In der Regel kann es keine EV auf Gebrauchsmuster geben laut Leiterklemme Entscheidung des OLG München von Ende 2019. Ausnahme davon kann dennoch eine Messesituation sein – oder vielleicht auch die Anrufung eines anderen Landgerichts.
OLG München: Urteil Leiterklemme
Das Urteil Leiterklemme des OLG München von Ende 2019 (Az. 6 U 4009/19) ist in mehrfacher Hinsicht relevant. Zum einen wich die bisherige Rechtsprechung des LG und OLG München in den letzten Jahren ausdrücklich ab. Bisher konnte am Gerichtsort München eine einstweilige Verfügung im Grundsatz auch auf Patente und Gebrauchsmuster gestützt werden, die noch kein Rechtsbestandsverfahren (positiv) durchlaufen hatten.
Doch davon distanzierte sich das OLG München mit der Entscheidung Leiterklemme. Ganz ausdrücklich wies das OLG München auf die Änderung der eigenen Rechtsprechung hin seit seinem Urteil vom 26.7.2012, 6 U 1260/12. In der Regel kann es keine EV auf Gebrauchsmuster mehr geben, lautet die neue Rechtsprechung aus München. Das OLG legte fest, dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommt, wenn das Verfügungsschutzrecht noch nicht Gegenstand eines zweiseitigen Rechtsbestandsverfahrens war.
Denn letztlich bestehen für Gebrauchsmuster nur eingeschränkte Möglichkeiten der Prüfung des Rechtsbestandes im einstweiligen Rechtsschutz, begründete das OLG München seine Kehrtwende. Denn das Gebrauchsmuster ist ein ungeprüftes Schutzrecht, die materiellen Schutzvoraussetzungen (Neuheit, erfinderischer Schritt) werden bei der Eintragung von Gebrauchsmusterschutz nicht vom Amt geprüft. In der Folge sei es gehäuft zu unzutreffenden Prognoseentscheidungen gekommen.
Das Urteil des OLG München ist aber auch deshalb interessant, weil es die Wahl des erstinstanzlichen Gerichts verändert. In der Praxis waren die Münchner Gerichte für einstweilige Verfügungsverfahren in Patent- und Gebrauchsmustersachen oft die erste Wahl; das wird sich jetzt wohl ändern.
Am häufigsten frequentiert: Düsseldorf und Mannheim
Die am häufigsten frequentierten Gerichte in Patent- und Gebrauchsmuster-Streitigkeiten sind allerdings ohnehin das LG Düsseldorf und das LG Mannheim. Und sowohl in Düsseldorf als auch in Mannheim wird die Rechtsauffassung vertreten, dass ein Patent grundsätzlich ein erstinstanzliches Rechtsbestandverfahren positiv überstanden haben muss, damit darauf eine einstweilige Verfügung gestützt werden kann. 2017 urteilte das LG Düsseldorf (Az. 4a O 90/17) ergänzend, dass dieser Maßstab erst recht für Gebrauchsmuster anzulegen ist.
Das OLG Düsseldorf hat 2017 (2 U 18/17) Ausnahmefälle für diesen Grundsatz formuliert. Demnach kommt eine EV auf ein Gebrauchsmuster in Frage,
- wenn der Antragsgegner bereits mit eigenen Einwendungen am Erteilungsverfahren beteiligt war, dieses sozusagen quasi schon als zweiseitiges Verfahren geführt wurde, d.h. die vorgebrachten Einwendungen auch sachlich geprüft wurden,
- wenn das Verfügungsschutzrecht allgemein als schutzfähig angesehen wird,
- wenn die Einwendungen gegen den Rechtsbestand des Verfügungsschutzrechts sich schon bei summarischer Prüfung als haltlos erweisen oder
- wenn es dem Antragsteller aufgrund außergewöhnlicher Umstände, z.B. aufgrund der Marktsituation, ausnahmsweise unzumutbar ist, den Ausgang des Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren abzuwarten.
Das OLG München formulierte dagegen keine Ausnahmen zum Grundsatz „in der Regel keine EV auf Gebrauchsmuster“.
EV auf Gebrauchsmuster an anderen Landgerichten?
Schaut man in die jüngere Rechtsprechung aus anderen Landgerichten, die für Patent- und Gebrauchsmuster-Streitigkeiten angerufen werden, ergibt sich noch ein etwas anderes Bild. Das Landgericht Hamburg hat 2015 eine EV auf ein Gebrauchsmuster erlassen (LG Hamburg, GRUR-RR 2015, 137). Ganz so weit gingen andere Landgerichte nicht, aber Hamburg, Frankfurt, Braunschweig und Nürnberg haben alle bisher den gesicherten Rechtsbestand eines Verfügungspatents bisher nicht als Regelfall eingefordert, wie es Düsseldorf, Mannheim und eben jetzt auch München tun.
Es bleibt abzuwarten, wie die zukünftigen Entscheidungen auch an diesen Landgerichten ausfallen werden.
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