Der Europäische Gerichtshof sieht keine Verwechslungsgefahr für die Deutsche Post AG und ihre geschützten älteren Marken POST, INFOPOST und ePOST durch die Markenanmeldung InPost. Die Begründung zeigt: wenn „in“ grammatikalisch nicht korrekt genutzt ist, dient es der Markendifferenzierung.
Der Sachverhalt

Die Deutsche Post AG musste vor dem Europäischen Gerichthof (EuG) eine empfindliche Niederlage hinnehmen. Der Gerichtshof erkannte weder eine Verwechslungsgefahr noch eine Ausnutzung der älteren bekannten Marken durch die EU-Bildmarkenanmeldung InPost, die im Juli 2012 von der in Polen ansässigen Firma Inpost sp. z o.o. (Verbis Alfa sp. z o.o., EasyPack sp. z o.o.) beim Amt für geistiges Eigentum der Europäischen Union (EUIPO) beantragt wurde. Im November 2012 legte die Deutsche Post AG dagegen Widerspruch ein und berief sich sowohl auf die nationale ältere Wortmarke „POST“ als auch auf die älteren EU-Bildmarken INFOPOST und ePOST.
Klagegrund 1: Verwechslungsgefahr in Bezug auf identische Dienstleistungen
Die Klägerin machte als ersten Klagegrund die Verwechslungsgefahr geltend zwischen der angemeldeten Marke und der älteren nationalen Wortmarke POST sowie zwischen der angemeldeten Marke und der älteren EU-Bildmarke INFOPOST in Bezug auf identische Dienstleistungen (Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 207/2009).
Die Klägerin konkretisierte ihren Vorwurf, der Bildbestandteil der angemeldeten Marke sei für die betreffenden Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig und das Wortbestandteil „in“ führe zu keinen wesentlichen Unterschieden zwischen den fraglichen Zeichen. Im Gegenteil sei gerade die Tatsache, dass eine spätere Marke ausschließlich aus einer älteren Marke und einem weiteren Wortbestandteil besteht, ein Hinweis darauf, dass die beiden Marken ähnlich sind. (Urteile vom 4. Mai 2005, Reemark/HABM – Bluenet (Westlife), T-22/04, EU:T:2005:160 Absatz 40 und vom 12. November 2008, ecoblue/HABM – Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (Ecoblue), T-281/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:489 Absatz 28). Dieses Argument wollte der EuGH nicht akzeptieren, schon gar nicht in dieser allgemein interpretierbaren Formulierung.
Post zwar ähnlich, aber „in“ macht den Unterschied
Das Gericht wies zunächst grundsätzlich darauf hin, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke in der Regel als Ganzes wahrnehme und keine Analyse ihrer verschiedenen Einzelheiten vornehme.
Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass die fraglichen Zeichen optisch, akustisch und begrifflich in gewissem Maße ähnlich seien, da sie das Wortbestandteil „Post“ teilten, sich aber durch das schwarz/gelbe Umschlagsymbol und das Wortbestandteil „in“ am Anfang der angemeldeten Marke unterschieden. Darüber hinaus sah die Beschwerdekammer optische Unterschiede durch die Anordnung der verschiedenen Elemente der strittigen Bildmarke.
Der EuG bestätigte diese Einschätzung. Dem Wortbestandteil „in“ werde zwar keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, da es sich um eine Präposition und ein Präfix handele, die in der deutschen Sprache allgegenwärtig sind und daher einen sehr geringen Grad an Unterscheidungskraft aufweisen. Allerdings wird das Wortelement „in“ in der angemeldeten Marke weder als Präposition noch als Präfix verwendet. Daher habe diese Kombination eine eher abstrakte Bedeutung, denn die Kombination der Elemente „in“ und „post“ sei für den deutschen Verbraucher grammatikalisch ungewöhnlich und werde nicht als Ausdruck mit Bedeutung wahrgenommen.
Das Wortbestandteil „in“ am Anfang des Wortbestandteils „inPost“ sei in der angemeldeten Marke sogar von besonderer Bedeutung, da sich das Wortelement „in“ im Gegensatz zum Begriff „post“ nicht auf die betreffenden Dienstleistungen beziehe und somit wesentlich zur Differenzierung der Marken beitrage.
Wortbestandteil „in“ und „info“ konzeptionell verschieden
Keine Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren EU-Bildmarke INFOPOST: Das Gericht sah auch keine Ähnlichkeit zwischen dem Wortbestandteil „in“ und „info“. Das Wortbestandteil „info“ am Anfang der älteren EU-Bildmarke INFOPOST werde von den maßgeblichen Verkehrskreisen als „Information“ verstanden, wodurch eine konzeptionelle Differenz zwischen ihr und der angemeldeten Marke gegeben sei.
Daher urteilte der EuG, dass die fraglichen Zeichen eine geringe Ähnlichkeit aufweisen, aber trotz des gemeinsamen Elements „Post“ erhebliche visuelle, akustische und konzeptionelle Unterschiede aufzeigen. Es bestehe keinerlei Verwechslungsgefahr in Bezug auf identische Dienstleistungen, daher werde der erste Klagepunkt abgewiesen.
Klagegrund 2: Unlautere Ausnutzung der bekannten älteren Marke
Mit dem zweiten Klagegrund erhob die Klägerin den Vorwurf, dass der gute Ruf der älteren Marke in unlauterer Weise ausgenutzt werde (Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung Nr. 207/2009).
Wann steht eine ältere Marke unter umfassenden Schutz?
Das Gericht bestätigte, dass das Element „Post“ aufgrund der Eintragung des Zeichens POST als ältere nationale Wortmarke eine eigenständige Unterscheidungskraft hat. Dies bedeutete aber nicht, dass dieses Element ein so hohes Maß an Unterscheidungskraft besitzt, dass es ein uneingeschränktes Recht auf Widerspruch gegen die Eintragung jeder späteren Marke mit diesem Element gibt.
Damit eine ältere Marke den umfassenderen Schutz gemäß Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung Nr. 207/2009 erhält, müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein:
- die ältere Marke, von der behauptet wird, dass sie einen guten Ruf hat, muss eingetragen sein
- müssen die ältere Marke und die angemeldete Marke identisch oder ähnlich sein
- muss in der Europäischen Union für eine ältere EU-Marke oder in dem betreffenden Mitgliedstaat für eine ältere nationale Marke bekannt sein
- muss die Benutzung der angemeldeten Marke zu der Gefahr der unlauteren Ausnutzung führen.
Dies wird unterschieden in drei verschiedene und alternative Risikoarten:-
- (i) dass die Benutzung der angemeldeten Marke ohne triftigen Grund der Unterscheidungskraft der älteren Marke abträglich wäre,
-
- (ii) der Wertschätzung der älteren Marke abträglich wäre oder
-
- (iii) die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzt.
-
Da diese Bedingungen kumulativ sind, reicht die Nichterfüllung einer dieser Bedingungen aus, um diese Bestimmung unanwendbar zu machen.
Der EuG betonte, dass alle Faktoren, die zwischen der angemeldeten Marke und der älteren nationalen Wortmarke POST zu beurteilen seien, bei Überprüfung der Verwechslungsgefahr zwischen diesen Marken geprüft worden seien. Der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und den Dienstleistungen sowie der Grad der Unterscheidungskraft der älteren nationalen Wortmarke POST seien aber als schwach angesehen worden. Darüber hinaus habe die Beschwerdekammer in ihrer Begründung der angefochtenen Entscheidung alle Aspekte des Wortes „Post“ berücksichtigt. Die Klägerin könne nicht die Verwendung des Begriffs „Post“ auf diejenigen Postdienste beschränken, die unter die ältere nationale Wortmarke POST fallen. Denn „Post“ sei auch ein deutscher Begriff mit letztlich weiter gefasster Bedeutung.
Auch der zweite Klagepunkt wurde daher abgewiesen. Der Europäische Gerichtshof wie die gesamte Klage der Deutschen Post AG ab.
Möchten auch Sie Ihre Markenrechte sichern?
Jeder Fall wird von uns individuell und sorgfältig betrachtet. Nutzen Sie doch noch heute einen unverbindlichen Rückruf-Termin mit uns!
Quellen:
Curia Europe: T:2018:384 Deutsche Post AG vs. EUIPO, Verbis Alfa sp. z o.o., EasyPack sp. z o.o.,
Bild:
3dman_EU /pixabay.com / CCO License
Mikali / pixabay.com / CC0-License
Schreiben Sie einen Kommentar