Die friedliche Koexistenz von Marken in einem Teil der EU schließt Verwechslungen in anderen Mitgliedstaaten der EU nicht aus. Der Streit betraf die beiden irischen Butter- und Margarinemarken Kerrygold und Kerrymaid, wobei die Viehzuchtregion Kerry eine entscheidende Rolle spielte:
Kerrygold als Unionsmarke registriert – Kerrymaid als nationale Marke
Klägerin ist das irische Lebensmittelunternehmen Ornua Co-operative Ltd, das Butter und andere Milchprodukte vertreibt. Sein bekanntestes Produkt wird unter der Unionswortmarke Kerrygold vertrieben, die 1998 für Waren der Klasse 29 des Abkommens von Nizza registriert wurde. Die Klage richtete sich gegen die Firma Tindale & Stanton Ltd España SL, die unter der Marke Kerrymaid Margarine nach Spanien importiert und vertreibt. Die Margarine wird in Irland von der Kerry Group hergestellt, die Kerrymaid in Irland und Großbritannien als nationale Marke registriert hat.
Kerrygold und Kerrymaid – friedliche Koexistenz in UK und Irland
Zum Rechtsstreit kam es, weil die EU-Marke Kerrygold und die nationale Marke Kerrymaid in Irland und dem Vereinigten Königreich friedlich nebeneinander existieren – eine solche friedliche Koexistenz aber in dem Teil der Union fehlt, auf den sich die Verletzungsklage bezog, nämlich Spanien. Klägerin Ornua macht geltend, die Benutzung der Marke Kerrymaid durch Tindale & Stanton erfolge in Spanien ohne ihre Zustimmung und führe zu einer Verwechslungsgefahr und nutzt die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Marken ohne Begründung.
Das angerufene spanische Gericht stellte fest, dass die Ähnlichkeit zwischen der nationalen Kerrymaid-Marke und der EU-Wortmarke Kerrygold nur mit dem „Kerry“-Element zusammenhängt. „Kerry“ bezeichnet eine irische Grafschaft, die für ihre Viehzucht bekannt ist und somit eine Quelle der Herkunft ist und wies die Klage 2015 ab. Aufgrund der Tatsache, dass Kerrygold eine Unionsmarke ist, könne es überall in der EU keine Verwechslungsgefahr zwischen der EU-Marke Kerrygold und der nationalen Kerrymaid-Marke geben. Gegen diese Entscheidung legte Ornua Berufung ein.
Das spanische Gericht legte daher dem EuGH den Fall vor. Kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass aus der Tatsache, dass in einem Teil der Union eine bekannte Unionsmarke und ein Zeichen friedlich nebeneinander existieren, in einem anderen Teil der Union, in dem es diese friedliche Koexistenz nicht gibt, ein rechtfertigender Grund für die Benutzung dieses Zeichens besteht?
EuGH: Verwechslungsgefahr kann nicht für alle EU-Mitgliedstaaten impliziert werden
Das spanische Gericht dürfe sich nicht damit begnügen, seine Beurteilung auf die erwähnte friedliche Koexistenz in Irland und dem Vereinigten Königreich zu stützen, sondern müsse vielmehr eine umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände vornehmen, urteilte der EuGH. Denn wäre der Markeninhaber nur vor Beeinträchtigungen geschützt, die in der gesamten Union erfolgen, wäre es ihm unmöglich, sich Beeinträchtigungen zu widersetzen, die nur in einem Teil der Union erfolgen.
Die Verletzung einer EU-Marke bedeutet nicht in allen EU-Mitgliedstaaten eine Verwechslungsgefahr. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass in allen anderen Mitgliedstaaten keine Verwechslungsgefahr zwischen diesen Marken und diesem Zeichen besteht. Die Tatsache, dass eine Marke und ein nachfolgendes Zeichen in Teilen der EU friedlich nebeneinander bestanden haben, ist daher kein Grund für die Rechtfertigung der Benutzung der Marke.
Der EuGH argumentiert ferner, dass ein Gericht seine Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Land des Verstoßes gegen geografische, demografische und wirtschaftliche Gegebenheiten in anderen Mitgliedstaaten stützen kann. Aber nur insoweit, als sich diese Umstände zwischen den beiden Ländern nicht wesentlich unterscheiden.
In diesem Fall hätte der das spanische Gericht nachweisen müssen, dass zwischen dem Vereinigten Königreich und Irland und Spanien kein signifikanter Unterschied zwischen den Marktbedingungen und dem soziokulturellen Klima besteht. Der EuGH kommt jedoch zu dem Schluss, dass das Wort „Kerry“, das in Großbritannien und Irland als geografische Angabe verstanden wird, in Spanien nicht als solche verstanden werden kann.
Da die friedliche Koexistenz zwischen der Kerrygold-Marke und der Kerrymaid-Marke nur in Irland und im Vereinigten Königreich nachgewiesen wurde kam der EuGH zu dem Schluss, dass in Spanien eine Verwechslungsgefahr zwischen der Marke Kerrymaid und der in Spanien eingetragenen Marke Kerrygold besteht.
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