Der Markenstreit um die Eintragung des Zeichens #darferdas wird seit Jahren durch alle Instanzen der deutschen Gerichte geführt. 2018 legte der BGH diese Frage dem EuGH vor. Jetzt wurde final entschieden: #darferdas ist in Deutschland zulässig als Marke für Bekleidung.
Das deutsche Patent- und Markenamt wies im November 2015 die Anmeldung der Wortmarke #darferdas? für Waren der Nizza-Klasse 25 (Bekleidungsstücke wie T-Shirts und Kopfbedeckungen) wegen fehlender Unterscheidungskraft zurück. Auch die im folgenden angerufenen Instanzen der deutschen Gerichte wiesen die Markenanmeldung zunächst ab.
Der schließlich mit diesem Fall befasste Bundesgerichtshof legte dies 2018 dem EuGH vor – wir berichteten. Anfang 2020 dann hob der BGH mit Verweis auf das EuGH Urteil die bisherige ablehnende Entscheidung des BPatG auf und urteilte mit einer Leitsatzentscheidung. Zutreffend zwar sei das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Warensektor abzustellen ist (vgl. BGH, GRUR 2018, 932 Rn. 18 – #darferdas? I, mwN; 11 12 13 – 7 – EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 24 und 33 – AS/DPMA [#darferdas?]).
BGH: alle wahrscheinliche Verwendungsformen relevant
Allerdings könne die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf einem Bekleidungsstück angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft des Bekleidungsstücks oder als bloßes dekoratives Element auffasst, nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren, erläuterte der BGH. Der Verkehr werde in Zeichen, die sich auf eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken befinden, regelmäßig einen Herkunftshinweis sehen, ergänzte das höchste deutsche Gericht.
Zwar könne gemäß dem EuGH Urteil die Prüfung der Unterscheidungskraft nur in den Fällen auf die wahrscheinlichste Verwendung der angemeldeten Marke beschränkt werden, in denen in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart praktisch bedeutsam ist – das aber gelte für sämtliche wahrscheinliche Verwendungsformen. Konkret gebe es neben einer dekorativen Verwendung auch andere praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten einer Verwendung des Zeichens #darferdas, erklärte der BGH, beispielsweise auf dem Etikett eines Kleidungsstücks.
Leitsatzentscheidung #darferdas
Es gelten laut BGH folgende Leitsätze:
Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden.
Die Prüfung der Unterscheidungskraft kann nur in den Fällen auf die wahrscheinlichste Verwendung der angemeldeten Marke beschränkt werden, in denen in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart praktisch bedeutsam ist und der Anmelder keine konkreten Anhaltspunkte geliefert hat, die eine in der fraglichen Branche unübliche Verwendungsart in seinem Fall wahrscheinlich machen.
Im maßgeblichen Bekleidungssektor jedenfalls habe es zum Anmeldezeitpunkt keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte dafür gegeben, dass das Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen bei einer Verwendung auf dem Etikett nur als solches und nicht als Herkunftshinweis verstanden worden ist, urteilte der BGH und hob die bisherige ablehnende Entscheidung des BPatG auf. Der Fall wurde vom Gericht erneute an das BPatG zurückverwiesen.
Und nun hat das BPatG final in diesem Fall entschieden: es schließt sich den Ansichten des BGH an und hob die ablehnende Markenentscheidung des DPMA auf. Im Gegensatz zu der nachweisbar rein dekorativen Verwendung von Hashtags auf der Vorderseite von T-Shirts und auf dem Schirm von Kappen, war es im Anmeldezeitpunkt (November 2015) nicht üblich, Hashtags im Innen- oder Außenetikett, an der Innennaht eines Kleidungsstücks, auf Anhängern, sog. Hangtags, oder Aufnähern, auf der Innenseite einer Kappe oder im Inneren eines Schuhs lediglich zu dekorativem Zweck zu verwenden, entschied das Bundespatentgericht.
Dem Anmeldezeichen könne nach alledem im beschwerdegegenständlichen Umfang das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Und da das Zeichen „#darferdas?“ keine beschreibende Angabe darstellt, liegt auch kein Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor.
Quellen:
BPatG – #darferdas, 29 W (pat) 537/20
BGH – #darferdas, Januar 2020, I ZB 61/17
Bild: eigene Gestaltung
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