Der EuG hat eine neue Rechtsprechung zu der Prioritätsfrist für EU Designs vorgegeben: statt der bisherigen 6 Monate Prioritätsfrist für EU Designs gelten von nun an 12 Monate Prioritätsfrist für EU Designs – wenn sich die Priorität durch eine internationale PCT Patentanmeldung begründet.
Bisher war für Designs eine kürzere Prioritätsfrist vorgesehen als für Patente und Gebrauchsmuster, weil diese komplexer sind (Art. 4 Abschnitt C Abs. 1 der Pariser Verbandsübereinkunft für Patente und Gebrauchsmuster). Vor allem aber wird dies damit gerechtfertigt, weil das Eintragungsverfahren bei Patenten oder Gebrauchsmustern deutlich länger dauert als bei Geschmacksmustern oder Marken.
Der Sachverhalt
Im Fall KaiKai Company Jaeger Wichmann GbR, der Ende April vor dem Europäischen Gericht (EuG) verhandelt wurde, ging Klägerin KaiKai Company gegen diese kürzere Prioritätsfrist für EU Designs (Gemeinschaftsgeschmackmuster) vor. Die Klägerin hatte an die Erstanmeldung eines Patents die Anmeldung eines Geschmacksmusters mit einem Prioritätsanspruch zugefügt, und zwar eine Sammelanmeldung zur Eintragung von zwölf Gemeinschaftsgeschmacksmustern mit Prioritätsanspruch durch eine internationale PCT Patentanmeldung.
Das EUIPO wies dieses Prioritätsrecht zurück, weil der Anmeldetag der Voranmeldung mehr als sechs Monate vor dem Anmeldetag der Sammelanmeldung liege. Eine PCT-Anmeldung begründe zwar grundsätzlich ein Prioritätsrecht nach Art. 41 der Verordnung Nr. 6/2002 begründen, da die weite Definition des Begriffs „Patent“ in Art. 2 PCT auch Gebrauchsmuster umfasse, für diese Anmeldung eines EU Designs aber die für Designs übliche sechsmonatige Prioritätsfrist gelte.
Priorität aus einer PCT-Anmeldung für EU Designs
Diese Entscheidung wurde von der Klägerin angefochten und vor das Europäische Gericht (EuG) gebracht. Das Gericht musste also klären, ob EU Designs eine Priorität aus einer PCT-Anmeldung beanspruchen können – und ob für sie die kurze Prioritätsfrist für Designs gilt oder die längere für Patente und Gebrauchsmuster.
Den ersten Aspekt, nämlich dass EU Designs eine Priorität aus einer PCT-Anmeldung beanspruchen können, hatte ja schon das EUIPO festgestellt. Zu Recht, bestätigte der EuG. Der PCT unterscheide nicht anhand der verschiedenen Rechte, mit denen die diversen genannten Staaten der Erfindung Schutz gewähren, stellte der EuG fest, daher werde ja auch Gebrauchsmustern und Patenten ein gleichwertiger Schutz zuteil, obwohl auch das Gebrauchsmuster ein weniger geprüftes Schutzrecht ist.
Außerdem, so erläuterte das Gericht, sagt Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 nichts über die Prioritätsfrist aus einer internationalen Patentanmeldung aus. Daher müsse zur Auslegung die dem Prioritätsrecht zugrunde liegende Regelung berücksichtigt werden, nämlich Artikel 4 der Pariser Verbandsübereinkunft.
Allerdings handelt es sich bei dem Artikel 4 nach Ansicht des EuG bei dem gewissermaßen um eine Sonderregelung. Denn nach Artikel 4 Buchstabe E Absatz 1 ist die für das spätere Recht festgesetzte Prioritätsfrist maßgeblich, wenn dieses spätere Recht ein Geschmacksmuster und das ältere Recht ein Gebrauchsmuster ist.
Doch greift das in der vorliegenden Konstellation, dass die Dauer der Prioritätsfrist von der Art des späteren Rechts abhängt?
12 Monate Prioritätsfrist für EU Designs
Der EuG verneint diese Frage. Für das Prioritätsrecht muss vielmehr das frühere Recht maßgebend sein, nicht das spätere, urteilte das Gericht. Denn die Prioritätsfrist beginnt mit dem Tag dieser Anmeldung zu laufen, ergo hängt die Entstehung des Prioritätsrechts selbst sowie der Beginn der Prioritätsfrist von dem früheren Recht und dessen Anmeldung ab. Da sei es folgerichtig, entschied der EuG, dass auch die Dauer des Prioritätsrechts vom früheren Recht abhängt.
Dies entspreche im Übrigen auch der Hauptbegründung für die längere Prioritätsfrist für Patente, wo nämlich mit der Dauer der Vorprüfung argumentiert wird. Auch dies bestätige, dass für die Dauer der Prioritätsfrist ausschließlich das frühere Recht maßgebend ist, ergänzte das Gericht.
Das Gericht kam daher zu dem Ergebnis, dass das EUIPO zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Frist für die Inanspruchnahme der Priorität der internationalen Patentanmeldung für die Gemeinschaftsgeschmacksmusteranmeldung sechs Monate beträgt. Der EuG hob die Entscheidung des EUIPO auf – und beschließt gleichzeitig eine neue Rechtsprechung zu der Prioritätsfrist für EU Designs.
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