschwerdekammer nicht das tschechische Handelsgesetzbuch (Grundlage der Artikel 44 ff. ) berücksichtigt hatte. Der EuG wies diesen Klagegrund zurück. Die Liste im Anhang zu Teil C Abschnitt 4 der EUIPO-Leitlinien enthalte nicht das tschechische Handelsgesetzbuch, die erforderliche Nachweispflicht hätte aber Bacardi gehabt. Im Übrigen habe die Beschwerdekammer alle von der Klägerin vorgebrachten Argumente korrekt zusammengefasst.
Zweiter Klagegrund
Mit dem zweiten Klagegrund macht Klägerin Bacardi geltend, dass die nicht eingetragene Marke nicht alle Bedingungen für einen Schutzanspruch erfüllt habe. Insbesondere sei nicht nachgewiesen, dass die Marke VODKA 42 im geschäftlichen Verkehr verwendet wurde ( Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 207/2009).
Der Inhaber einer nicht eingetragenen Marke oder eines anderen Zeichens als einer Marke kann die Eintragung einer EU-Marke ablehnen, wenn diese nicht eingetragene Marke alle vier Voraussetzungen erfüllt (kumulativ):
(i) sie muss im geschäftlichen Verkehr verwendet werden;
(ii) sie muss von mehr als nur lokaler Bedeutung sein;
(iii) das Recht an dieser Marke oder diesem Zeichen muss in Übereinstimmung mit dem EU-Recht oder dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sie vor dem Tag der Anmeldung der EU-Marke verwendet wurde, erworben worden sein; und
(iv) das Zeichen muss seinem Inhaber das Recht verleihen, die Benutzung einer späteren Marke zu untersagen.
nach Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 207/2009
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerdekammer von der Streithelferin hätte verlangen sollen, dass sie die kontinuierliche Benutzung der nicht eingetragenen Marke einfordert bis zum Tag der Entscheidung der Widerspruchsabteilung, nämlich dem 12. August 2011, da sie nach tschechischem Recht, insbesondere der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Tschechischen Republik Nejvyššší soud vom 19. April 2012 (Nr. 23 Cdo 3412/2010), erforderlich war. In diesem Zusammenhang machte sie geltend, dass die Streithelferin für die Jahre 2010 und 2011 keinen Nachweis für die Benutzung der nicht eingetragenen Marke erbracht habe. Darüber hinaus behauptete sie, dass die Streithelferin diese Marke seit Januar 2011 nicht mehr benutzt habe.
Der EuG wies aber auch diesen Klagegrund zurück. Auf die Bedingung für die Benutzung des im Widerspruch angeführten Zeichens im geschäftlichen Verkehr sei dasselbe zeitliche Kriterium anzuwenden, das ausdrücklich in Artikel 8 Absatz 4 Buchstabe a der Verordnung Nr. 207/2009 für den Erwerb des Rechts an diesem Zeichen festgelegt ist. Konkret bedeutet dies, dass die geschäftliche Nutzung nachzuweisen ist für den Tag der Anmeldung der angefochtenen EU-Marke (26. Juni 2009) – und nicht der Tag der Entscheidung der Widerspruchsabteilung (Aug 2012). Und für diesen Zeitpunkt im Juni 2009 sei die ältere nationale Marke geschäftlich genutzt und daher geschützt gewesen.
EU Rechtsprechung und nationale Rechtssprechung in der Union
In diesem zweiten Klagegrund argumentierte die Klägerin auch, dass die Beschwerdekammer nicht befugt gewesen sei, die Gültigkeit derselben Marke zu beurteilen. Hintergrund dazu ist, dass Bacardi geltend macht, dass die angemeldete und angefochtene Marke in der Tschechischen Republik vor der nicht eingetragenen Marke der Streithelferin verwendet worden sei.
Es sei aber Sache der Einsprechenden, einen solchen Nachweis zu erbringen, urteilte der EuG. Die EUIPO könne zwar aufgefordert werden, das nationale Recht des Mitgliedstaats zu berücksichtigen. In diesem Fall müsse das EUIPO von sich aus Informationen über das nationale Recht des betreffenden Mitgliedstaats einholen.
Aus der Rechtsprechung ergebe sich aber auch, dass es für die Verhinderung der Eintragung einer EU-Marke durch einen Widersprechenden auf der Grundlage von Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 207/2009 notwendig und ausreichend ist, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem die EUIPO feststellt, ob alle Voraussetzungen für den Widerspruch erfüllt sind, ein früheres Recht geltend gemacht werden kann, das nicht durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung für ungültig erklärt wurde. Es stehe der EUIPO jedoch nicht zu, ihre Beurteilung durch die der zuständigen nationalen Gerichte zu ersetzen. Darüber hinaus wies der EuG darauf hin, dass die Gültigkeit einer nationalen Marke nicht in einem Verfahren zur Eintragung einer EU-Marke in Frage gestellt werden darf, sondern nur in dem betreffenden Mitgliedstaat eingeleiteten Löschungsverfahren.
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Quellen:
Curia Europe: T:2018:715 VODKA 42 vs 42 BELOW
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