Die Form einer Schuhsohle des Converse Herstellers All Star CV wurde als 3D Marke für Schuhe vom EuG für nichtig erklärt. Das Gericht erkannte Screenshots des Online-Shops Zalando als Nachweis bekannter Tatsachen an– die strittige Sohle wurde dem Verbraucher dort von Anfang an nicht präsentiert.
Klägerin in diesem Fall ist der amerikanische Schuhherstellers All Star CV, berühmt für seine Converse Sneaker. Im Januar 2010 war eine 3D-Marke des Converseherstellers beim Europäischen Markenamt (EUIPO) für die Europäische Union eingetragen worden. Diese Markeneintragung zeigte ein 3-D Muster aus einer Schuhsohle, das für die Nizza-Klassen Klasse 17 (Gummi und Gummiartikel), Klasse 25 (Schuhe und Teile und Komponenten davon) und Klasse 35 (Einzelhandelsdienstleistungen und Online-Einzelhandelsdienstleistungen für Schuhe) eingetragen wurde.
Im März 2011 reichte die Streithelferin Carrefour Hypermarkets beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Marke ein. Das EUIPO lehnte die Nichtigkeitserklärung für die Klassen 17 und 35 ab, erklärte die Marke aber für die Nizza-Klasse 25 für nichtig. Die daraufhin angerufene Beschwerdekammer des EUIPO bestätigte die Nichtigkeit der angefochtenen Marke für Waren der Klasse 25. Die Beschwerdekammer vertrat die Auffassung, dass die von der Klägerin vorgelegten Beweise nicht nachgewiesen hätten, dass die Form der fraglichen Sohle von der Klägerin als Herkunftsindikator verwendet worden sei. Die Form der strittigen Sohle sei eine einfache Variante der bei anderen Sohlenformen üblichen Merkmale. Beispiele für Sohlen mit einfachen erhabenen Mustern für Schuhe, insbesondere für Sport- und Freizeitschuhe, seien üblich und erfüllten andererseits eine technische Funktion.
All Star CV klagt gegen Entscheidung aufgrund bekannter Tatsachen
Die Klägerin All Star CV machte gegen diese Entscheidung geltend, dass die Beschwerdekammer gegen die Bestimmungen von Artikel 76 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen habe, soweit sie ihre Entscheidung auf bekannte Tatsachen gestützt habe. Vor allem sei den von All Star CV vorgelegten Beweismitteln nicht genügend Gewicht verliehen worden, da sie nicht als Sachverständigengutachten im Sinne von Artikel 78 der Verordnung Nr. 207/2009 gestuft wurden. Zusätzlich berief sich die Klägerin auf eine Gültigkeitsvermutung ihrer Marke.
Diese Gültigkeitsvermutung gestand der EuG in seinem Urteil (EU:T:2019:210) der Klägerin zu: die Marke der Europäischen Union gelte als gültig, bis sie von der EUIPO nach einem Nichtigkeitsverfahren für ungültig erklärt wird. Dies sei die logische Konsequenz der vom EUIPO im Rahmen der Prüfung eines Registrierungsantrags durchgeführten Kontrolle. Diese Annahme der Gültigkeit schränke jedoch die in Artikel 76 Absatz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 enthaltene Verpflichtung der EUIPO ein, von Amts wegen die relevanten Tatsachen zu prüfen. Der EUIPO habe zur Prüfung der relevanten Tatsachen nicht nur die Nachweise zu berücksichtigen, die von dem Nichtigkeitsantragsteller vorgelegt werden, sondern auch die bekannten Tatsachen, die vom EUIPO im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens festgestellt wurden. Es sei Sache der Person, die den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit gestellt hat, bei der EUIPO die konkreten Elemente anzufechten, die ihre Gültigkeit in Frage stellen würden.
Screenshots des Online-Shops Zalando gelten als bekannte Tatsachen
Konkret bestätigte der EuG den Nachweis der bekannten Tatsachen, auf deren Grundlage die Beschwerdekammer entschieden hatte. Es handelt sich um Screenshots der Website des Online-Shops Zalando. Da die Sohle dem Verbraucher von dort Anfang an nicht präsentiert wurde, lehnte die Beschwerdekammer die strittige Marke als Indikator für die Herkunft der betreffenden Waren ab. Der EuG erinnerte daran, dass es sich bei Tatsachen, die einer Person wahrscheinlich bekannt sind oder die aus allgemein zugänglichen Quellen bekannt sind, um sogenannte berüchtigte Tatsachen handele. Das einzige relevante Kriterium für die Beurteilung der vorgelegten Beweise sei ihre Glaubwürdigkeit. Konkret Internetseiten seien als allgemein zugängliche Quellen und daher bekannte Tatsachen im Sinne der in Rechtsprechung zu qualifizieren, sofern die betreffenden Informationen nicht als hochtechnisch eingestuft werden. Dies sei bei der strittigen Schuhsohle der Fall.
Das Gericht wies in seinem Urteil darauf hin, dass es sich bei der Kernaussage der Beschwerdekammer – die Form der strittigen Sohle sei eine einfache Variante der bei anderen Sohlenformen üblichen Merkmale – um Schlussfolgerungen handele, die aus der Praxis gezogen werden können, ohne dass andere gegenteilige Beweise vorliegen. Auch war die Beschwerdekammer nicht verpflichtet, die Ansichten der Parteien des vorangegangenen Verfahrens einzuholen. Zwar fordere die Beschwerdekammer die Parteien während der Prüfung der Beschwerde so oft wie nötig auf, innerhalb einer von ihr festzulegenden Frist ihre Bemerkungen zu den von ihr übermittelten Mitteilungen oder zu den Mitteilungen der anderen Parteien abzugeben.
Von der Beschwerdekammer von sich aus erhobenen Beweismittel wie die Screenshots des Zalandoshops stellten jedoch eine bekannte Tatsache dar und gelten damit jeder Person als bekannt. Unter diesen Umständen könne sich die Klägerin nicht wirksam auf ein Recht berufen, in Bezug auf diese Beweismittel gehört zu werden.
Daher wies der EuG die Klage von Converse Hersteller All Star CV ab und bestätigte die Nichtigkeit des 3-D Musters in Form einer Schuhsohle für die Nizza-Klasse 25.
Eintragung einer Schuhsohle schon vom EuGH abgelehnt
Ganz grundsätzlich wies der EuG auch noch auf eine Problematik für die Eintragung von 3D Marken hin. Die Verbraucher seien es nicht gewohnt, die Herkunft von Waren aufgrund ihrer Form oder Verpackung anzunehmen, wenn keine grafischen oder textlichen Elemente vorhanden sind. Daher könne es schwieriger sein, bei einer solchen dreidimensionalen Marke Unterscheidungskraft zu erlangen als bei einer Wort- oder Bildmarke. Dies wurde so auch schon vom höchsten Europäischen Gericht (EuGH) entschieden. Ein 3-D Muster aus sich kreuzenden Wellenlinien kann nicht als Bildmarke geschützt werden, urteilte der EuGH im September 2018 – wir berichteten. Auch dort sollte das Muster einer Schuhsohle als 3D Marke geschützt werden.
Möchten auch Sie Ihre Marke oder ihren Markennamen schützen?
Unsere Anwälte beraten Sie gerne. Nehmen Sie bei Interesse noch heute Kontakt auf – wir freuen uns auf Ihren Anruf!
Quellen:
Urteil EuG „3D Marke Schuhsohle“ EU:T:2019:210 (in Französisch)
Bild:
Schreiben Sie einen Kommentar