Dass einzelne Merkmale aus einem älteren Geschmacksmuster vorbekannt sind, steht der Eigenart eines neueren Geschmacksmusters nicht entgegen. So urteilte der EuG im Nichtigkeitsverfahren um zwei Leuchten und präzisierte den Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers und die Eigenart eines Geschmacksmusters.
Eigenart eines Geschmackmusters
Das Europäische Gericht (EuG) wies in seinem Urteil darauf hin, dass die Eigenart eines Geschmacksmusters dann vorliegt, wenn ein Verbraucher in Bezug auf den vorbestehenden Formschatz kein „Déjà-vu“ wahrnimmt. Entscheidend sei, dass ein Unterschied im Gesamteindruck vorliegt, wobei auch Unterschiede außer Betracht bleiben, die zwar über unbedeutende Details hinausgehen, aber die dennoch zu schwach ausgeprägt sind, um den Gesamteindruck zu beeinflussen (Puma [Springende Raubkatze], T‑666/11). Das Gericht wies ferner darauf hin, dass für die Bewertung der Eigenart eine allgemeine Designtendenz keine Rolle spiele.
Merkmale des angegriffenen Geschmacksmusters waren vorbekannt
Die Klägerin, die Eglo Leuchten GmbH (Österreich), hatte einen Antrag auf Nichtigerklärung gegen ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster auf Leuchten eingereicht, das 2014 von der Streithelferin Briloner Leuchten GmbH & Co. KG (Deutschland) angemeldet wurde.
Die Klägerin machte geltend, dass dem angegriffenen Geschmacksmuster Eigenart im Sinne von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 fehle. Sie selbst habe 2008 eine sogenannte Ringleuchte entwickelt, die sich von den damals vorbekannten Leuchtendesigns deutlich abgehoben habe. Viele Merkmale des angegriffenen Geschmacksmusters seien daher vorbekannt.
Die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO folgte dieser Argumentation und erklärte das strittige Geschmacksmuster vor nichtig, die Beschwerdekammer hob diese Entscheidung jedoch auf und wies den Antrag auf Nichtigerklärung zurück (angefochtene Entscheidung, 26. September 2017). Die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern reichten aus für einen unterschiedlichen Gesamteindruck, begründete die Beschwerdekammer ihre Entscheidung.
Grad der Gestaltungfreiheit des Entwerfers
Diese Sichtweise wurde vom EuG mit seinem Urteil bestätigt. Je beschränkter die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters ist, desto eher genügen kleine Unterschiede zwischen den miteinander verglichenen Geschmacksmustern, um beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen, stellte das Gericht klar. Der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers in Bezug auf die Vorrichtung zur Befestigung, die Fassung sowie die Zahl und die Anordnung der Leuchtenköpfe wie im vorliegenden Fall sei nur durchschnittlich. Die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers unterliege jedoch grundsätzlich keinen Beschränkungen in Bezug auf die Ausgestaltung der Fassungen und der Vorrichtungen zur Befestigung.
Neuanmelder des Geschmacksmusters gewinnt
Beide Leuchtendesigns haben einen ringförmigen Leuchtenkopf, doch in Bezug auf die Innenseite dieser Ringe Unterschiede weisen sie sichtbare Unterschiede auf. Auch verfüge das angegriffene Geschmacksmuster über eine Vorrichtung zur Befestigung an der Decke, das ältere Geschmacksmuster aber nicht. Die sichtbaren Merkmale der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster wiesen daher erhebliche Unterschiede auf und erzeugten einen unterschiedlichen Gesamteindruck, urteilte der EuG.
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