Das Bundespatentgericht (BPatG) hat vor kurzen in einem sehr interessanten Rechtsstreit, der bereits 2009 begann, ein Urteil gefällt: Das Logo des Kurierdienst-Unternehmens „EUROKURIER“ imitiert Elemente der EU-Flagge und verstößt damit gegen Artikel 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ). Doch wieso wird ein bereits seit Jahren registriertes Logo erst jetzt gelöscht?
Die eingetragene Wort-Bildmarke von EUROKURIER, ein seit über 10 Jahren im Raum München agierendes Kurierservice-Unternehmen, muss gelöscht werden – obwohl das Logo bereits seit 2009 im Markenregister eingetragen ist. Doch warum brauchte es sieben Jahre, um diesen Rechtsstreit zu beenden?! Eine Chronologie der Ereignisse:
Rückblick: Im Mai 2008 hatte die Eurokurier Verwaltungs GmbH ihre Wort-Bildmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt (kurz „DPMA“) eingereicht. Neun Monate wurde die Marke geschützt und ins Markenregister eingetragen. Bereits kurze Zeit später fechtete die Europäische Union bzw. die Europäische Kommission die Eintragung der Marke an und beantragte gemäß §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG die Löschung eben dieser.
Damaliger Löschungsantrag vor dem DPMA abgewiesen
Der ursprüngliche Löschungsantrag der Europäischen Kommission wurde von der Markenabteilung 3.4 des DPMA am 21. April 2010 zurückgewiesen. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Löschungsgrund wurde abgelehnt, da eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben sei. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es könne letztlich dahingestellt bleiben, ob die Marke das von der Antragstellerin angeführte Hoheitszeichen, ein sonstiges Kennzeichen oder eine heraldische (Heraldik = Wappenkunde) Nachahmung davon enthalte; denn vom Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 8 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 MarkenG würden gemäß § 8 Abs. 4 Satz 4 MarkenG nur Marken erfasst, die geeignet seien, beim angesprochenen Verkehr die irrige Vorstellung hervorzurufen, es bestehe eine Verbindung zur jeweiligen internationalen Organisation.
Könnte man eine Verbindung zwischen der EU und EUROKURIER vermuten?Entscheidend sei, wie das Zeichen in seiner Gesamtheit in Verbindung mit den konkret beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen vom angesprochenen Verkehr wahrgenommen werde. Im Falle der angegriffenen Marke trügen die grafischen Elemente, die sich nicht im Europaratskennzeichen fänden, maßgeblich zum Gesamteindruck bei. Der zu flügelförmigen Enden auslaufende Querbalken stelle sich als sehr auffällige und individuelle Gestaltung dar, die keinerlei Assoziationen zur EU oder einer ihrer Institutionen wachrufe. Zwar werde das EU-Symbol nicht nur in der bekanntgemachten Form verwendet, sondern auch in Kombination mit anderen Elementen.
Darüber hinaus argumentierte man, dass zwar auch die Verkehrspolitik in den Zuständigkeitsbereich der EU gehöre. Doch beschränke sich deren Tätigkeit auf politische Maßnahmen zur Öffnung der Märkte und zur Entwicklung von grenzüberschreitenden Verkehrssystemen, also auf übergeordnete Planungen und Zielvorgaben. Die Durchführung von Transport- und Kurierdienstleistungen beinhalteten diese Aufgaben hingegen nicht.
Das Bundespatentgericht stellt sich gegen das DPMA
Sechs Jahre später stellt sich die höchste Instanz des deutschen Patent- und Markenschutzes gegen die Entscheidung des DPMAs. Das BPatG argumentierte schlüssig und machte klar, dass sehr wohl der Anschein einer Verbindung zwischen der Europäischen Union und dem Logo von EUROKURIER erweckt werden könne. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist daher begründet!
Die Eintragung der Marke 30 2008 032 360 ist entgegen der im Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vertretenen Rechtsauffassung auf den gemäß §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 MarkenG zulässigen Löschungsantrag der Antragstellerin hin zu löschen, da die Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 Satz 1 MarkenG eingetragen worden ist und dieses Schutzhindernis auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Die angegriffene Marke stellt die Nachahmung eines Zeichens einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 Satz 1 MarkenG dar, welches die charakteristischen heraldischen Merkmale aufweist, die dieses Zeichen von anderen Zeichen unterscheidet.
Darüber hinaus ist auch der Wortbestandteil „EURO“ für eine Verwechslung geeignet: „EUROKURIER“ kann sowohl als Kurzform von „Europäischer Kurier“ als auch – sofern „EURO“ als Währungsbezeichnung aufgefasst wird – als Bezeichnung für einen Kurierdienst für EURO-(Geld-)Transporte verstanden werden. Beide Verständnismöglichkeiten legen sowohl dem Allgemein- als auch dem Fachverkehr zusammen mit der heraldischen Nachahmung der Europaflagge eine Verbindung mit europäischen Institutionen nahe.
Auch eine Kennzeichnung „in Teilen“ führt zur Löschung
Die Inhaberin der angegriffenen Marke verfügt nicht über eine Befugnis zur Verwendung des Emblems des Europarates und seiner Flagge, die auch Flagge der Europäischen Union ist, im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 MarkenG. Auch die Voraussetzungen der als Erlaubnisvorbehalt formulierten, Art. 6 ter Abs. 1 c) PVÜ entsprechenden Vorschrift des § 8 Abs. 4 Satz 4 MarkenG sind nicht gegeben.
Um der ungerechtfertigten Ausnutzung der Kennzeichen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen entgegenzuwirken, sind nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG nämlich nicht nur Marken vom Schutz ausgeschlossen, die ausschließlich aus solchen Kennzeichen bestehen, sondern auch solche, die entsprechende Kennzeichen als Bestandteil enthalten.
Die Tatsache, dass die angegriffene Marke neben der Darstellung eines Kreises mit zwölf fünfzackigen – 12 – Sternen weitere Bestandteile enthält, ist daher per se nicht geeignet, das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG auszuschließen.
Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG werden vom Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG auch Nachahmungen von Kennzeichen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen umfasst. Der Begriff „Nachahmung“ knüpft an den in Art. 6 ter Abs. 1 Buchst. a PVÜ enthaltenen Begriff der „Nachahmung im heraldischen Sinn“ an, der auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. h MarkenRL maßgeblich ist.
Damit ist zwar nicht jede einem Kennzeichen einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation oder einem Bestandteil eines solchen Kennzeichens ähnliche Darstellung schutzunfähig. Jedoch erfasst das Schutzhindernis des § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG auch Marken, die das Kennzeichen einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation stilisiert oder nur in Teilen verwenden, soweit die Marken charakteristische heraldische Merkmale aufweisen. Und genau diese charakteristischen, heraldischen Merkmale weist das Logo von EUROKURIER auf.
Auch die Behauptung, dass die EU nur auf bloßer Regulierungsebene (und nicht der gewerblichen Verkehrsebene) aktiv sei, wurde widerlegt: „[…]Er hat zudem u. a. eine EU-Gemeinschaftslizenz geschaffen, die zum grenzüberschreitenden und innerstaatlichen Transport des gewerblichen Güterkraftverkehrs in allen Ländern der EU berechtigt. Die Europäische Union selbst organisiert und finanziert zudem immer wieder Hilfstransporte in Katastrophen- und Krisengebiete und führt diese selbst mit eigenen oder angemieteten Fahrzeugen verantwortlich durch.[…]“
>> Das vollständige Urteil finden Sie in der Pressemitteilung des Bundespatentgerichts, hier.
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Quellen:
Text: Pressemitteilung Bundespatentgericht
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