Ein interessanter Fall von Verwechslungsgefahr wurde vor dem EuG entschieden: im Markenstreit Cimpress vs. Impress wurde die Ähnlichkeit der Zeichen in polnischer Sprache geprüft, obwohl die Streithelferin hauptsächlich in Deutschland tätig ist und beide Parteien deutschsprachig agieren im Bereich Foto- und Druckerzeugnisse.
Widerspruch gegen Markeneintragung ‚Cimpress‘
In dem Fall von Verwechslungsgefahr handelte es sich um einen Widerspruch gegen die Markenanmeldung der jüngeren Unionswortmarke Cimpress. Klägerin Cimpress Schweiz GmbH (Schweiz) hatte die Streitmarke 2014 angemeldet. Widerspruch dagegen erhob die Impress Media GmbH (Deutschland), machte Verwechslungsgefahr geltend und berief sich auf die eigene ältere Unionsbildmarke p* impress, sowie die ältere deutsche Wortmarke Impress-Media. Die von der Marke Cimpress beanspruchten Waren und Dienstleistungen waren ähnlich bzw. identisch zu denen der älteren Marken, beide im Bereich von Foto- und Druckerzeugnissen.
Die Beschwerdekammer gab in der angefochtenen Entscheidung vom Oktober 2018 dem Widerspruch in großen Teilen statt. Besonders umstritten waren zwischen den Parteien die Waren und Dienstleistungen der Nizza-Klassen 35 und 42, hier insbesondere „Einzelhandel und Online-Einzelhandel“ der Klasse 35, sowie „Online-Softwaretools für den Entwurf und die Bestellung von elektronischen und gedruckten Erzeugnissen“ der Klasse 42. Die Beschwerdekammer hatten in diesen Bereichen dem Widerspruch gegen die Marke Cimpress stattgegeben.
Dagegen klagte Cimpress vor dem Europäischen Gericht (EuG) und machte einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 geltend. Zum einen habe sich die Beschwerdekammer bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen geirrt, und zum anderen habe sie bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr Fehler begangen. Außerdem habe die ältere Unionsbildmarke nur durch ihr Bildelement das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft. Das Wortelement „impress“ dieser älteren Marke sei insgesamt nicht unterscheidungskräftig.
Ähnlichkeit der Zeichen und Verwechslungsgefahr
Das Gericht erläuterte zunächst, die Unterscheidungskraft eines Bestandteils einer zusammengesetzten Marke werde bereits im Stadium der Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen geprüft. Der Grad der Unterscheidungskraft der älteren Marke wiederum ist eines der Elemente, die im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind, führte der EuG aus, als nur nur einer der dabei zu berücksichtigenden Faktoren. Selbst wenn es also um eine ältere Marke mit schwacher Unterscheidungskraft geht, könne Verwechslungsgefahr vorliegen.
Ähnlichkeit der Zeichen in polnischer Sprache geprüft
Doch besonders interessant in diesem Fall ist die Tatsache, dass nach Ansicht der Beschwerdekammer zur Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen von der Perspektive des polnischsprachigen Teils des relevanten Publikums auszugehen war; die Begriffe „impress“ und „cimpress“ seien für den polnischsprachigen Teil des relevanten Publikums bedeutungslos. Die Klägerin Cimpress machte stattdessen geltend, dass der Begriff impress zum englischen Grundwortschatz gehöre, dass zudem die polnische Bevölkerung sehr gut englisch spreche, und auch die Bedeutung des Wortelements „impress“ mit Bezugnahme auf Druckerzeugnisse sei dem maßgeblichen Verkehr bekannt.
Zudem komme es zur Fehlmonopolisierung bestimmter Begriffe der englischen Sprache, obwohl sie in bestimmten Mitgliedstaaten beschreibend oder nicht unterscheidungskräftig seien, wenn die Beschwerdekammer einfach beliebig einen kleinen Teil der Union als relevantes Publikum auswähle. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Ähnlichkeit der Zeichen aus der Perspektive des deutschsprachigen Publikums geprüft werden müssen, da die Streithelferin Impress hauptsächlich in Deutschland tätig sei.
Dieses Argument wies der EuG entschieden zurück und zitierte Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001. Für die Ablehnung der Eintragung einer Unionsmarke reiche es demnach aus, dass nur in einem Teil der Union ein relatives Eintragungshindernis besteht, machte der EuG deutlich. Dies sei eine Folge der Einheitlichkeit der Unionsmarke. In diesem Zusammenhang sei es unerheblich, dass die Streithelferin hauptsächlich in Deutschland tätig ist, da das Ziel der EU Verordnung 2017/1001 gerade darin bestehe, es den Unternehmen zu ermöglichen, ihre Tätigkeiten an die Dimensionen des Unionsmarkts anzupassen und auch über das nationale Hoheitsgebiet hinaus ohne Rücksicht auf Grenzen auszudehnen.
Die Widerspruchsabteilung und die Beschwerdekammer sind daher sogar verpflichtet zu prüfen, ob zumindest für einen Teil der Union Verwechslungsgefahr besteht – ohne sich auf ein spezielles nationales Hoheitsgebiet einzuschränken. Es handele es sich also keineswegs um eine Fehlmonopolisierung, und der polnischsprachige Publikumsverkehr sei zurecht als der maßgebliche für die Prüfung der Ähnlichkeit der Zeichen ausgewählt worden, urteilte der EuG.
‚impress‘ und ‚cimpress‘ in Polnisch bedeutungslos
Es blieb also die Frage zu klären, ob die Begriffe „impress“ und „cimpress“ für den polnischsprachigen Teil des relevanten Publikums bedeutungslos sind. In diesem Zusammenhang bestätigte der EuG den polnischsprachigen Europäern sehr gute Englischkenntnisse. Polen gehöre zu den Ländern der Welt, die im Englischen ein hohes Niveau an Sprachkenntnissen aufweisen, nämlich 62,45 Punkte, erläuterte das Gericht.
Dennoch könne nicht davon ausgegangen werden kann, dass der englische Begriff „impress“ zum englischen Grundwortschatz gehört, schränkte der EuG ein. Zudem sei der englische Begriff, der gewöhnlich verwendet wird, wenn von „drucken“ die Rede ist, nicht „to impress“, sondern „to print“. Die Klägerin hatte auch keinerlei Beleg erbracht für die Bedeutung des Wortelements „impress“ mit Bezugnahme auf Druckerzeugnisse. Die Entscheidung der Beschwerdekammer sei daher richtig gewesen, dass die Begriffe „impress“ und „cimpress“ in Polen bedeutungslos seien, der der begriffliche Vergleich der Zeichen falle daher neutral aus, erläuterte das Gericht. Auch sei die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer fehlerfrei, dass das Wortelement „impress“ daher eine mittlere Unterscheidungskraft für den maßgeblichen polnischsprachigen Verkehr aufweist.
Hochgradige bildliche und klangliche Ähnlichkeit
Im Übrigen weisen die Zeichen hochgradige bildliche Ähnlichkeit auf, weil der Begriff „impress“ der älteren Unionsbildmarke vollständig in der angemeldeten Marke enthalten sei, ebenso bestehe eine sehr hohe klangliche Ähnlichkeit, entschied der EuG. Das Vorhandensein des Buchstabens „c“ am Anfang der angemeldeten Marke reiche für sich allein nicht, um jegliche klangliche Ähnlichkeit auszuschließen, erklärte das Gericht.
Und da die Streitmarken lediglich zwei geringfügige Unterschiede aufweisen, nämlich den Buchstaben „c“ am Anfang des Wortes „cimpress“ und das Bildelement „p*“ über dem Wort „impress“ in der älteren Marke, führten beide Marken in bildlicher Hinsicht zu einem insgesamt ähnlichen Eindruck.
Folglich wies der EuG die Klage in vollem Umfang ab.
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