Eine bahnbrechende Entscheidung über Äquivalente hat das Recht der Patentverletzung in Großbritannien erheblich verändert: Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs (UKSC) hat im Juli sein Urteil in der Rechtssache Actavis UK Limited und andere gegen Eli Lilly and Company ([2017] UKSC 48) veröffentlicht. Der UKSC bestätigte Lillys Berufung und entschied, dass die Produkte von Actavis das Patent von Lilly direkt verletzen.
Es ist ein Urteil nach einer langjährigen Auseinandersetzung und hat internationale Auswirkungen. Denn Actavis hat eine Erklärung zu den britischen, französischen, spanischen und italienischen Bezeichnungen von Lillys Patent beantragt. Die Zuständigkeit der englischen Gerichte, solche Erklärungen in Bezug auf die ausländischen Bezeichnungen abzugeben, war bereits früher vor Gericht bestätigt worden. Der Fall befasst sich mit grundlegenden Aspekten des Patentrechts, wie es in Großbritannien und Europa angewandt wird, einschließlich Äquivalenten zu den patentierten technischen Lösungen.
Grundlegende Aspekte des Patentrechts in Bezug auf Äquivalente
Pharmahersteller Eli Lilly ist Inhaber eines Patents, das die Verwendung von Pemetrexed Dinatrium bei der Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Krebs behauptet. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war Pemetrexed und seine pharmazeutisch wirksamen Salze in verschiedenen Ländern, unter anderem auch in Deutschland, durch der Klägerin auf der Grundlage des vorbezeichneten Patents erteilte ergänzende Schutzzertifikate geschützt. In der Patentschrift wird Pemetrexed Dinatrium in Kombination mit Vitamin B12 und deren pharmazeutischen Derivaten genannt. Die von Actavis vorgeschlagenen Produkte unterschieden sich nur in Bezug auf die Salzform des pemetrexed Dinatriums.
Actavis beantragte eine Erklärung über die Nichtverletzung seiner vorgeschlagenen Produkte, bei denen
(A) pemetrexed Disäure,
(B) pemetrexed Ditromethamin,
oder (C) pemetrexed Dikalium
anstelle von pemetrexed Dinatrium verwendet wurden.
Klägerin Lilly machte geltend, dass das Klagepatent durch eine Verabreichung von Pemetrexeddikalium, Pemetrexedditromethamin oder Pemetrexeddisäure in Kombination mit Vitamin B12 wortsinngemäß, jedenfalls aber äquivalent verletzt werde.
Widersprüchliche Urteile zu dem Fall vor Deutschen Gerichten
Bereits 2014 stellte das Düsseldorfer Landgericht fest, dass Lillys Patente durch Actavis verletzt wurden. Allerdings wurde dieses Urteil 2015 vor dem OLG Düsseldorf revidiert und sah keine Patentverletzung gegen Lillys Patent. Im schlussendlichen Urteil des BGH zu diesem Fall (BGH, Urteil vom 14.06.2016, X ZR 29/15 – Pemetrexed ) wurde aber doch auf Patentverletzung durch Actavis entschieden und die Entscheidung des OLG Düsseldorf revidiert. Der Umstand, dass der Anspruch auf ein konkretes Antifolat, nämlich Pemetrexeddinatrium, gerichtet sei, sei keine Auswahlentscheidung gegenüber im Patent nicht ausdrücklich genannten anderen Antifolaten. Wenn sich der Patentinhaber aus Gründen der Klarheit oder zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung auf einen bestimmten Stoff beschränke, dann könne darin keine Auswahlentscheidung gegenüber einer anderen Ausführungsform liegen, so der BGH. Actavis hatte das deutsche Patent aufgrund der deutschen Verhandlung aus dem britischen Rechtsstreit entfernt.
Entscheidung des High Court zog Berufung beider Parteien nach sich
Der High Court entschied, dass keines der Actavis-Produkte Lillys Patent in Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien verletzen würde, weder direkt noch indirekt. Das Berufungsgericht ([2015] EWCA Civ 555 und 556) hatte Lillys Berufung teilweise mit der Begründung zugelassen, dass es sich um eine mittelbare, aber nicht um eine unmittelbare Verletzung handeln würde. Beide Parteien erhielten die Erlaubnis, beim Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs (UKSC) Berufung einzulegen – machten davon auch Gebrauch. Lilly legte daher in der Frage der direkten Zuwiderhandlung Berufung ein und Actavis legte gegen die indirekte Zuwiderhandlung Berufung ein.
UKSC überprüfte die einschlägige Rechtsprechung zu „Äquivalenten“
Der Oberste Gerichtshof verwies auf bekannte Fälle wie Kirin-Amgen Inkl gegen Hoechst Marion Roussel Ltd ([2005] RPC 9). In diesem Fall wurde entschieden, dass eine Verletzung im Sinne der Klage zu sehen sei. Wurde festgestellt, dass die Sprache des Anspruchs von einem Fachmann nicht auf das angebliche Äquivalent ausgedehnt wird, ist dies kein Verstoß. Nun hat der UKSC erklärt, dass das Problem des Verstoßes am besten angegangen wird, indem man sich mit den folgenden zwei Fragen befasst und sich mit den Augen eines Fachmanns auseinandersetzt:
- Verletzt die Variante einen der Ansprüche im Rahmen der normalen Auslegung; und wenn nicht,
- Verletzt die Variante dennoch, weil sie von der Erfindung in einer Art und Weise abweicht, die unwesentlich ist?
UKSC sieht Patentverletzung von Lillys Patent
Die Beurteilung des Schutzumfangs eines Patents ist ein zweistufiges Verfahren: erstens, was der Patentanspruch bedeutet, und zweitens, ob eine Variante durch Gleichwertigkeit verletzt wird.
Die veröffentlichten Gründe für die Entscheidung des UKSC erklären die Entscheidung des Gerichts. Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs machte klar: Nach den üblichen Auslegungsgrundsätzen verletzen die Actavis-Produkte das Patent nicht. Aber schlussendlich erreichten die Äquivalente von Actavis aber im Wesentlichen das gleiche Ergebnis wie Lillys Medikament. Somit verletzen Actavis Produkte dann doch direkt das Lilly Patent.
Außerdem sei es sehr unwahrscheinlich, dass ein Fachmann vermutet hätte, dass der Patentinhaber beabsichtigt hätte, andere pemetrexed Salze als pemetrexed Dinatrium vom Schutzumfang auszuschließen. Die Entscheidung macht auch deutlich, dass die Beurteilung des Schutzumfangs eines Patents ein zweistufiges Verfahren ist: der wortsinngemäße Patentanspruch einerseits und andererseits die mögliche Verletzung einer Variante durch Gleichwertigkeit.
Der UKSC bestätigte Lillys Berufung und entschied, dass die Produkte von Actavis das Patent von Lilly direkt verletzen.
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Quellen:
Judgement of UK Supreme Court, [2017] UKSC 48
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