Nissan hat einen Markenstreit vor dem EuG verloren: vergeblich machte Nissan Verwechslungsgefahr geltend zwischen seinen älteren nationalen Marken E-POWER und der EU Marke VDL E-POWER – des Unternehmens VDL Groep BV. Ein Unternehmensname als unterscheidungskräftiges Element?
Vor dem Europäischen Gericht (EuG) wurde Ende 2021 ein interessanter Markenstreit verhandelt. Zum einen ist schon die Marke der Klägerin Nissan interessant in Zeiten von weltweitem Umbau auf elektrische Mobilität: es ist das Wortzeichen E-POWER.
Zum anderen aber ist auch die angefochtene Streitmarke VDL E-POWER fast gleich lautend; der einzige Unterschied liegt im Anklang des Unternehmensnamens der Markenanmelderin.
Der Sachverhalt
Im Mai 2018 meldete die VDL Groep BV (Niederlande) VDL E-POWER als Europäische Wortmarke an.
Gegen diese Markenanmeldung meldete Klägerin Nissan umgehend Widerspruch an. Nissan machte Verwechslungsgefahr geltend und berief sich auf die eigene Marke E-POWER. Dieses Wortzeichen hatte Nissan sowohl als UK Wortmarke (Nr. 3293755) wie auch als Französische Marke (Nr. 4431504) im Februar und März 2018 unter Schutz stellen lassen.
Im 24 October 2019 gab die Widerspruchsabteilung der Klage von Nissan auch statt, und zwar auf Basis der UK Wortmarke E-POWER. Diese Entscheidung wurde jedoch von der nachfolgend angerufenen Beschwerdekammer aufgehoben. Zwar sah die Beschwerdekammer die Streitmarken VDL E-POWER und E-POWER als klanglich, bildlich und begrifflich ähnlich. Da aber die Streitmarke VDL E-POWER zusätzlich den Bestandteil „vdl“ enthält, liege keine Verwechslungsgefahr vor, entschied die Beschwerdekammer.
Klägerin Nissan vor dem EuG
Nissan legte daraufhin Klage vor dem Europäischen Gericht (EuG) ein, das vor wenigen Wochen darüber entschied (November 2021, T‑755/20). Das Gericht wies zunächst einmal darauf hin, dass die Prüfung von Verwechslungsgefahr stets eine Einzelfallüberprüfung ist und alle relevanten Faktoren zu berücksichtigen sind. Dies umfasst auch die Bekanntheit der älteren Marke und den Grad ihrer originären oder durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft, erklärte das EuG (siehe auch EuGH, März 2011, Ferrero/HABM, C‑552/09 P).
Zudem würden Verbraucher ein Wortzeichen in Wortelemente zerlegen – wenn die Wortelemente für ihn eine konkrete Bedeutung haben oder die ihm bekannten Wörtern ähneln. Das würde sogar dann geschehen, wenn nur eines der Wortelemente einen Sinngehalt für den Verbraucher hat, erklärte das EuG und verwies auf die Rechtsprechung (RESPICUR, T-256/04, EU:T:2007:46, Randnr. 57).
E-POWER – wird als ‚elektrische Energie‘ verstanden
Und wie ist das zu sehen in Bezug auf den vorliegenden Fall?
Die Beschwerdekammer hatte festgestellt, dass der Bestandteil „e-power“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen als „elektrische Energie“ verstanden werde. Daher hatte sie diesem (in beiden Marken gleichen) Wortbestandteil nur geringe Unterscheidungskraft zugestanden, während sie das Element „vdl“ als unterscheidungskräftig sah.
Das EuG stimmte dieser Analyse zu. Der Wortbestandteil „e-power“ werde unmittelbar im Sinne von „elektrische Energie“ verstanden. Und aufgrund seines Zusammenhangs mit den beanspruchten Waren (insbesondere Fahrzeuge, Zubehör oder Teile von Fahrzeugen) besitze dieser Bestandteil daher allenfalls eine geringe Unterscheidungskraft.
Wortelement „vdl“ – Identität des Markeninhabers?
Das Wortelement „vdl“ sei tatsächlich durchschnittlich unterscheidungskräftig, bestätigte das EuG und erläuterte dies. Nissan hatte nämlich argumentiert, dass VDL der Anfang des Unternehmensnamens der Streithelferin ist, entsprechend die Identität der Gesellschaft, die Inhaberin dieser Marke sei und daher nicht unterscheidungskräftig.
Doch das EuG wies diese Argumentation zurück. Auch eine Unternehmensbezeichnung könne als Marke zur Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, erläuterte das Gericht (siehe Rechtsprechung vom September 2007, La Mer Technology/HABM – Laboratoires Goëmar [LA MER], T-418/03, nicht veröffentlicht).
Und analysiert man eine zusammengesetzte Marke (wie die Streitmarke), so erscheinen die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente dort als Bestandteile dieser Marke – und nicht als Erinnerung an den Firmennamen der Klägerin, erklärte das EuG.
VDL E-POWER im Gesamteindruck
„vdl“ sei daher ein unterscheidungskräftiges Wortelement – und zwar ein entscheidendes. Denn im Gesamteindruck, den die einander gegenüberstehenden Zeichen hervorrufen, habe dieses Element das größte Gewicht. Das zumindest ist nachvollziehbar – da es ja auch der einzige Unterschied ist zwischen den Marken VDL E-POWER und E-POWER.
Schlussendlich wies das EuG die Klage von Nissan vollständig ab und bestätigte die Entscheidung der Beschwerdekammer, die keine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden E-POWER Marken sah.
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Quellen:
EuG: Nissan E-POWER v VDL E-POWER, T‑755/20
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