Der EuGH urteilte Ende 2020 über die Berechnung der fünfjährigen Nichtbenutzung bei Widerklage mit Verfall einer Unionsmarke, eine Vorlagefrage des BGH. 2021 wurde der Beschluss öffentlich mit dem Zeitpunkt der Berechnung der 5-Jahre Nichtbenutzung.
Ausgangsverfahren aus Deutschland: Husqvarna gegen Lidl
Klägerin in diesem Verfahren ist die Firma Husqvarna (Schweden), ein Hersteller für Geräte der Garten- und Landschaftspflege. Sie ist Inhaberin der am 26. Januar 2000 unter der Nummer 456244 für die Ware „Bewässerungsspritze“ eingetragenen dreidimensionalen Unionsmarke. Die von der Klägerin jedenfalls bis Mai 2012 vertriebene Bewässerungsspritze entspricht der Klagemarke.
Beklagter ist Lidl (Deutschland), denn Lidl bot ab Juli 2014 bis Januar 2015 ein Spiralschlauch-Set, in dem die Klägerin eine Verletzung der eigenen Marke sah. Husqvarna erhob in Deutschland gegen Lidl eine Verletzungsklage u. a. auf Unterlassung und die Zahlung von Schadensersatz. Lidl seinerseits beantragte in einer Widerklage die Erklärung des Verfalls der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marke von Husqvarna wegen Nichtbenutzung der Marke.
Der BGH setzte das Verfahren auf Revision der Klägerin Husqvarna aus und legte dem EuGH die entscheidende Frage in Bezug auf den Benutzungszeitraum einer Marke zur Vorabentscheidung vor:
Wie berechnet sich die Fünfjährige Benutzung einer Marke bzw. ihre Nichtbenutzung bei Widerklage?
Vorlagefrage: Zeitpunkt der Berechnung
Der BGH sah dabei zwei Aspekte als erklärungsbedürftig an:
Ist bei der Berechnung auf den Zeitpunkt der Klageerhebung oder den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen?
Und ist im Fall einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke, die vor Ablauf des Zeitraums der fünfjährigen Nichtbenutzung erhoben worden ist, die Festlegung des Zeitraums für die Berechnung überhaupt von den Regelungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung sowie der Unionsmarkenverordnung Bezug erfasst?
Formal handelte es sich also um die Auslegung von Art. 51 Abs. 1 Buchst. A der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke und Art. 58 Abs. 1 Buchst. A der Verordnung Nr. 2017/1001. Denn im Bereich des Verfalls bestimmt zwar Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, dass die Unionsmarke u. a. auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt wird, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Aber der für die Berechnung dieses ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren maßgebliche Zeitpunkt wird nicht ausdrücklich angegeben in der Verordnung Nr. 207/2009.
Der EuGH beschäftigte sich mit diesem Fall direkt vor Weihnachten, am 17. Dezember 2020, allerdings wurde der Text mit berichtigtem Beschluss erst 2021 veröffentlicht.
Und das höchste Europäische Gericht antwortete mit Deutlichkeit und Klarheit auf die Vorlagefrage. Die Fragestellung weckte auch Europäisches Interesse. So haben die italienische Regierung und auch die Europäische Kommission in Erklärungen vorgetragen, die Begründetheit einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls wegen Nichtbenutzung einer Unionsmarke über einen Zeitraum von fünf Jahren dürfe nicht von der Dauer eines nationalen Verfahrens abhängen. Tatsächlich entspricht das Urteil des EuGH diesem Wunsch.
5-Jahre Nichtbenutzung ab Zeitpunkt der Erhebung der Klage
Der Zeitpunkt, zu dem festgestellt werden muss, ob der ununterbrochene Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung abgelaufen ist, der Zeitpunkt der Erhebung der betreffenden Klage, entschied der EuGH. Dies ergebe sich aus den Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009, die den Rahmen für die anwendbare Regelung bilden.
Denn wäre es anders, würde für diese Beurteilung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung herangezogen (so hatte im vorliegenden Fall das OLG Düsseldorf entschieden), würde dies den in dieser Verordnung vorgesehenen Wirkungen des Verfalls zuwiderlaufen, erläuterte der EuGH. Denn das würde dazu führen, dass der Verfall ab dem Zeitpunkt während des Verfahrens wirksam wird, zu dem die in Art. 51 Abs. 1 Buchst. a genannten Voraussetzungen erfüllt werden, obwohl diese Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage nicht erfüllt waren.
Folglich geht nach Ansicht des EuGH aus den Wirkungen des Verfalls hervor (wie sie in Art. 55 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehen sind), dass zum Zeitpunkt der Widerklage zu prüfen ist, ob der ununterbrochene Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung zu Ende ist. Die Klage könne nur Erfolg haben, wenn dieser Umstand zu diesem Zeitpunkt festgestellt worden ist.
Der EuGH betonte, dass sich seine Auslegung nur auf die Verordnung Nr. 207/2009 bezieht, nicht aber auf die Verordnung Nr. 2017/1001. Denn da im Ausgangsverfahren die Widerklage zu einem Zeitpunkt erhoben wurde, zu dem die Verordnung Nr. 207/2009 noch anwendbar war, sind die Vorlagefragen nur in Bezug auf diese Verordnung zu beantworten.
Der richtige Zeitpunkt im Fall einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke ist der Zeitpunkt der Erhebung dieser Klage, urteilte der EuGH in Bezug auf die EU Verordnung Nr. 207/2009.
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Quellen:
Urteil des EuGH Berechnung der 5-Jahre Nichtbenutzung bei Widerklage, EU:C:2020:1044
Bild:
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