Die Eintragung der EU Wortmarke THE TIME wurde erfolgreich angefochten wegen Verwechslungsgefahr mit der älteren Wortmarke TIMEHOUSE. Vergeblich berief sich die Klägerin auf die sogenannte Gegenwirkungslehre / „counteraction theory“, die für begriffliche Unterschiede zwischen Streitmarken gilt – aber nur für deutliche Unterschiede.
Beschwerdekammer bejahte Verwechslungsgefahr
Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdekammer das Vorliegen von Verwechslungsgefahr insbesondere im Hinblick auf die Ähnlichkeit der fraglichen Zeichen in Bild, Klang und Bedeutung, die Identität der fraglichen Dienstleistungen und die durchschnittliche Kennzeichnungskraft der älteren Marke bejaht.
Der Sachverhalt
Der Sachverhalt ist schnell erzählt: die Chatwal Hotels & Resorts LLC (USA beantragte im April 2017 für die EU-Wortmarke THE TIME Markenschutz, der auch gewährt wurde. Daraufhin erhob die Timehouse Capital GmbH (Deutschland) Klage gegen diese Markeneintragung wegen Verwechslungsgefahr mit der eigenen älteren Wortmarke TIMEHOUSE – und dies wurde durch die Entscheidung der Beschwerdekammer bestätigt.
Gegen diese Entscheidung wand sich die Klägerin an das Europäische Gericht (EuG) und machte insbesondere geltend, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt habe, dass die einander gegenüberstehenden Marken begrifflich ähnlich seien.
Begriffliche Ähnlichkeit der Streitmarken
Die Klägerin argumentierte, die beiden Bestandteile „the“ und „time“ der angemeldeten Marke würden als Ganzes wahrgenommen, was eine erhebliche Wirkung habe und auf einen klaren und eindeutigen Begriff hinweise. Die ältere Marke TIMEHOUSE wiederum könne in zwei Wörter mit eindeutiger Bedeutung zerlegt werden, nämlich in time und house.
Doch der EuG wies dies zurück. Nach der Rechtsprechung habe der bestimmte Artikel – wie „THE“ – keinen Einfluss auf die Wahrnehmung einer Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise, erläuterte das Gericht. Und auch wenn die ältere Marke sich in „time“ und „house“ zerlegen lasse, bleibe doch die Tatsache bestehen, dass dieser Begriff als Ganzes betrachtet als solcher im Englischen nicht existiert und somit als ein erfundenes Wort erscheint.
Die Beschwerdekammer habe daher zu Recht festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in begrifflicher Hinsicht ähnlich sind, entschied das Gericht. Da sich die angefochtene angemeldete Marke auf den Begriff „Zeit“ in abstrakter Hinsicht beziehe und die ältere Marke auf die Idee der gemeinsamen Nutzung eines Hauses für bestimmte Zeiträume beinhalte, die gemeinhin als „Time Sharing“ bezeichnet wird. Angesichts des gemeinsamen Wortbestandteils „TIME“ mit klarem Bezug auf den Begriff „Zeit“ liegt daher durchschnittliche begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Marken vor, urteilte der EuG.
Gegenwirkungslehre: Paradebeispiel PICASSO
Die begriffliche Ähnlichkeit von Streitmarken hat eine besondere Bedeutung, des es gibt des Grundsatz der sogenannten Gegenwirkungslehre , im Englischen „counteraction theory“. Berühmt geworden ist dieser Grundsatz in der PICASSO Entscheidung von 2006, in dem das höchste Europäische Gericht (EuGH, C-361/04 P) urteilte über die Verwechslungsgefahr zwischen den Begriffen PICARO und PICASSO. Der EuGH erkannte den Grundsatz der Gegenwirkungslehre in darin an, so dass die bildlichen und klanglichen Ähnlichkeiten zwischen den Zeichen PICARO und PICASSO durch die begrifflichen Unterschiede zwischen diesen Zeichen neutralisiert wurden. Der EuGH begründete dies damals damit, dass PICASSO von den maßgeblichen Verkehrskreisen sofort als Name des berühmten Malers Pablo Picasso erkannt werde und daher einen eindeutigen und spezifischen Bedeutungsgehalt habe.
Im jetzigen Streit um die Wortmarke THE TIME sei die Fallkonstellation aber eine andere, stellte der EuG fest. Denn m den Grundsatz der „counteraction theory“ anwenden zu können, müssten die fraglichen Marken begriffliche Unterschiede aufweisen – und zwar ein besonders ausgeprägter und offensichtlicher begrifflicher Unterschied, betonte der EuG.
Doch vorliegend sei das nicht der Fall, erläuterte das Gericht, denn die Beschwerdekammer hatte zurecht festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Marken in begrifflicher Hinsicht einen durchschnittlichen Grad an Ähnlichkeit aufweisen, und zwar beide Marken.
Klage abgewiesen – Verwechslungsgefahr bestätigt
Daher bestehe keine Notwendigkeit, den Grundsatz der „Gegenübertragungstheorie“ anzuwenden, entschied der EuG und wies die Klage der Chatwal Hotels & Resorts LLC vollständig ab. Die Beschwerdekammer habe zu Recht festgestellt, dass hinsichtlich der fraglichen Dienstleistungen Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2017/1001 besteht.
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Quellen:
Text:
Urteil des EuG ‚Gegenwirkungslehre‘, EU:T:2021:147
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