Eine online gekaufte Matratze kann auch ohne Schutzfolie im Widerruf zurückgegeben werden, urteilte der EuGH. Eine Matratze gehört nicht zu den versiegelten Waren, die aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind.
Update vom 3. Juli 2019:
Der BGH folgt dem Urteil des EuGH: Kunden können ausgepackte Matratzen zurücksenden – auch ohne Schutzfolie.
In seiner Pressemitteilung am 3. Juli 2019 gab der BGH sein Urteil VIII ZR 194/16 bekannt. Verbraucher können eine im Internet gekaufte Matratze auch dann noch an den Händler zurückgeben, wenn sie die Schutzfolie entfernt haben. Wie der EuGH urteilte nun auch der BGH, dass für Matratzen gleiche gelte wie für Kleidung: sie können zwar beim Ausprobieren in Körperkontakt kommen, dies sei aber möglich zu reinigen für die Händler. Damit könne auch eine aus der Schutzfolie ausgepackte Matratze noch weiterverkauft werden.
Onlinekauf einer Matratze und Widerruf
Im November 2014 bestellte Herr Sascha Ledowski zu privaten Zwecken über die Website von Klägerin slewo eine Matratze. Er machte von seinem Widerruf Gebrauch – allerdings hatte er zu dem Zeitpunkt schon die Schutzfolie von der Matratze entfernt. Slewo lehnte die Rücknahme ab und berief sich auf eine Vertragsklausel, nach der das Widerrufsrecht für versiegelte Waren aus Hygienegründen erlösche, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
Der BGH sah als entscheidend in dem vorliegenden Fall an, ob Matratzen im Sinn der entsprechenden EU Verordnung als versiegelte Waren mit eingeschränkten Widerrufsrecht zu sehen sind. Das Vorabentscheidungsersuchen des BGH bat daher um die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. k und von Art. 16 Buchst. e der Richtlinie 2011/83/EU und die dort beschriebene Beschränkung des Rechts auf Widerruf für einen Vertrag im Fernabsatz.
Das Vorabentscheidungsersuchen des BGH bat daher um die Auslegung des Europäischen Gerichtshofs von Art. 6 Abs. 1 Buchst. k und von Art. 16 Buchst. e der Richtlinie 2011/83/EU und die dort beschriebene Beschränkung des Rechts auf Widerruf für einen Vertrag im Fernabsatz. Im März 2019 urteilte der EuGH, dies beschreibt im Folgenden unser Beitrag.
Argumentation und Urteil des EuGH zu Matratzen Rücksendung
Generalanwalt plädierte für Widerrufsrecht
Der Generalanwalt stärkte mit seiner Auslegung in seinem Schlussantrag vom Dezember 2018 den Verbraucherschutz. Den Verbrauchern müsse es möglich sein, die gekaufte Ware zu prüfen und zu untersuchen, dies jedoch nur, soweit es erforderlich ist, um die Beschaffenheit, die Eigenschaften und die Funktionsweise dieser Ware festzustellen. Schon der Generalanwalt hatte in seinem Schlussantrag für ein Widerrufsrecht einer Matratze plädiert. Eine Matratze sei insoweit mit einem Kleidungsstück vergleichbar, dessen Rückgabe an den Unternehmer der Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen hat (wir berichteten: Widerruf von Matratzenkauf: Generalanwalt stärkt Verbraucherschutz)
Matratzen mit Schutzfolie sind keine versiegelten Waren
Auch der EuGH urteilte in der letzten Woche (EU:C:2019:255), dass Matratzen nicht unter versiegelte Waren im Sinne der Richtlinie 2011/83/EU fallen. Es sei laut EuGH davon auszugehen, dass die in Art. 16 Buchst. e der Richtlinie 2011/83 vorgesehene Ausnahme vom Widerrufsrecht nur dann greife, wenn nach Entfernung der Versiegelung der Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen endgültig nicht mehr verkehrsfähig ist. Denn dann wäre es für den Unternehmer wegen ihrer Beschaffenheit unmöglich oder übermäßig schwierig ist, Maßnahmen zu ergreifen, die sie wieder verkaufsfähig machen, ohne dass einem dieser Erfordernisse nicht genügt würde.
Versiegelung im Sinne der Richtlinie
Damit eine Schutzfolie als „Versiegelung“ im Sinne von Art. 16 Buchst. e der Richtlinie 2011/83 angesehen werden könne, sei es außerdem erforderlich, dass sie es erlaube, die Sauberkeit der von ihr umschlossenen Ware zu garantieren. Dieses Kriterium setze voraus, dass diese Verpackung ausreichend widerstandsfähig ist und dass sie nicht geöffnet werden kann, ohne dass dies zu einer sichtbaren Beschädigung führt. Beispiele dafür könnten eine verschweißte Plastikfolie oder eine verschweißte metallische Umhüllung sein.
Urteil des EuGH stärkt Verbraucherschutz
Die Klage von slewo wurde daher vom EuGH abgewiesen. Dieses Urteil stärkt den Verbraucherschutz und gibt gleichzeitig eine gewisse Rechtssicherheit in Frage, wann eine Ware im Sinne der Richtlinie als versiegelt gilt mit einer entsprechenden Beschränkung des Rechts auf Widerruf. Der EuGH wies aber auch darauf hin, dass der Verbraucher nach Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2011/83 dennoch für jeden Wertverlust einer Ware haftet, der auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang zurückzuführen ist, ohne dass er deshalb sein Widerrufsrecht verlöre.
Die Vorlagefrage fand im Übrigen großes internationales Interesse: Die italienische Regierung wie auch die Europäische Kommission plädierten für den Erhalt des Widerrufsrechts der Verbraucher, und auch die belgische Regierung reichte schriftliche Erklärungen dazu ein.
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Quellen:
Urteil des EuGH „slewo“ EU:C:2019:255
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