Ist die EU Richtlinie 2012/19 von 2012 zum Verursacherprinzip für Photovoltaik Module vereinbar mit EU Recht? Der EuGH erklärte Art. 13 Abs. 1 im Unionsrecht für Elektro- und Elektronik-Altgeräte für teilweise ungültig in einer Schadensersatzklage gegen den Tschechischen Staat.
Einführung des Verursacherprinzips für Photovoltaik Module
Im vorliegenden Fall wurde vom tschechischen Staat der neue Artikel 37p des Abfallgesetzes zur Einführung des Verursacherprinzips für Photovoltaik Module erlassen, noch bevor die entsprechende EU Richtlinie 2012/19 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden war, so dass die Umsetzungsfrist noch nicht zu laufen begonnen hatte. Artikel 37p verfügt das Verursacherprinzip für Photovoltaik Module für alle Abfälle aus Photovoltaik Module, die spätestens am 1.1.2013 in Verkehr gebracht wurden.
Klägerin Vysočina Wind (eine tschechische Gesellschaft, die ein Solarkraftwerk betreibt) machte geltend, dass diese Bestimmung gegen Art. 13 Abs. 1 der EU Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte verstoße, der den Herstellern von Elektro- und Elektronikgeräten die Kosten für alle Abfälle auferlege, die nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht wurden. Sie forderte daher Schadensersatz vom Tschechischen Staat für eigene Kosten, die sie in den Jahren 2015 und 2016 durch Abfallbeseitigung aus den Photovoltaik Modulen gemäß EU Richtlinie 2012/19 hatte.
Das höchste Europäische Gericht (EuGH) entschied heute (den 25. Januar 2022) nicht nur über den Widerspruch zwischen der Art. 13 Abs. 1 im Unionsrecht für Elektro- und Elektronik-Altgeräte und dem Verursacherprinzip durch EU Richtlinie 2012/19. Es präzisierte zudem die Voraussetzungen für die Haftung eines Mitgliedstaats für einen Verstoß gegen das Unionsrecht im Kontext der Umsetzung einer Richtlinie.
Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Einführung einer Herstellerverantwortung für bereits in Verkehr gebrachte Module ging es in diesem Fall auch um Fragen von Grundsatz der Rechtssicherheit und einem möglichen Rückwirkungsverbot. Zwar stehe der Grundsatz der Rechtssicherheit der Anwendung einer neuen Rechtsvorschrift auf einen vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossenen Sachverhalt entgegen, erklärte der EuGH, aber ebenso gelte, dass eine neue Rechtsvorschrift unmittelbar auf die künftigen Wirkungen unter dem alten Recht entstandener Rechtspositionen sowie auf neue Rechtspositionen Anwendung findet.
Und eine neue Rechtsvorschrift, die auf zuvor abgeschlossene Sachverhalte anwendbar ist, könne laut EuGH nicht als mit einem Rückwirkungsverbot vereinbar angesehen werden, wenn sie die Verteilung von Kosten nachträglich und unvorhersehbar ändert.
Art. 13 Abs. 1 für Elektro- und Elektronik-Altgeräte für teilweise ungültig erklärt
Im vorliegenden Fall jedoch seien die Hersteller von Photovoltaikmodulen nicht in der Lage gewesen, bei der Konzeption der Photovoltaikmodule vorherzusehen, dass sie später zur Kostenübernahme der Abfälle aus diesen Modulen verpflichtet würden. Daher erklärte der EuGH mit seiner heutigen Entscheidung Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte für ungültig, soweit diese Bestimmung den Herstellern die Finanzierung der Kosten für die Bewirtschaftung von Abfällen aus Photovoltaikmodulen auferlegt, die zwischen dem 13. August 2005 und dem 13. August 2012 in Verkehr gebracht wurden.
Haftung eines Mitgliedstaats für einen Verstoß gegen das Unionsrecht
Im Übrigen stellte der EuGH noch fest, dass es keinen Verstoß der Tschechischen Republik gegen das Unionsrecht darstellte, dass in das Abfallgesetz mehr als einen Monat vor dem Erlass der EU Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte eine Bestimmung eingefügt wurde, die für die Nutzer von Photovoltaikmodulen eine im Widerspruch zu dieser Richtlinie stehende Beitragspflicht vorsieht.
Zwar obliegt nach Ansicht des EuGH den Mitgliedstaaten während der Frist für die Umsetzung der Richtlinie, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das in der Richtlinie vorgeschriebene Ergebnis bei Ablauf dieser Frist erreicht zu haben. Während der Frist für die Umsetzung der EU Richtlinie dürfen zudem nach Rechtsprechung keine Vorschriften erlassen werden, die eine Erreichung des in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisses ernsthaft gefährden.
Aber der Umstand, dass ein Mitgliedstaat Rechtsvorschriften erlassen hat, die einer Richtlinie der Union vor deren Erlass zuwiderlaufen, stelle als solcher keinen Verstoß gegen das Unionsrecht dar, entschied der EuGH, da die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisses nicht als ernsthaft gefährdet angesehen werden kann, bevor diese Teil der Rechtsordnung der Union geworden ist.
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Quellen:
EuGH, Rechtssache C‑181/20
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