Die Publisher des Modemagazins Vogue eröffneten während eines Widerspruchsverfahrens gegen eine ältere Marke ein Nichtigkeitsverfahren gegen diese Marke. Die Klägerin hatte ein Recht auf eine Erfolgsanalyse des Nichtigkeitsverfahrens in der Beurteilung des Antrags auf Aussetzung des Widerspruchsverfahrens, urteilte der EuG.
Nichtigkeitsverfahren als Antwort auf ein Widerspruchsverfahren zu eröffnen, ist eine durchaus übliche Methode, um in Markenrechtsverfahren erfolgreich zu sein. Klägerin Advance Magazine Publishers, Inc., unter anderem bekannt durch das berühmte Modemagazin Vogue, war so vorgegangen. Denn der Rechtsvorgänger der Streithelferin, Enovation Brands, Inc., hatte gegen die Markeneintragung der Wortmarke VOGUE Widerspruch eingelegt und sich auf die eigene ähnliche ältere Wortmarke VOGA berufen. Als diesem Widerspruch teilweise stattgegeben wurde, erhoben die Advance Magazine Publishers, Inc. (im Folgenden „Vogue Publisher“ genannt) ein Nichtigkeitsverfahren gegen die ältere Wortmarke Voga und beriefen sich darauf, die Marke Voga sei bösgläubig eingetragen worden, den Ruf der bekannten Marke Vogue ausnutzend. Gleichzeitig stellten die Vogue Publisher einen Antrag auf Aussetzung des Widerspruchsverfahrens bis zur Entscheidung über das Nichtigkeitsverfahren.
Mit Entscheidung vom 27. März 2018 in der Rechtssache R 259/2017-4 („die angefochtene Entscheidung“) wies die Beschwerdekammer des EUIPO jedoch den Antrag auf Aussetzung zurück und bestätigte die Entscheidung der Widerspruchsabteilung. Dagegen klagten die Vogue Publisher vor dem Europäischen Gericht (EuG).
Aussetzungsverfahren ist fakultativ
In seinem Urteil (EU:T:2019:406) stellte das Europäische Gericht zunächst klar, dass es keinen Anspruch darauf gibt, dass einem Antrag auf Aussetzung des Widerspruchsverfahrens stattgegeben wird. Vielmehr könne das Europäische Patent- und Markenamt (EUIPO) das Widerspruchsverfahren aussetzen – wenn eine Aussetzung den Umständen angemessen ist. Das Gericht wies darauf hin, dass es ein weites Feld des Ermessens gebe und das Aussetzungsverfahren fakultativ für die Beschwerdekammer bleibe.
Einen Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit einer Marke zu stellen, sei völlig unabhängig von einem parallelen Widerspruchsverfahren, urteilte der EuG. Bei Widerspruchsverfahren und Nichtigkeitsverfahren handelt es sich um zwei verschiedene und autonome Arten von Verfahren.
Recht auf Erfolgsanalyse zum Nichtigkeitsverfahren
Die Beschwerdekammer eine Aussetzung könne nicht allein deshalb ablehnen, weil das Nichtigkeitsverfahren gegen die ältere Marke im Widerspruchsverfahren während des Widerspruchsverfahrens eingeleitet wurde, präzisierte der EuG. Vermutet die Beschwerdekammer jedoch eine Verzögerungstaktik, könne sie den Antrag auf Aussetzung ablehnen.
Dennoch hat die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler in der Ablehnung des Aussetzungsantrags begangen, urteilte das Europäische Gericht. Denn die Beschwerdekammer ist verpflichtet, bei der Ausübung ihres Ermessens in Bezug auf einen Antrag auf Aussetzung ein Gleichgewicht zwischen den fraglichen Interessen herzustellen, verdeutlichte der EuG. Die Herstellung dieses Gleichgewichts erfordere auch, eine vorläufige Bewertung der Erfolgsaussichten des Nichtigkeitsverfahrens vorzunehmen und diese Bewertung zu berücksichtigen. Doch die Beschwerdekammer hatte sich geweigert, eine Prima-Facie-Analyse über die Erfolgsaussichten der Klägerin im Nichtigkeitsverfahren durchzuführen.
Daher bestätigte das EuG die Klage der Vogue Publisher und hob die angefochtene Entscheidung auf, mit der der Antrag auf Aussetzung des Widerspruchsverfahrens abgewiesen wurde.
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