In einem Markenstreit um die Bildmarke Edison entschied der EuGH zur Auslegung der Begriffe in den Überschriften der Nizza-Klassifikation. In dem Markenstreit ging es um den Disput, ob elektrische Energie als – alternativer – Kraftstoff zu sehen ist.
Markenanmelderin und Klägerin Edison (Italien) ist ein Energieunternehmen mit Aktivität in ganz Europa. Lieferung, Produktion und im Verkauf von Strom und Gas, Energie- und Umweltdienstleistungen sowie in die Exploration und Produktion von Kohlenwasserstoffen gehören zum Leistungsspektrum.
Der Sachverhalt
2003 meldete das Unternehmen Edison die Unionsbildmarke Edison beim EUIPO an für alle Waren der Nizza-Klasse 4. Damals galt die 8. Auflage der Nizza-Klassifikation. Elektrizität wurde jedoch erst in der neunten Auflage der Nizzaer Klassifikation in die Klasse 4 aufgenommen, dies ist im Übrigen auch in der aktuellen Auflage so (die Version 2020 der 11. Ausgabe der Nizza-Klassifikation (NCL 11-2020), in Kraft getreten am 1. Januar 2020).
Unzulässige Erweiterung der beanspruchten, verzeichneten Waren
Im August 2013 wurde die Bildmarke Edison eingetragen. In 2015 dann reichte Edison beim EUIPO einen Antrag auf Eintragung eines Verzichts auf einen Teil der Waren der Nizza-Klasse 4 ein, für die die Marke eingetragen war. In der neuen Aufstellung der Waren, die Edison einreichte, wurde nun jedoch „Elektrische Energie“ beansprucht. Das EUIPO lehnte dies ab wegen unzulässiger Erweiterung der Liste der von der Anmeldung der Unionsbildmarke EDISON betroffenen Waren. Edison reichte Beschwerde dagegen ein und argumentierte, dass „Brennstoffe“ als in der alphabetischen Liste verzeichnete Ware der Klasse 4 und die Spezifikation in der Überschrift dieser Klasse „einschließlich Motorentreibstoffe“ sämtliches Material einschließlich nicht brennbares Material wie elektrische Energie umfasse, mit dem ein Motor angetrieben werden könne.
Begriff „elektrische Energie“ kam nicht vor in Überschriften der Nizza-Klassifikation
Doch auch die Beschwerdekammer lehnte die angestrebte Änderung der Waren ab. Insbesondere vertrat sie die Auffassung, dass die achte Ausgabe der Nizzaer Klassifikation den Begriff „elektrische Energie“ weder in den allgemeinen Angaben noch in der alphabetischen Liste der in Klasse 4 verzeichneten Waren aufgreife. Die von Edison vorgelegten Beweise seien unzureichend, um zu belegen, dass elektrische Energie bereits als „alternativer Kraftstoff“ zu den bei der Anmeldung der Unionsbildmarke EDISON betroffenen Waren der Nizza-Klasse 4 gehört habe. Außerdem beinhalte die Warenkategorie, die vom englischen Begriff „fuel“ (Kraftstoff) erfasst werde, nur brennbare Materialien, die für die Erzeugung elektrischer Energie verwendet werden könnten, nicht aber elektrische Energie selbst, die ein immaterielles Gut sei.
In gleichem Tenor urteilte auch das als nächste Instanz angerufene Europäische Gericht (EuG, T-471/17, Edison/EUIPO). Der EuG stellte fest, dass sich der Beweis der Nichteinbeziehung von elektrischer Energie (Strom) in die übliche und gewöhnliche Bedeutung der Überschriften der Nizza-Klassifikation der achten Auflage der Klassifikation von Nizza aus der Nennung des Erzeugnisses elektrische Energie in der vom EUIPO erstellten Grey-list für die Abgabe von Erklärungen ergebe.
Vor dem EuGH machte Edison entsprechend geltend, dass mit dieser Entscheidung die elektrische Energie von den Waren der Klasse 4 der achten Ausgabe der Nizza-Klassifikation zu Unrecht ausgeschlossen worden sei. Elektrische Energie sei schon damals ein alternativer Kraftstoff gewesen, dies sei auch mit Beweisen belegt. Zu bejahen, dass elektrische Fahrzeuge im Handel seien, und dann zu verneinen, dass die Wirtschaftsteilnehmer (d. h. die Hersteller dieser Fahrzeuge) elektrische Energie als alternativen Kraftstoff ansähen, widerspreche jeder Logik und führe zur Unsubstantiiertheit der Entscheidungen des EUIPO und des Gerichts.
Edison argumentierte, dass elektrische Energie sowohl nach Unionsrecht als auch nach innerstaatlichem Recht als Ware im Sinne von Art. 28 AEUV angesehen werde. Und Elektrische Energie sei seit Ende der 70er Jahre in der öffentlichen Debatte als „alternativer Kraftstoff“ angesehen worden.
Der EuGH wies diesen Rechtsmittelgrund direkt zurück, da Edison die genauen Punkte des angefochtenen Urteils, auf die sich ihr Vorbringen bezieht, nicht bezeichnet hatte. Denn Edison beanstandete in keiner Weise die Anwendung und Auslegung der Rechtsprechung durch das Gericht, begründete der EuGH die Abweisung des Rechtsmittelgrundes, und habe auch nicht nachgewiesen, dass die Herangehensweise des EuG in den beanstandeten Randnummern mit einem Rechtsfehler behaftet sei.
Auslegung der Begriffe in Überschriften der Nizza-Klassifikation
Dennoch führte der EuGH grundsätzlich seine Auslegung der Begriffe in den Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation aus. Edison hatte unter Berufung auf das Urteil vom 19. Juni 2012, The Chartered Institute of Patent Attorneys (C‑307/10, EU:C:2012:361) in Bezug auf „Gruppen“-Definitionen geltend gemacht, dass den allgemeinen Angaben in den Überschriften der Klassen der Nizzaer Klassifikation nicht „die bekannteste oder die erste in den Sinn kommende Bedeutung“ zu verleihen sei, sondern dass die Bedeutung dieser allgemeinen Angaben im Sprachgebrauch der Marktteilnehmer und -regulierer gesucht werden müsse.
Doch der EuGH widersprach. Dieser von Edison beanspruchte „funktionelle“ Ansatz sei zwar von Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache The Chartered Institute of Patent Attorneys entwickelt worden. In genau diesem Punkt aber ist der EuGH in seinem Urteil zu dem Fall dem Generalanwalt nicht gefolgt. Vielmehr hatte der EuGH schon damals geurteilt, dass Waren, für die Markenschutz beantragt wird, vom Anmelder so klar und eindeutig anzugeben sind, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des beantragten Markenschutzes bestimmen können.
Auch der Vorwurf von Edison, die Begründung des angefochtenen Urteils sei widersprüchlich, wurde als unbegründet vom EuGH zurückgewiesen. Auch wenn der EuG in seinem Urteil eingeräumt hat, dass teilweise oder vollständig mit elektrischer Energie betriebene Fahrzeugmodelle zum Zeitpunkt der Markenanmeldung bereits auf den Markt gebracht worden seien, habe das Gericht gleichwohl ebenfalls festgestellt, dass die Entwicklung von mit elektrischer Energie betriebenen Fahrzeugmodellen auf dem europäischen Markt „tatsächlich“ erst mehrere Jahre nach der fraglichen Anmeldung stattgefunden habe. Daher sei diese Beurteilung keineswegs widersprüchlich, urteilte der EuGH.
Die Klage von Edison wurde vollständig zurückgewiesen.
Suchen Sie Beratung oder eine Rechtsvertretung im Markenschutz?
Unsere Anwälte beraten Sie gerne. Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt zu uns auf – wir freuen uns auf Ihren Anruf!
Quellen:
Urteil des EuGH „Edison“ zu Überschriften der Nizza-Klassifikation, EU:C:2020:714
Bild:
Oimheidi | pixabay.com | CCO License
Schreiben Sie einen Kommentar