Ein Arbeitnehmer der während seiner Arbeitszeit eine Erfindung macht, hat eine sog. Arbeitnehmererfindung bzw. Diensterfindung gemacht. Wermutstropfen: Eine Erfindung, die während der Arbeitszeit in der Firma entsteht, gehört erstmal dem Arbeitgeber. Doch der AN hat Anspruch auf eine Gegenleistung dafür, dass der Arbeitgeber die Erfindung für sich nutzen kann. Mit unserem Artikel geben wir Ihnen einen genauen Überblick über alle wichtigen Basics, die Sie wissen müssen.
Das Thema „Arbeitnehmererfindung“ ist ein sehr spezielles. Wir haben Ihnen daher den Text in folgende Unterpunkte eingeteilt:
- Begriffserklärung „Erfindung“
- Meldepflicht bei einer Diensterfindung
- Verwertung (Inanspruchnahme) der Erfindung
- Konfliktpotenzial „Arbeitnehmererfindung“
- Besonderheiten im öffentlichen Dienst
Was ist in diesem Zusammenhang eigentlich eine „Erfindung“ und was muss beachtet werden?
Eine Erfindung ist eine schöpferische Leistung, die es ermöglicht durch eine Lösung ein Problem zu beheben. Erfindung werden überwiegend „technisch“ gelöst, z.B. die Erfindung des Motors, deshalb ist hier der Zusammenhang omnipräsent. Diese technischen Problemlösungen können unter Umständen durch ein Patent oder ein Gebrauchsmuster geschützt werden.
Bei Erfindungen muss zwischen gebundenen und freien Erfindungen unterschieden werden. Bezogen auf die Arbeitnehmererfindung sind gebundene Erfindungen solche, die während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemacht wurden. Sie sind entweder aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb oder in der öffentlichen Verwaltung obliegenden Tätigkeit entstanden oder beruhen maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes oder der öffentlichen Verwaltung.
Diese Erfindungen werden Diensterfindungen genannt und sind patent- oder gebrauchsmusterfähig. Sollte der Arbeitgeber die Erfindung wirtschaftlichen nutzen wollen (=als Patent oder Gebrauchsmuster anmelden), so hat der AN ein Anspruch auf eine angemessene Vergütung.
Freie Erfindungen dagegen sind jegliche Erfindungen von Arbeitnehmern, die nicht die Voraussetzung einer Diensterfindung erfüllen. Sie haben keinen Bezug zur Tätigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb. Darunter fallen beispielsweise die technischen Verbesserungsvorschläge. Sie sind nicht patent- oder gebrauchsmusterfähig und sollte der AG diesen Verbesserungsvorschlag nicht verwerten, so besteht kein Anspruch auf angemessene Vergütung für den AN. Das Arbeitnehmererfindergesetz (ArbnErfG) weist bei technischen Verbesserungsvorschlägen die Verantwortung von sich – stattdessen sind die Regelungen durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zu beachten.
Meldepflicht bei einer Diensterfindung
Der Arbeitnehmer, der eine Diensterfindung gemacht hat, ist verpflichtet, sie unverzüglich dem Arbeitgeber gesondert in Textform zu melden und hierbei kenntlich zu machen, dass es sich um die Meldung einer Erfindung handelt. (Tipp: Gehen Sie am besten persönlich vorbei und lassen sich den Empfang der Nachricht schriftlich bestätigen.) Sind mehrere Arbeitnehmer an dem Zustandekommen der Erfindung beteiligt, so können die gemeinsamen Erfinder die Meldung zusammen abgeben. Der Arbeitgeber hat den Eingang der Meldung unverzüglich in Textform zu bestätigen. (§ 5 ArbnErfG)
In der Meldung hat der Arbeitnehmer die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Diensterfindung zu beschreiben. Um Rückfragen zu vermeiden bzw. direkt mit zu beantworten, sollten alle Aufzeichnungen, die mit der Erfindung zu tun haben, beigefügt werden.
Die Meldung soll dem Arbeitnehmer dienstlich erteilte Weisungen oder Richtlinien, die benutzten Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes, die Mitarbeiter sowie Art und Umfang ihrer Mitarbeit angeben und soll hervorheben, was der meldende Arbeitnehmer als seinen eigenen Anteil ansieht (das ist später beim Thema „Vergütung“ wichtig).
Sollte die Erfindungsmeldung unvollständig sein, so muss sich der Arbeitgeber binnen 2 Wochen melden, ansonsten gilt sie als ordnungsgemäß. Sollten Ergänzungen getätigt werden, so hat der AG dem AN bei der Ergänzung der Meldung zu unterstützen.
Der Arbeitgeber hat die ihm gemeldete oder mitgeteilte Erfindung eines Arbeitnehmers so lange geheim zu halten, als dessen berechtigte Belange dies erfordern. Der Arbeitnehmer hat eine Diensterfindung so lange geheim zu halten, als sie nicht frei geworden ist.
Der Arbeitgeber nimmt die Diensterfindung in Anspruch und möchte sie verwerten …
… dann nimmt er sein gutes Recht wahr. Wie bereits geschrieben, ist der Arbeitgeber verpflichtet und allein berechtigt, eine gemeldete Diensterfindung im Inland zur Erteilung eines Schutzrechts (=Patent oder Gebrauchsmuster) unverzüglich anzumelden. Die Inanspruchnahme gilt als erklärt, wenn der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht bis zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der zuvor beschriebenen ordnungsgemäßen Meldung gegenüber dem Arbeitnehmer durch Erklärung in Textform freigibt. Bei der Inanspruchnahme ist zwischen beschränkter und unbeschränkter Inanspruchnahme zu unterscheiden:
Erklärt der Arbeitgeber die unbeschränkte Inanspruchnahme der Erfindung, dann gehen alle Rechte der Erfindung an den Arbeitgeber über. Mit der Erklärung verpflichtet er sich jedoch dazu die Erfindung als Patent oder Gebrauchsmuster zu verwenden. Eine ausführliche Erklärung finden Sie in unserem Wiki-Eintrag.
Möchte der Arbeitgeber die Erfindung nur beschränkt, also „halb“, nutzen, dann hat der Arbeitnehmer mit einer beschränkten Inanspruchnahme das Recht, die Erfindung auch anderen Interessenten anzubieten. Auch dazu finden Sie weitere Informationen in unserem Wiki.
Inanspruchnahme der Erfindung – ein Geben und Nehmen
Möchte der Arbeitgeber Ihre Erfindung verwerten, dann ist er verpflichtet Ihnen eine „angemessene“ Vergütung zu zahlen. Die Formulierung angemessen ist per Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (Arbeitnehmererfindungsgesetz) so definiert – §9 ArbnErfG. Leider ist das alles andere als eindeutig. Zur Berechnung der Erfindervergütung wird aber regelmäßig die 1959 festgelegten Richtlinien zur angemessenen Vergütung hinzugezogen, die bis heute angewandt und auch allgemein anerkannt werden.
Je nach der Art und dem Zustandekommen der Erfindung (technischer und monetärer Aufwand, Komplexität) kann sich die Berechnung der Erfindervergütung auf der Grundlage dieser Richtlinien einfach, aber auch kompliziert gestalten. Wir haben hierfür extra einen Kalkulator zur Erfindervergütung erstellt, damit Sie eine erste Vorstellung erhalten, wie hoch Ihre Vergütung aussehen könnte:
Konfliktpotenzial „Arbeitnehmererfindung“ – was machen, wenn man sich nicht einigen kann?
Die Arbeitnehmererfindung kann durchaus das Potenzial haben einen Konflikt zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber auszulösen. Es ist für beide Seiten wichtig hier einen genau geregelten und fairen Interessenausgleich zu schaffen. In vielen „innovativen“ Betrieben ist es daher inzwischen üblich, dass das Thema Arbeitnehmererfindung bereits im Arbeitsvertrag enthalten ist.
Führt die Diensterfindung zu Streitfällen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmererfinder kann das Deutsche Patent- und Markenamt als Schiedsstelle einspringen. Die Schiedsstelle hat die Aufgabe, eine friedliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erzielen, indem sie die unterschiedlichen Auffassungen der beiden Parteien überprüft und einen Einigungsvorschlag macht.
Sollte die Einigung auch vor der Schiedsstelle scheitern, kommt es zum gerichtlichen Verfahren. Spätestens dann sei Ihnen dringlichst angeraten einen Patentanwalt aufzusuchen, der Ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht!
Besonderheiten im öffentlichen Dienst, bei Richtern und Beamten
Auf Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst, gelten gemäß § 40 ArbnErfG Besonderheiten.
Unter anderem kann an Stelle der Inanspruchnahme der Diensterfindung der Arbeitgeber eine angemessene Beteiligung an dem Ertrag der Diensterfindung in Anspruch nehmen, wenn dies vorher vereinbart worden ist. Soweit es das öffentliche Interesse gebietet, können dem Arbeitnehmer Beschränkungen hinsichtlich der Verwertung der Diensterfindung auferlegt werden.
Auf Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge von Beamten und Soldaten sind die Vorschriften für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst gemäß § 41 ArbnErfG entsprechend anzuwenden.
Besonderheiten für Hochschulen
Für Erfindungen der an einer Hochschule Beschäftigten hat gemäß § 42 ArbnErfG auf deren Lehr- und Forschungsfreiheit Rücksicht genommen zu werden. So kann ein Erfinder aufgrund seiner Freiheit die Offenbarung seiner Diensterfindung ablehnen. In diesem Fall ist er nicht verpflichtet, die Erfindung dem Dienstherrn zu melden. Dem Erfinder bleibt im Fall der Inanspruchnahme der Diensterfindung ein nicht ausschließliches Recht zur Benutzung der Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit.
Noch genauere Informationen zum Thema Arbeitnehmer- bzw. Diensterfindung …
… finden Sie in unserer Rubrik „Arbeitnehmererfindung“. Dort haben wir bereits mehrere Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Darunter auch einen Dreiteiler mit dem Namen „Arbeitnehmererfindung – das MÜSSEN Sie wissen“:
• Teil 1
behandelt die grundlegende Erklärung zum Thema, Unterscheidung: Diensterfindung, freie Erfindung und technischer Verbesserungsvorschlag, Wem gehört die Erfindung?
• Teil 2
thematisiert die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers bzw. des Arbeitgebers, die Erfindervergütung und zeigt Optionen auf, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht einigen können
• Teil 3
im dritten Teil geht es um spannende Sonderfälle, die Verwertbarkeit der Erfindung und erläutert die „beschränkte Inanspruchnahme“
„Auf der Arbeit erfunden“ – wie geht’s weiter? Wir beantworten Ihre Fragen!
Sie haben eine Erfindung (als Arbeitnehmer) gemacht und möchten genauere Informationen dazu haben und beraten werden? Oder möchten Sie als Arbeitgeber wissen, was Ihnen zusteht, auf was Sie achten müssen und wie eine Patentanmeldung funktioniert? Wir stehen Ihnen zur Seite.
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