Trotz großer visueller und konzeptioneller Ähnlichkeit der beiden Bildmarken ‚B‘ widersprach der EuG der Verwechslungsgefahr für Lederwaren der Nizza-Klasse 18. Verwendungszwecke müssen in der Prüfung berücksichtigt werden – und grafische Stilisierung ist nicht unterscheidungskräftig.
In dem vorliegenden Fall drehte es sich um die Verwechslungsgefahr zwischen zwei Bildmarken ‚B‘, die beide ein ‚B‘ in stilisierter Form zeigen und Schutz für die Waren „Leder und Lederimitationen“ in der Nizza-Klasse 18 beanspruchen. Inhaberin der älteren internationalen Bildmarke ist die bugatti GmbH (Deutschland), Inhaberin der jüngeren Streitmarke und Kläger vor dem EuG ist Dan-Gabriel Pavel (Rumänien). Vor der Beschwerdekammer war Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen bestätigt worden. Kläger Pavel klagte daraufhin gegen die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Verwechslungsgefahr und machte sogar einen Ermessensmissbrauch der Beschwerdekammer geltend.
Der EuG prüfte daher das Vorliegen von Verwechslungsgefahr. Im ersten Schritt bestätigte das Gericht die Beurteilung des Grades der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise durch die Beschwerdekammer. Denn bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind nach Rechtsprechung die Verkehrskreise zu berücksichtigen, die den geringsten Grad an Aufmerksamkeit haben, erläuterte das Gericht.
Grafische Stilisierung ist nicht unterscheidungskräftig
Die grafische Stilisierung der beiden Bildmarken ‚B‘ könne zudem nicht als unterscheidungskräftiges oder dominierendes Element dieser Zeichen angesehen werden, urteilte der EuG. Beide Zeichen zeigten außerdem mit der Darstellung einer Blätterkrone oder eines Lorbeerkranzes ein üblicherweise als Laudationszeichen verwendetes Bildelement, das im vorliegenden Fall einer der einfachsten Stilisierungen entspricht und daher nicht besonders unterscheidungskräftig ist.
Es sei daher zurecht entschieden worden, dass die beiden Bildmarken ‚B‘ keine dominierenden Elemente enthalten.
Visuell und Begrifflich ähnlich bzw. identisch
Auch sei zurecht eine durchschnittliche visuelle Ähnlichkeit festgestellt worden. Zwar gebe es stilistische Unterschiede, die seien jedoch im Vergleich zu den Ähnlichkeiten von geringer Bedeutung, urteilte der EuG. Konzeptionell wiederum seien die beiden Zeichen identisch, denn wenn zwei Zeichen auf denselben Buchstaben des Alphabets verweisen, könne eine begriffliche Identität zwischen Zeichen bestehen. Und im vorliegenden Fall verweisen beide Bildmarken ‚B‘ durch das Vorhandensein eines Lorbeerkranzes auf die Idee einer häufig verwendeten Ehrenauszeichnung.
Vertriebskanäle und Verwendungszwecke
Es besteht auch kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den jeweils beanspruchten Waren, denn die von der jüngeren Streitmarke erfassten Waren „Leder und Lederimitationen“ sind Halbfertigprodukte und richten sich in erster Linie an ein Fachpublikum. Die von der älteren Marke erfassten „Waren aus Leder oder Lederimitationen“ der Klasse 18 dagegen sind für den Verkauf an Endverbraucher bestimmt.
Daher sei die Beschwerdekammer zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von der angefochtenen Marke erfassten Halbfertigprodukte „Leder und Lederimitationen“ der Klasse 18 in die von der älteren Marke erfassten Fertigwaren „Waren aus Leder und Lederimitationen“ der Klasse 18 einbezogen werden könnten.
Im Übrigen ergebe sich aus der zitierten Rechtsprechung, dass die bloße Feststellung, dass ein Erzeugnis für die Herstellung eines anderen verwendet werden kann, nicht ausreicht, um Ähnlichkeit zu begründen.
Daher ist dem ersten Klagegrund der Klägerin, mit dem ein Verstoß gegen Art. 60 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2017/1001 geltend gemacht wird, teilweise stattzugeben, urteilte der EuG, soweit die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt hat, dass für die von der angefochtenen Marke erfassten Waren „Leder und Lederimitationen; Häute und Felle von Tieren“ der Klasse 18 Verwechslungsgefahr bestehe.
Kein Ermessensmissbrauch der Beschwerdekammer
Zudem machte die Klägerin mit einem zweiten Klagegrund im Wesentlichen Ermessensmissbrauch der Beschwerdekammer geltend nach Art. 72 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2017/1001. Die Beschwerdekammer habe dadurch, dass sie die streitigen Zeichen insgesamt als hochgradig ähnlich angesehen habe, obwohl auf dem EU-Markt mehrere hundert Marken, die aus einem identischen Wortelement bestünden, nebeneinander existierten, ihre Befugnis missbraucht.
Der EuG wies diesen Klagepunkt zurück und erinnerte daran, dass ein Ermessensmissbrauch nur dann vorliege, wenn eine Entscheidung auf der Grundlage objektiver, relevanter und übereinstimmender Faktoren mit dem Ziel getroffen worden zu sein scheint, ein anderes als das angegebene Ziel zu erreichen. Das aber sei vorliegend keineswegs der Fall. Die die Beschwerdekammer habe eine umfassende und spezifische Prüfung der Verwechslungsgefahr durchgeführt, urteilte der EuG.
Die Entscheidung Beschwerdekammer vom 14. Dezember 2018 (verbundene Rechtssachen R 49/2018-1 und R 85/2018-1) wird daher mit heutigen Urteil (EU:T:2020:286) aufgehoben, soweit sie die Waren „Leder und Lederimitationen; Häute und Felle von Tieren“ der Nizza-Klasse 18 betrifft, entschied das Europäische Gericht und wies die Klage im Übrigen ab.
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