Handelte es sich bei der streitgegenständlichen Werbeaussage wie ‚Top Smartphones im besten Netz‘ um eine Alleinstellungsbehauptung oder um eine Werbung mit einem Testergebnis? Das OLG Hamburg entschied, der Bezug zu einem Testsiegel müsse schon auf der ersten abrufbaren Internetseite hergestellt sein.
Das OLG Hamburg urteilte zu einer prominenten Werbeanzeige der Deutschen Telekom (17.12.2020, 15 U 129/19), die kurz vor Weihnachten 2020 geschaltet wurde. Mit der Aussage „Beste Huawei Top Smartphones im besten Netz mit 100 € Cashback“ wurden für Produkte und Dienstleistungen Werbung gemacht.
Gegen diese Werbeanzeige wurde eine Abmahnung eingereicht, doch die Telekom verweigerte die Abgabe der geforderten Unterlassungsverpflichtungserklärung. In der Folge wurde dieser Fall vor dem OLG Hamburg verhandelt. Denn nach § 8 Abs. 1 UWG kann, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch steht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG jedem Mitbewerber zu.
Das OLG äußerte sich dabei auch grundsätzlich zu der Relevanz der Frage, ob eine Werbeaussage wie die streitgegenständliche wie ‚ Top Smartphones im besten Netz ‘ als eine Alleinstellungsbehauptung oder als eine Testhinweiswerbung anzusehen sind. Im Gegensatz zu einer Testhinweiswerbung, bei der zwar eine Qualitätsanpreisung stattfindet, die aber nicht durch den Werbenden selbst nicht nachzuweisen ist, werden an eine Alleinstellungsbehauptung in einer Werbeaussage besondere Anforderungen gestellt.
Alleinstellungsbehauptung muss wirklich wahr sein
Die BGH Rechtsprechung gibt vor, dass eine Alleinstellungsbehauptung nur dann zulässig ist, wenn die Werbebehauptung wahr ist – und wenn der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat und der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet (BGH, GRUR 2003, 800, 803 – Schachcomputerkatalog; BGH, GRUR 2002, 182, 184 – Das Beste jeden Morgen). Andernfalls liege die Gefahr der Irreführung vor.
Um eine Alleinstellungsbehauptung handelt es sich im Übrigen nicht nur, wenn der Werbende behauptet, überhaupt keinen Mitbewerber zu haben, also auch im Wortsinne „alleine zu stehen“, sondern auch, wenn er zum Ausdruck bringt, er übertreffe seine Mitbewerber.
Ein „objektiver Zusammenhang“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG besteht zudem auch bei der reinen Aufmerksamkeitswerbung (Imagewerbung), die nicht einmal das konkrete Waren- und Dienstleistungsangebot ansprechen muss, sondern vielmehr dazu dient, den Namen des werbenden Unternehmens im Verkehr bekannt zu machen oder dessen Verkehrsbekanntheit zu steigern und damit mittelbar dessen Absatz zu fördern (Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020 § 2 Rn. 50 m.w.N.).
Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG ist außerdem auch dann irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware enthält. Dazu gehören auch die Ergebnisse von Waren- und Dienstleistungstests.
Doch lag das bei Telekom Werbung mit dem Spruch ‚Top Smartphones im besten Netz‘ vor – oder bezog sich die Aussage „im besten Netz“ auf Testergebnisse der Zeitschriften „CHIP“ und „connect“, wie die Telekom geltend machte?
Ein Muss: Bezug zum Testsiegel auf der ersten abrufbaren Internetseite
Das OLG Hamburg verneinte dies. Bei der angegriffenen Werbung der Telekom handelte es sich um eine Alleinstellungsbehauptung, entschied das Gericht. Der Wortlaut der Aussage „im besten Netz“ lasse offen, ob es sich dabei um ein Testergebnis oder um eine eigene Einschätzung der Beklagten handelt, erläuterte das Gericht. Anders als etwa bei einer Werbung mit der ausdrücklichen Bezeichnung als „Testsieger“ werde bei der Aussage „im besten Netz“ ein Bezug zu einem Testergebnis erst dadurch hergestellt, dass ein Testsiegel eingeblendet wird. Ein solches aber befand sich auf der für den Verbraucher ersten abrufbaren Internetseite nicht.
Um zu dem entsprechenden Testsiegel zu gelangen, musste der Verbraucher im Fall der Telekom Werbung aber erst auf die Schaltfläche „Zu den Angeboten“ klicken, damit eine neue Seite öffnen und dort noch leicht herunterscrollen. Diese Verknüpfung sei nicht ausreichend, um anzunehmen, dass der Verbraucher die Werbeaussage „im besten Netz“ auf der ersten Internetseite als Werbung mit einem Testergebnis wahrnimmt, entschied das OLG Hamburg.
Erläuterung der Werbeaussage im anklickbaren Sternchen
Vergeblich führte die Telekom an, man habe die streitgegenständliche Werbeaussage ja in der Werbeanzeige „Beste Huawei Top Smartphones im besten Netz mit 100 € Cashback“ veröffentlicht, und am Ende des Wortes Cashback auch ein anklickbares Sternchen positioniert. Der angesprochene Verkehr erwarte, dass er bei Anklicken des Sternchens nähere Informationen über die folgenden drei Themen bekomme: 1. „die angesprochenen Huawei Top Smartphones“, 2. „das beste Netz“ und 3. „100 € Cashback“. So verhalte es sich auch tatsächlich, denn all diese Informationen würden „auf der nachgeschalteten Seite unterbreitet, argumentierte die Telekom.
Doch das OLG Hamburg wies diesen Einwand zurück. Damit werde erneut nachgewiesen, dass erst auf der nachfolgenden Seite die genannten Informationen enthalten seien. Und die beiden in Bezug auf „im besten Netz“ relevanten zwei Testsiegel waren wohl ohnehin über die Schaltfläche „Zu den Angeboten“ erreichbar, nicht aber über den Sternchenhinweis.
Wiederholungsgefahr
Das OLG Hamburg entschied daher, die Telekom Werbung ‚ Top Smartphones im besten Netz ‘ sei eine Alleinstellungsbehauptung, die unzulässig ist. Mehr noch, das OLG Hamburg entschied zudem, dass eine Wiederholungsgefahr vorliege.
Denn nach BGH Rechtsprechung genügt die bloße Einstellung der Werbung nicht, wenn die Werbung jederzeit ohne größeren Aufwand wieder aufgenommen werden kann. Auch die Einstellung der Produktion des Erzeugnisses, für das unlauter geworben wurde, und sogar die Geschäftsaufgabe des wettbewerbswidrig handelnden Schuldners reichen ohne weiteres für den Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht aus (siehe BGH, GRUR 1998, 1045, 1046 – Brennwertkessel; BGH, GRUR 2001, 453, 455 – TCM-Zentrum; BGH, GRUR 2016, 88 Rn. 51 – Deltamethrin).
Ebenso wird eine Wiederholungsgefahr nicht dadurch beseitigt, dass rein faktische Änderungen eintreten. Bei Fehlen einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sei von einer Wiederholungsgefahr auszugehen, solange nicht jede Wahrscheinlichkeit einer Wiederaufnahme des rechtswidrigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt sei (BGH, GRUR 1988, 38, 39 – Leichenaufbewahrung).
Im vorliegenden Fall sei keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben worden, daher liege Wiederholungsgefahr vor, urteilte das OLG Hamburg.
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